Hättest du vor der Saison gedacht, dass ihr mit dem RS Spyder als LMP2-Fahrzeug so gut mithalten könnt?
Timo Bernhard: Unser Hauptaugenmerk galt die ganze Saison über den Wettbewerbern in der Klasse. Acura, die Nobelmarke von Honda, war mit drei Werksautos von Anfang an konkurrenzfähig. Wir mussten wirklich 100 Prozent geben, um den Titel in der Klasse zu verteidigen. Uns war klar, dass wir uns im Vergleich zum Vorjahr steigern mussten, um den Titel zu verteidigen. Die Gesamtsiege waren toll, aber letztlich nur ein Bonus, für den es keine Meisterschaftpunkte gab. Als wir gemerkt haben, dass es möglich ist, um Gesamtsiege zu kämpfen, haben wir alles daran gesetzt, es auch umzusetzen. Denn es ist schon ein tolles Gefühl, als Erster über die Ziellinie zu fahren. Letztlich haben wir von zwölf Rennen elf in unserer Klasse gewonnen. Eine tolle Bilanz, die für mich jedoch nicht überraschend kam. Denn ich weiß wie gut sich jeder im Team über den Winter vorbereitet hat. Bei uns haben einfach alle Faktoren gepasst. Von der Vorbereitung des Autos, den Boxenstopps bis zur Rennstrategie. In der Summe dieser Eigenschaften waren wir klar besser als Acura.

Wie eng sind die Duelle im Langstreckensport überhaupt?
Timo Bernhard: Wir hatten in diesem Jahr wirklich tolle Rennen, in denen die beiden Penske-Porsche, die drei Acuras, die Audis und auch die beiden Dyson-Porsche konkurrenzfähig waren. Als Rennfahrer fand ich das einfach grandios, so viele Prototypen an der Spitze zu haben. So eng um den Sieg zu kämpfen ist so ziemlich das Schönste, was man als Rennfahrer machen kann.

Unterscheidet sich die amerikanische Mentalität sehr von der europäischen?
Timo Bernhard: Auf jeden Fall gibt es Unterschiede. Allerdings habe ich mich daran schon gewöhnt, denn ich fahre seit 2001 Rennen in Amerika. Man muss sich aber umstellen, denn sowohl die Kultur, als auch die Art und Weise wie Motorsport betrieben wird, sind da drüben ein wenig anders. Alles ist offener und die Fans können bis zu den Team-Zelten kommen, um nach Autogrammen zu fragen. Es gibt deutlich weniger Absperrungen als in der DTM oder der Formel 1. Alle sind sehr Sportwagen-begeistert und haben immer Bilder zum unterschreiben dabei. Auch die Strategie in den Rennen unterscheidet sich von hiesigem Rennsport. Als europäischer Fahrer ist es gar nicht so einfach, die Rennabläufe mit den vielen Gelbphasen zu überblicken. Aber wenn man es einmal kapiert hat, läuft es eigentlich ganz gut. Auch die engen und hügeligen Naturstrecken, auf denen gefahren wird, sind toll. Leider sterben die in Europa immer mehr aus.

Wie bekannt machen dich deine Erfolge hier in Deutschland?
Timo Bernhard: Wenn ich in Deutschland Rennen fahre, merke ich ganz deutlich, dass meine Popularität in den letzten Monate durch unseren Erfolg in den USA deutlich gestiegen ist. Immer mehr Fans fragen mich nach Autogrammen, wenn ich zu einem VLN-Rennen an die Nordschleife komme. Viele haben Bilder des RS Spyder zum Unterschreiben parat. Es ist schön zu wissen, dass auch deutsche Fans die Serie verfolgen. Da nehme ich mir gern die Zeit für ein Paar Unterschriften.

Timo Bernhard mag die Naturrennstrecken der USA, Foto: Porsche
Timo Bernhard mag die Naturrennstrecken der USA, Foto: Porsche

Wie hoch ist die Popularität der ALMS in Amerika?
Timo Bernhard: Grundsätzlich ist NASCAR die absolute Top-Serie in den USA, dann kommt lange nichts. Es folgen drei oder vier Serien, die fast das gleiche Niveau haben. Ich habe immer gedacht, dass die IRL und ChampCar ein wenig populärer sind, als die ALMS. Aber ganz ehrlich: Wir hatten in dieser Saison jeweils drei Rennen mit den beiden Serien. Wir sind unsere Rennen Samstags gefahren, IRL und ChampCar jeweils am Sonntag. Da konnte ich sehen, dass am Samstag zum Teil mehr Zuschauer da waren als am Sonntag. In der Popularität haben wir zu den beiden Formelserien deutlich aufgeschlossen. Bei uns gibt es immer Action und es wird viel überholt. Außerdem bieten wir eine große Vielfalt. Manche mögen die Prototypen, manche die GT's. Andere stehen auf die Corvette oder Porsche. In Amerika gibt es sehr viele Porsche-Fans. Es kommen sogar Zuschauer mit der Bedienungsanleitung ihres neuen Porsche Carrera GT und wir sollen die unterschreiben. Wir sagen ihnen, dass wir auf so ein besonderes Dokument doch nicht einfach unseren Namen kritzeln können. Doch die Fans fühlen sich geehrt, wenn wir es trotzdem tun.

Man kann in den USA als Rennfahrer also glücklich werden...
Timo Bernhard: Ja, auf jeden Fall. Das viele Reisen ist nicht immer einfach, man muss sein Leben schon darauf einstellen. Es ist etwas Anderes, als wenn man mal eben zum Hockenheimring fährt. Aber wenn man dann an der Rennstrecke angekommen ist, ist das egal. Dann zählt nur noch der Motorsport und der ist drüben in den USA wirklich sehr gut. Ich glaube ganz ehrlich, dass es in der Saison 2007 für die Fans nirgendwo spannendere Rennen gab als in der ALMS.

Wie lautet deine Zielsetzung für die Saison 2008?
Timo Bernhard: Ich bleibe auf jeden Fall Fahrer bei Porsche, aber das Programm steht noch nicht genau fest. Ganz egal wo ich fahre, ich will auf jeden Fall Rennen gewinnen. Auch in Europa will ich noch ein paar Rennen absolvieren. In der Vergangenheit war das immer das 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife, da will ich auf jeden Fall auch im kommenden Jahr starten. Schließlich habe ich dort meine Titel aus den Jahren 2006 und 2007 zu verteidigen.