Wie kam es zur Gründung von Josef Kaufmann Racing?
Josef Kaufmann: Als richtiges Team starteten wir im Jahr 1982 in der deutschen Formel 3 Meisterschaft durch. Damals bestand unsere Mannschaft aus drei Fahrern: Gerhard Berger, Arie Luyendijk und mir. Nach der Saison zog ich mich aus dem aktiven Sport zurück und konzentrierte mich auf den Aufbau von Nachwuchstalenten. Seitdem ist das Team Josef Kaufmann Racing in zahlreichen Serien erfolgreich unterwegs.

War Gerhard Berger damals in seinen jungen Jahren auch schon ein Heißsporn?
Josef Kaufmann: Mit Gerhard kam ich immer super klar, der Junge war für mich ein Phänomen: Als er damals zu uns kam, war er gar kein richtiger Rennfahrer. Er hatte ein paar Rennen im Alfasud-Cup gefahren, aber keinerlei Rennausbildung. Bei uns wollte er dann direkt in der Formel 3 fahren! Wir ließen ihn dann einmal testen, dabei stellte er sich gut an, und so ließen wir ihn für unser Team fahren. Das war ein richtig guter, aggressiver Fahrer und er beendete die Saison als Gesamtdritter, einen Platz vor mir. Nur zwei Jahre später stieg er dann in die Formel 1 auf.

Berger 1984 im ATS-BMW beim Österreich GP, Foto: Sutton
Berger 1984 im ATS-BMW beim Österreich GP, Foto: Sutton

Sie waren an Bergers Eintritt in die Formel 1 nicht ganz unbeteiligt...
Josef Kaufmann: Ja, ich habe Gerhard mehr oder weniger in die Formel 1 verholfen. Nach der Saison bei uns stieg er 1983 in die europäische F3 auf und lieferte dort sehr gute Leistungen ab. Beim Formel-1-Rennen in Hockenheim 1984 traf ich Günter Schmid, den damaligen F1-Teamchef von ATS-BMW. Wir kannten uns aus gemeinsamen Formel-V-Zeiten und er fragte mich, ob ich einen guten Fahrer für die Formel 1 kennen würde. Mit seinem damaligen Piloten Manfred Winkelhock war er nicht ganz zufrieden. Ich erzählte ihm von Gerhard Berger und zuerst zweifelte Schmid an meinem Verstand, weil er Berger gar nicht kannte. Am Montag nach dem Rennen, wo es für ATS-BMW nicht gut lief, rief mich Schmid an und fragte nach Gerhards Nummer. Ich sagte Gerhard schnell Bescheid, dass ihn gleich ein Formel-1-Teamchef anrufen würde und er sich gut präsentieren solle. 'Erzähl keinen Schmarrn', sagte Gerhard erst. Zwei Wochen später saß er im F1-Boliden und fuhr sein erstes Rennen... Die wirklich guten Fahrer kommen, setzen sich ins Auto und sind sofort schnell.

Wie kommen die Nachwuchstalente zu ihrem Team?
Josef Kaufmann: Es ist recht simpel: Wenn man erfolgreich ist, kommen die Fahrer von selbst. Wir konnten in den vergangenen acht Jahren zehn Titel in verschiedenen Serien gewinnen und haben in jeder Saison genügend Anfragen von Fahrern aus aller Welt. Da wir seit vielen Jahren im Motorsport aktiv sind, verfügen wir natürlich auch über gute Kontakte bis runter in den Kartsport.

Hülkenberg fuhr bis 2006 für Josef Kaufmann Racing, Foto: Speed Academy
Hülkenberg fuhr bis 2006 für Josef Kaufmann Racing, Foto: Speed Academy

Kann man heutzutage schnell erkennen, ob ein Fahrer über großes Talent verfügt?
Josef Kaufmann: Ich habe in den vergangenen Jahren so viele Fahrer erlebt, die ihre ersten Formelschritte bei uns gemacht haben - da kann ich schon sagen, ob jemand gut ist. Meiner Meinung nach geht die Formel 1 viel zu wenig auf die unteren Klassen ein. Wenn ich Mercedes oder McLaren wäre, hätte ich Nico Hülkenberg verpflichtet. Wir holten Nico damals als totalen Rookie zu uns und er gewann auf Anhieb die Formel ADAC BMW Meisterschaft. In den folgenden Jahren räumte er alles ab, besser geht es nicht. So einer macht doch vor der Formel 1 nicht halt.

Hat Hülkenberg das Zeug zum Weltmeister?
Josef Kaufmann: Auf jeden Fall! Wenn er ein gutes Auto bekommt, kann er Weltmeister werden. Für mich gehört er zu den fünf besten Fahrern in der Formel 1. Bei nassen Bedingungen ist er unschlagbar, für mich der Beste. Es kann nur mit Geld zusammenhängen, sonst hätte er niemals ein Jahr Pause machen dürfen. Sein Sauber-Teamkollege, Esteban Gutierrez, fuhr auch für uns. Esteban ist auch sehr gut, extrem schnell. Aber er hat sich nicht immer unter Kontrolle, ist manchmal ein kleiner Heißsporn. Robin Frijns, der von 2009 bis 2011 für uns fuhr, ist noch nicht auf Nicos Niveau, weil er jünger ist. Bei ihm war es aber genauso: Bislang hat er alles gewonnen: Der setzt sich ins Auto und ist auf Anhieb schnell.

Robin Frijns: Formel BMW Europa Champion 2010 mit Kaufmann Racing, Foto: BMW AG
Robin Frijns: Formel BMW Europa Champion 2010 mit Kaufmann Racing, Foto: BMW AG

Frijns gilt als eines der größten Talente, aber er hat Probleme bei der Suche nach Sponsoren. War das früher auch schon so?
Josef Kaufmann: Sein Vater ist in der Industrie tätig, die haben schon etwas Geld. Damals wurde er von BMW unterstützt und als Rookie-Cup-Champion gewann er 80.000 Euro. Das war sein Fundament, der Vater gab noch etwas dazu und wir halfen ihm auch. So konnte er bei uns in der Formel Renault 2.0 fahren, gewann die Meisterschaft und 500.000 Euro Fördergeld. Die Kosten für die World Series betragen rund eine Million Euro, das bekam er gerade so zusammen. Aber leider hat Robin keine großen Sponsoren. In den Niederlanden ist das schwierig, man muss in den richtigen Kreisen drin sein. Außerdem wird er nicht als richtiger Niederländer angesehen, weil er in Belgien lebt und die Firma des Vaters in Maastricht ansässig ist, also einem Grenzgebiet. Wäre er in Amsterdam aufgewachsen, hätte er es vielleicht einfacher gehabt.

Was macht Frijns aus?
Josef Kaufmann: Robin hat absolute Kontrolle über sein Auto, er gehört zu den Besten. Er macht nichts kaputt und das ist heutzutage für die Teams sehr wichtig. Unfälle kosten viel Geld, da kann man eigentlich nur Leute nehmen, die mit dem Kopf fahren. Es gibt auch Material-Killer - wenn du so einen im Team hast, kann es richtig teuer werden.

Hülkenberg, Gutierrez, Buemi, Vietoris und Co.: Ihr Team hat in den vergangenen Jahren viele Formel-1- und DTM-Fahrer hervorgebracht und zahlreiche Titel gewonnen. Warum ist Josef Kaufmann Racing so erfolgreich?
Josef Kaufmann: Unser Team ist gut organisiert, der Kern der Mannschaft arbeitet seit vielen Jahren zusammen. Außerdem bin ich seit 40 Jahren im Geschäft, da hilft die Erfahrung natürlich. Du musst den Fahrern helfen, wenn sie Probleme haben. Es reicht nicht, nur ein gutes Auto hinzustellen. Das sind oftmals noch Anfänger und sie brauchen den richtigen Umgang. Dem einen kannst du Druck machen, Hülkenberg war so einer, der das brauchte. Bei anderen Fahrern muss man vorsichtiger sein, weil sie sensibler sind.

Formel BMW Euro-Dominator 2008: Esteban Gutierrez, Foto: Patching/Sutton
Formel BMW Euro-Dominator 2008: Esteban Gutierrez, Foto: Patching/Sutton

Unter anderem haben Gutierrez und Hülkenberg bei Ihnen in Wolfsfeld in der Eifel gewohnt.
Josef Kaufmann: Esteban wohnte ein halbes Jahr bei uns. Er kam allein nach Deutschland und kannte niemanden. Wir haben ihm ein Gästezimmer bei uns eingerichtet und da lebte er. Hülkenberg hat auch viel Zeit bei uns verbracht und hier gearbeitet. Der packte immer mit an und war technisch versiert. Er wollte alles wissen und war sich für nichts zu schade. Andere wollen nur fahren und ihren Spaß haben, aber die bringen es nicht weit. Die wirklich guten Fahrer identifizieren sich mit ihrem Auto.

Hilft es Ihnen bei ihrer Arbeit, dass Sie früher selbst Rennfahrer waren?
Josef Kaufmann: Ja, sehr sogar. Ich weiß genau, was jemand meint, wenn er von Problemen im Auto spricht. Ein Auto ist und bleibt ein Auto, das war vor 30 Jahren nicht anders. Ein Ingenieur kann zwar erklären, wie der Pilot fahren soll, aber es ist einfach zu sagen, dass man die richtige Linie fahren muss. Die Frage lautet oftmals: Stimmt die Einstellung des Autos? Ich saß lange genug im Formelauto und weiß, wie sich so etwas anfühlt. Beim Setup der Autos drehe ich selbst an den wichtigen Schrauben, da lasse ich niemand anderen ran.

Das Team feiert mit Chris Vietoris, Foto: BMW
Das Team feiert mit Chris Vietoris, Foto: BMW

Tut es weh, wenn man diese talentierten Fahrer am Ende der Saison ziehen lassen muss?
Josef Kaufmann: Das ist der Lauf der Dinge und für mich kein Problem. Vor langer Zeit habe ich mal gejammert, aber Helmut Marko sagte mir dann: 'Wenn du das nicht willst, dann musst du in die Formel 1 gehen.' Mich trifft es nur, wenn ein Fahrer zu einem anderen Team in der gleichen Serie wechselt, weil er sich bei uns nicht wohl fühlt. Es ist wie in der Schule: Wenn einer die sechste Klasse abschließt, kann man ihn ja nicht noch einmal wiederholen lassen.

Pflegen Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Fahrern?
Josef Kaufmann: Ja, zu so ziemlich allen. Sebastien Buemi treffen wir immer wieder an den Rennstrecken und Nico Hülkenberg ruft öfter mal an und fragt mich Dinge. Wir haben mit vielen Fahrern etwas erreicht und es gibt keinen Grund, den Kontakt abzubrechen. Das macht mich schon ein wenig stolz und ist eine schöne Wertschätzung unserer Arbeit.