Die United SportsCar Championship ist ihren Fans in Sebring etwas schuldig: 2014 geriet das älteste Sportwagen-Rennen der USA zu einer Farce, als 63 Fahrzeuge versuchten, sich auf der sechs Kilometer langen Buckelpiste ihren Weg zu bahnen. Das Ergebnis: Von den zwölf Stunden wurde mehr als die Hälfte hinter dem Safety Car hinterher gezuckelt. Anfängerunfälle wie das Wenden mitten auf die Ideallinie bei einer Felddichte von zehn Autos pro Kilometer ließen manchen Betrachtern die Kinnlade herunterfallen. Nach Sebring 2014 wurden zwei Fahrer wegen ihrer gefährlichen Wendemanöver, die in spektakulären Unfällen gipfelten, von der IMSA gesperrt.

Selten waren sich Experten und Fans so einig: 2014 dürfte wohl der fahrerische Tiefpunkt in der über 60 Jahre dauernden Geschichte des Klassikers gewesen sein. Ein Jahr später soll alles besser werden: Mit einem auf 47 Fahrzeuge geschrumpften Starterfeld sollte etwas mehr Luft zum Atmen sein, außerdem ist die USCC, die vergangenes Jahr in Sebring erst das zweite Rennen ihres Bestehens absolviert hat, mittlerweile deutlich besser aufgestellt. Kurzum: Lange wach zu bleiben könnte sich am Samstagabend lohnen, denn es steht ein spannender Kampf in den Topklassen bevor.

Die Gejagten: Chip Ganassi Racing ist Titelverteidiger und Auftaktsieger, Foto: IMSA
Die Gejagten: Chip Ganassi Racing ist Titelverteidiger und Auftaktsieger, Foto: IMSA

Ganassi Racing in der Favoritenrolle

Ganassi Racing gelang 2014 Außergewöhnliches: Erstmals waren Daytona Prototypen (DP) in Sebring zugelassen, und mit Memo Rojas, Scott Pruett und Marino Franchitti gelang Chip Ganassi Racing gleich im ersten DP-Anlauf der Gesamtsieg. Dabei schwebte über der Zuverlässigkeit der DPs ein Fragezeichen, ob sie den Härtetest auf Anhieb bestehen würden. Der Sebring International Raceway, dessen Belagqualität etwa den 50er- bis 60er-Jahren entspricht, ist nämlich ein Zerstörer: Das Auto wird in zwölf Stunden etwa so hart belastet wie bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring.

Überlebt der DeltaWing die Sebring-Tortur?, Foto: IMSA
Überlebt der DeltaWing die Sebring-Tortur?, Foto: IMSA

Nach dem Sieg in Daytona strebt - einmal Luft holen - Chip Ganassi Racing with Felix Sabates nicht nur die Titelverteidigung in Sebring, sondern auch den zweiten Sieg in Folge an. Doch man setzt auf Risiko: Anders als im Vorjahr und bei den 24 Stunden von Daytona wird diesmal nur ein Riley-Ford ins Rennen geschickt, gefahren von Joey Hand, Scott Pruett und Scott Dixon. Es gibt kein Netz und doppelten Boden.

Damit reiben sich die Gegner die Hände, allen voran Extreme Speed Motorsports, die von Vorjahr mit dem damals noch unterlegenen LMP2-HPD nur knapp am Sieg scheiterten. Dieses Jahr sollte eigentlich das neue HPD ARX-04b Coupe in Florida dem Härtetest unterzogen werden, doch der Bolide ist schlicht zu langsam, um homologiert zu werden. So kommen also nochmal die bewährten ARX-03b zum Einsatz. Es ist der letzte Einsatz, bevor für das Team von Scott Sharp das neue Abenteuer WEC beginnt. Ebenfalls auf LMP2-Gerät setzt Michael Shank Racing mit John Pew, Ozz Negri und Justin Wilson, die in Daytona alle Trainings dominierten, aber denen es im Rennen an Pace fehlte.

Große Chancen rechnet sich auch Action Express Racing aus: Die USCC-Meister von 2014 schicken auch dieses Jahr wieder ihren topbesetzten Corvette DP ins Rennen: Joao Barbosa, Christian Fittipaldi und Sebastien Bourdais haben nichts anderes als den Sieg im Visier; Platz drei im Vorjahr war eine akzeptable Basis. Ebenfalls auf der Liste der Favoriten: Das nach dem Fauxpas in Daytona (überschrittene Fahrzeit) auf Revanche brennende Team Wayne Taylor Racing (R. Taylor/J. Taylor/Angelelli) und VisitFlorida.com Racing (Westbrook/Valiante/Rockenfeller) - beide mit Corvette DP. Der DeltaWing ist ebenfalls wieder dabei, doch hier stellt sich nach wie vor die Frage der Zuverlässigkeit.

Angriff am Ausgang: Corvette genoss in Daytona einen Vorteil beim Herausbeschleunigen aus Kurven, Foto: IMSA
Angriff am Ausgang: Corvette genoss in Daytona einen Vorteil beim Herausbeschleunigen aus Kurven, Foto: IMSA

Corvette Racing in der Gejagtenrolle

Alle sind gleich, manche sind gleicher - so lautete in etwa die Quintessenz aus Daytona in der GTLM-Klasse. Das Balancing stimmte bei nahezu allen, nur Corvette Racing war geringfügig schneller - doch genau dieses letzte Prozent gibt in der heiß umkämpften GTE-Kategorie den Ausschlag. Corvette Racing genoss einen Vorteil beim Beschleunigen, den die Konkurrenz erst im Laufe der Geraden wieder wettmachen konnte. Doch in Sebring spielt Topspeed eine viel geringere Rolle als Beschleunigung - ergo stehen die Corvette C7.R für Sebring von der Papierform her noch besser da.

Das BMW Team RLL präsentierte sich in Daytona stark, Foto: Rolex
Das BMW Team RLL präsentierte sich in Daytona stark, Foto: Rolex

Wenn da nur nicht die unberechenbare Strecke wäre: Im Vorjahr waren die gelben Boliden chancenlos auf der Buckelpiste. Porsche holte mit dem erprobten 911 RSR den Sieg vor einer der mittlerweile nicht mehr existenten Vipern. Nach der unfassbaren Teamkollision in Daytona haben die von Core Autosport eingesetzten Werks-Porsche ordentlich Nachholbedarf. Dem will sich der zweite deutsche Hersteller in den Weg stellen: BMW beeindruckte in Daytona mit dem Z4 GTE, und Sebring sollte dem Bayern-Boliden noch besser liegen. Im Vorjahr reichte es für Rang drei, da ist noch Luft nach oben.

Eine eher unbekannte Größe ist der Aston Martin. Hier gilt es, den Amateurpiloten Paul Dalla Lana möglichst ohne Rundenverlust durchzuschleppen. In Daytona fiel der Gulf-Bolide früh weit zurück, die Zuverlässigkeit ist aber gerade in Sebring essenziell wichtig. Gerupft präsentiert sich die Ferrari-Fraktion: Nach dem One-Off in Daytona ist AF Corse bis auf weiteres wieder nach Europa zurückgekehrt, so dass Risi Competizione allein die Fahnen hochhalten muss. Im Vorjahr erfolgte durch das unrühmliche Wendemanöver von Matteo Malucelli das Aus, auch in Daytona 2015 war früh Feierabend. Eine Abstauber-Rolle besetzt das Falken-Team, das in Daytona überraschend stark auftrat.

Offenes Rennen in PC und GTD

Sieben PC-Orecas werden die zwölf Stunden in Angriff nehmen. Nach dem denkwürdigen Finale in Daytona wollen Jon Bennett, Colin Braun und James Gue den dort verpassten Sieg nachholen und ihren Sebring-Titel verteidigen. Die härteste Konkurrenz wird von den Daytona-Siegern von PR1/Mathiasen Motorsports und RSR Racing kommen - die Nennliste weist in der Fahrerspalte aber noch immer einige "tba" bei diesen Teams auf.

Offenes Rennen: Sowohl in der PC- als auch GTD-Klasse kämpfen zahlreiche Teams um die Amateurpokale, Foto: Rolex
Offenes Rennen: Sowohl in der PC- als auch GTD-Klasse kämpfen zahlreiche Teams um die Amateurpokale, Foto: Rolex

In der GTD-Kategorie ist die gesamte Chose ziemlich offen: Mindestens ein halbes Dutzend Autos kommt für den Sieg in der GT-Kategorie für Amateure in Frage, der erweiterte Kreis lässt sich nicht mehr an zwei Händen abzählen. In Daytona setzte sich die Riley-Viper knapp vor dem Alex-Job-Porsche durch. Auch die Sebring-Vorjahressieger Magnus Racing stehen mit ihrem Porsche parat, den Titel zu verteidigen. Entscheidend ist in der GTD neben der Zuverlässigkeit das richtige Einsetzen der Amateurfahrer sowie das richtige Ausnutzen der Gelbphasen, um nicht plötzlich eine Runde hinten zu liegen.

Zeitplan nach mitteleuropäischer Zeit

Donnerstag, 19. März
15:15 - 16:15 Uhr: 1. freies Training
19:25 - 20:25 Uhr: 2. freies Training

Freitag, 20. März
00:15 - 01:45 Uhr: 3. freies Training (Nachttraining)
14:50 - 15:50 Uhr: 4. freies Training
21:20 - 22:50 Uhr: Qualifying in vier Abschnitten

Samstag, 21. März
13:00 - 13:20 Uhr: Warm Up
15:40 - 03:40 Uhr: Rennen