In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Fahrer gegeben, die in der Formel BMW dominiert haben. Woran liegt es Ihrer Meinung, dass sich einzelne so hervortun konnten?
Mario Theissen: Das ist eine gute Frage. Denn an sich ist die Serie so angelegt, dass die Fahrzeuge gleich stark sind. Dann sollte man auch erwarten, dass die Fahrer nahe beisammen sind und wir viele verschiedene Sieger haben. Natürlich ist es aber so, dass in diesem Alter - 15, 16, 17 Jahre - sehr große Unterschiede da sind. Der eine beginnt schon mit sechs Jahren, Kart zu fahren, der andere steigt erst mit 13 ein. Hier spielt also nicht nur das Talent eine Rolle, sondern auch die Vorbereitung in den Jahren davor. Wir sehen einfach immer wieder Fahrer wie beispielsweise Sebastian Vettel, der mit 15, als er in die Serie kam, schon sieben Jahre Karterfahrung hatte. Solche Fahrer haben in so einer Situation einen Vorsprung, der sich in den späteren Jahren aber meist ausgleicht.

Das sieht man beispielsweise auch bei Adrian Sutil. Er begann recht spät mit dem Kartfahren, war dann in der Formel BMW Siebter, hat es aber auch in die Formel 1 geschafft.
Mario Theissen: Man muss wirklich genau hinschauen und differenzieren zwischen vorhandenem Talent und bereits vorhandener Erfahrung.

Die meisten guten Fahrer der Formel BMW haben danach auch eine gute Entwicklung erlebt. Bestätigt Sie das in Ihrem Engagement für die Serie?
Mario Theissen: Absolut. Es gibt mehrere Faktoren, die uns zeigen, dass wir hier für den Motorsport etwas Wichtiges und Gutes geschaffen haben. Zum einen ist da natürlich die Tatsache, dass viele Fahrer bis ganz nach oben durchkommen. Die Testfahrer mitgerechnet haben wir jetzt in der Formel 1 sechs Piloten, die aus der Formel BMW hervorgegangen sind. Schaut man eine Ebene tiefer in die GP2, dann ist es dort genauso - wieder eine Ebene tiefer in der Formel 3 Euroserie ebenfalls. In der Formel BMW selbst sehen wir jetzt auch wieder Fahrer, denen man zutrauen kann, ihren Weg zu gehen. Das andere für uns ganz wichtige Indiz für die Qualität der Serie und des Konzeptes, ist die Tatsache, dass mehrere Rennfahrer, auch ehemalige Formel 1-Fahrer, ihren Nachwuchs zu uns schicken - siehe Nico Rosberg, siehe die Mansell-Jungs, jetzt der Sohn von John Surtees oder Adrien Tambay. Das ist die beste Bestätigung für uns, dass wir da richtig liegen.

Adrien Tambay wurde von seinem Vater, dem ehemaligen Formel 1-Piloten Patrick Tambay, zum Lernen in die Formel BMW geschickt, Foto: BMW
Adrien Tambay wurde von seinem Vater, dem ehemaligen Formel 1-Piloten Patrick Tambay, zum Lernen in die Formel BMW geschickt, Foto: BMW

Sieht man von BMW aus die Formel auch als Nachwuchsschmiede, aus er man sich gute Talente angeln kann?
Mario Theissen: Das ist ganz klar nicht der primäre Ansatz. Unser Konzept sieht vor, dass wir eine möglichst gleichwertige Bühne bieten, auf der nicht derjenige gewinnt, der das meiste Geld mitbringt oder das beste Team um sich scharren kann. Wir wollen gleiche Voraussetzungen. Wir bieten den Mädels und Jungs ein umfassendes Ausbildungsprogramm, damit sie sich auch selbst ihren Weg im Motorsport ebnen können. Wir erwarten von ihnen, dass sie nach ein, zwei Jahren in der Formel BMW dazu in der Lage sind. Wir nehmen ganz bewusst nicht einzelne an der Hand und fördern sie durch ihre ganze Laufbahn hindurch, sondern wollen sehen, wie sie mit dem Erlernten umgehen - ob sie sich durchsetzen können. Wenn sie dann später bei uns wieder an die Tür klopfen, dann haben sie sicher einen Bonus gegenüber allen anderen, da wir schon ein, zwei Jahre mit ihnen gearbeitet haben und sie sehr gut kennen. Das ist dann schon ein Vorteil.

Für viele ist die Formel BMW der erste Kontakt mit dem Formelsport. Wie versucht man die jungen Piloten daran heranzuführen?
Mario Theissen: Die Besonderheit der Formel BMW ist, dass sie nicht nur eine Rennserie ist, sondern eine Lehre zum Rennfahrer, könnte man sagen. Der Nachwuchs lernt hier natürlich Fahrtechnik, aber auch das Fahrzeug richtig abzustimmen und Daten zu analysieren. Sie lernen etwas über Fitness, über Ernährung, sie lernen sogar, mit den Medien und auch Sponsoren umzugehen. Das ist eben genau der Unterschied zwischen der Formel BMW und den meisten anderen Einsteigerserien. Eben jener Unterschied, der es den 15- oder 16-jährigen ermöglichen soll, den Umstieg vom Kart in den professionellen Motorsport zu schaffen.

Sebastian Vettel ist im Moment wohl das leuchtende Beispiel, wie schnell man es von der Formel BMW in die Formel 1 schaffen kann. Glauben Sie, dass sich dieser Weg bald wiederholen lässt?
Mario Theissen: Das glaube ich sehr wohl, denn Sebastian ist ja schon heute kein Einzelfall. Nico Rosberg hat es genauso geschafft und wenn ich jetzt weiterschaue, dann sind Jungs wie Nico Hülkenberg auf dem Weg dorthin.