Der erst 22-jährige Laurens Vanthoor gewann vor einem Monat zusammen mit Stéphane Ortelli die FIA-GT-Serie. Der junge Belgier ist kein Unbekannter: Er ist vier Jahre auch in Deutschland Formel-3-Rennen gefahren und spricht darüber hinaus hervorragend Deutsch. Erst 2011 wechselte er in die GT-Szene - und sicherte sich ein Jahr später im Audi R8 LMS des belgischen Teams WRT den ersten Titel mit einem Sportwagen.

Was waren deine ersten Gedanken, als dir bewusst wurde, dass du Meister der FIA-GT-Serie 2013 geworden bist?
Ich habe es am Anfang gar nicht realisiert, weil es so ein komisches Rennen war. Viele Autos hatten Drive-through-Strafen bekommen, was ich nicht unmittelbar mitbekommen habe, weil wir auf einer anderen Strategie waren. Wir hatten uns gar nicht als Ziel gesetzt, das Rennen zu gewinnen, sondern wollten uns darauf konzentrieren, die Meisterschaft einzufahren. Ich bin recht ruhig gefahren und dann sagte mein Ingenieur plötzlich: "Du bist P1". Aber als ich dann nach dem Rennen etwas runtergekommen bin, war es ein tolles Gefühl. Die FIA-GT-Serie zu gewinnen, war Anfang des Jahres mein Hauptziel und es ist daher auch schön, dass es am Ende geklappt hat. Nicht nur für mich, sondern auch für Audi und WRT.

In Baku ganz oben angekommen: Sieg und Meisterschaft, Foto: V-IMAGES.com/Fabre
In Baku ganz oben angekommen: Sieg und Meisterschaft, Foto: V-IMAGES.com/Fabre

Bei welchem Rennen in diesem Jahr hast deine beste Leistung gezeigt?
Es ist für mich schwierig zu sagen, wo ich meine beste Leistung gezeigt habe. Da müsste man schon bei Audi oder WRT nachfragen. Aber es gibt mehrere Rennen, die ich sehr genossen habe - alle in der FIA-GT-Serie. Nogaro, Zolder und der Slovakiaring. Jedes Mal sind wir gut gefahren und haben das Beste aus der Situation gemacht. In Nogaro haben wir in der letzten Runde sogar zwei Positionen gutgemacht. In Zolder haben wir von der ersten Runde bis zum Ziel gefightet. Das war ein harter Kampf. In der Slowakei haben wir richtig viel überholt und gutes Racing gezeigt. (lacht) Und am Ende wir haben keins der drei Rennen gewonnen! Aber trotzdem waren es für mich die schönsten Rennen, weil wir antreten, um schnell Auto zu fahren - der Spaßfaktor war dabei einfach richtig hoch.

Wenn man auf die Ergebnisse in diesem Jahr schaut, scheint dir das Sprintformat besser als die Langstrecke zu liegen. Täuscht das?
Dieses Jahr ist es wirklich in der FIA-GT-Serie besser gelaufen. Wenn dein Team und du ein schnelles Auto mit Siegpotential zur Verfügung haben, dann macht es mehr Spaß und dann fährt man auch schneller. Das Auto war in beiden Serien vom Speed her gut, aber die Balance of Performance in der Blancpain Endurance Series [BES] hat uns das Leben sehr schwer gemacht. Außer in Silverstone lief es in der BES schlecht, weil wir nicht in der Lage waren, den Sieg zu erkämpfen. Ich habe dieses Jahr im Sprintformat einfach mehr Spaß gehabt. Da heißt es: eine halbe Stunde volle Attacke und Berührungen gehören einfach dazu. Aber die 24-Stunden-Rennen und die Endurance-Rennen sind auch schön - aber anders. Ich finde beide toll.

Ist der kombinierte Titel aus BES und der neuen Blancpain Sprint Series [BSS] eine zusätzliche Motivation, in beiden Rennserien zu starten?
Einen solchen Titel in diesem Jahr schon gewinnen zu können, wäre schön gewesen. Nächstes Jahr ist das dann der größte Titel, den du dir im GT-Bereich holen kannst. Wenn es im nächsten Jahr gut läuft, dann sollte es auf jeden Fall unser Ziel sein, beide Meisterschaften zu gewinnen.

FIA-GT-Meister Vanthoor und Ortelli bei der SRO-Gala, Foto: Jakob Ebrey Photography
FIA-GT-Meister Vanthoor und Ortelli bei der SRO-Gala, Foto: Jakob Ebrey Photography

Dieses Jahr hatte es für einen Sieg in Zolder weder beim Hauptrennen der FIA-GT-Serie noch beim 24-Stunden-Rennen dort gereicht: Ärgert Dich das sehr?
Man kann es von zwei Seiten sehen. Die Punkte, die wir in Zolder geholt haben, waren am Ende ganz wichtig für die Meisterschaft. Vielleicht hätte ich gewinnen können, wenn ich mehr Risiko eingegangen wäre, vielleicht wäre ich auch abgeflogen. Ich habe neulich noch auf meine Jahresstatistik geschaut: Ich habe viermal gewonnen und bin, glaube ich, zwölfmal Zweiter geworden. (lacht) Das ist schon sehr oft mit dem zweiten Platz! Aber wir haben auch eine Meisterschaft mit WRT geholt und das ist das, was wichtig ist. Im Rennen denkst du dann, dass du mehr Risiko eingehen solltest, aber im zweiten Schritt musst du dich daran erinnern, dass es um die Meisterschaft geht. Die ist es, die den Leuten später in Erinnerung bleiben wird. Mein Heimrennen bei FIA-GT-Serie zu gewinnen wäre trotzdem super gewesen.

Wie weit sind deine Pläne für das Jahr 2014 vorangeschritten? Weißt du schon, in welchen Rennserien du starten wirst?
Ich selber weiß es noch nicht genau, aber mein Gefühl ist, dass es ähnlich sein wird wie dieses Jahr. Die Entscheidung liegt allerdings aktuell bei Audi und erst sobald die gefallen ist, wird man mir Bescheid sagen. (lacht) Aber ich habe da so eine Ahnung.

Auf welcher Strecke, auf der du noch nie gefahren bist, würdest du gerne bald fahren?
Es geht mir bei einigen Strecken weniger um die Kurse selbst, als um die Rennen. Da gibt es aber ein paar, die ich gerne auf meiner Liste stehen haben würde. Zum Beispiel die 24 Stunden von Daytona, und natürlich die 24 Stunden von Le Mans. Bathurst ist aber auch sehr, sehr schön. Das sind drei Rennen, die ich schon fahren würde, wenn Audi mir das Angebot machen würde. Vielleicht kommt das ja bald.

Schneller Einstand: Sieg beim GT-Debüt in Nogaro 2012, Foto: SRO
Schneller Einstand: Sieg beim GT-Debüt in Nogaro 2012, Foto: SRO

Was hältst du von Sim-Racing? Ist es mehr Unterhaltung oder ernsthafte Vorbereitung für die realen Rennen?
Ich finde das gerade noch schwierig für mich einzuordnen: Es gibt ein paar Fahrer, die da richtig drauf stehen und die anderen, die es hassen. Um eine Strecke kennenzulernen ist es hilfreich, da ich dann nach 20 Runden ziemlich genau weiß, wenn es nach links oder rechts geht. Man bekommt aber immer nur einen Eindruck, weil die virtuellen Strecken nie zu 100 Prozent der Realität entsprechen. Mehr noch: Man kann sich einen falschen Eindruck verschaffen und sich einen falschen Rhythmus aneignen. Ich nutze es, um vor Ort dann auf Anhieb schnell zu sein. Im Winter aber benutze ich es, um meine Konzentration zu üben, wenn keine Rennen sind. Oder für Trainingsrunden, bei denen alles am Limit passen muss. Mit einem gescheiten Simulator kann man das schon trainieren und es wird in Zukunft wohl immer wichtiger werden.

Wenn du zum Race of Champions eingeladen würdest und dir deinen Partner aus Belgien selbst aussuchen könntest: Wen würdest du nehmen?
Der erste belgische Fahrer, der mir einfällt, ist Jan Heylen. Der war früher beim Kartfahren mein Mechaniker und Mentor: Von ihm habe ich damals viel gelernt. Er ist dieses Jahr ALMS in Amerika gefahren, weshalb ich nicht oft mit ihm gesprochen habe. Aber er ist jemand, mit dem ich einfach gut befreundet bin und den ich dort gern wiedersehen würde.