In der amerikanischen Langstreckenmeisterschaft ALMS beeindruckte die ganze Saison über das Duell zweier Automobilgiganten aus Deutschland. Audi und Porsche kämpften auf den verschiedensten Strecken um die Gesamtsiege, in ihrer eigenen Klasse waren sie jeweils die Besten. Bei acht Rennen hatte Porsche die Nase vorn, bei den vier restlichen konnten die Ingolstädter triumphieren. Doch während es auf der Strecke immer fair zuging, ist der Diskussionsbedarf hinter den Kulissen groß.

Audi startet mit dem R10 in der Königsklasse der Sportwagen, in der LMP1. Porsche setzt den kleinen und wendigen RS Spyder dagegen in einer anderen Klasse, der LMP2, ein. Gerade deshalb ist es für Audi Motorsportchef Dr. Wolgang Ullrich unverständlich, warum Porsche die Mehrheit der Rennen gewinnen konnte. "Wir haben den Amerikanern klipp und klar gesagt, dass dies so nicht sein kann", berichtet Ullrich im Gespräch mit motorsport-magazin.com. "Wir verlangen nicht, dass das LMP1-Fahrzeug überall das schnellere ist." Aber das Verhältnis müsse stimmen und in etwa andersherum sein als in dieser Saison, so Ullrich weiter.

In Europa hat man die Regeln längst angepasst. Die Organisation ACO, die das 24 Stunden Rennen von Le Mans und die europäische Le Mans Serie ausrichtet, hat die LMP2-Fahrzeuge kastriert, so dass es einen deutlichen Sprung gab. "Wir erwarten von der IMSA, dass sie mit diesen Regelungen mitgehen und das Regelwerk an die Änderungen anpassen", erklärt Dr. Wolfang Ullrich. Die Regelauslegung der ACO ist vielleicht sogar ein Grund, warum Audi mit einem Start in der LMS liebäugelt. Ullrich lobt das kompetitive Feld der Prototypen und verweist auf Peugeot, den großen Gegner aus Le Mans. Doch bevor wir die bulligen R10 auf den europäischen Traditionsstrecken wie dem Nürburgring, Monza oder Spa sehen werden, muss laut Ullrich ein wichtiges Detail geklärt werden: "Die Rennen müssen im TV zu sehen sein."

Kein seltenes Bild: Porsche jubelt., Foto: Porsche
Kein seltenes Bild: Porsche jubelt., Foto: Porsche

Bei Porsche kann man die ganze Diskussion um Regelungen und Einstufungen in Klassen nicht verstehen. Schließlich ginge es in der ALMS nur um die Standortbestimmung in den eigenen Klassen. Die Gesamtsiege wären lediglich ein netter Bonus. "Wir wollten eigentlich nur die Klasse gewinnen", meint Timo Bernhard, der zusammen mit Porsche in den Staaten erfolgreich unterwegs war. "Doch nach zwei Dritteln des Jahres haben wir gemerkt, dass wir auch für den Gesamtsieg gut genug sind. Ich war nicht erstaunt, dass wir in unserer Klasse so gut aussehen. Für mich war immer klar, dass wir ein gutes Packet haben."

Auf den engen und winkligen Kursen, oft wurde sogar in der Stadt gefahren, war der Porsche RS Spyder oft im Vorteil. Doch um ein Rennen zu gewinnen, müssten alle Parameter stimmen, erklärt Bernhard: "Es gab auch Rennen, die wir über die Strategie gewonnen haben. Ab Sebring hatten wir keine Probleme mit dem Auto mehr, deswegen waren wir auch so flexibel. Außerdem hatten wir mit Penske einen sehr erfahrenen Partner und konnten dementsprechend auch gewinnen."

Aber warum kann ein leistungsschwächerer Wagen aus der LMP2-Kategorie einen Boliden schlagen, der viel mehr Pferdestärken unter der Haube hat? "Audi hat ein Auto gebaut, was für Le Mans und die langen Geraden ausgerichtet ist", meint Oliver Hilger von der Porsche AG. Wenn Audi jetzt zur IMSA geht und sich über die Einstufung beschweren würde, sei es so, als wenn Ferrari in der Formel 1 mit einem Auto aus Monza nach Monaco geht, langsamer als Red Bull fährt und sich dann beschwert. "Jeder Normalsterbliche müsste sagen, dass sie ein Auto für enge Strecke bauen sollen, aber bei den Sportwagen scheint keiner auf die Idee zu kommen. Da wird eher daran gedacht, alle anderen so langsam zu machen, dass Ferrari auch in Monaco mit einem Setup aus Monza gewinnen kann."

Im Gegensatz zu Audi hat Porsche ein Auto gebaut, welches speziell für die Stadtkurse und engen Strecken der ALMS ausgerichtet ist. Nur weil Audi den R10 für den Saisonhöhepunkt in Le Mans konzipiert hat, "kann ein LMP2 sie schlagen. Das hat nichts mit dem Reglement zu tun. Daher ist das ganze Gerede um die Einstufung eigentlich völliger Humbug", erklärt Pressechef Hilger. "Wenn wir nicht 100 Prozent gegeben hätten, wären uns die Hondas in der LMP2 vor der Nase herumgefahren. Wir waren in unserer Klasse näher am Limit als Audi in der LMP1."