149.000 Zuschauer sparten am letzten Rennwochenende der Saison in Hockenheim nicht mit ihrer Präsenz - und stellten einen neuen DTM-Besucherrekord auf. Und auch abseits der Tribünen sowie der üblichen Champagnerduschen präsentierte sich der DTM-Tross dem Austragungsort sowie der Herkunft der strahlenden Sieger zum Trotz in gänzlich unschwäbischer Form verschwenderisch...

Verschwenderisches Maß an Action

Wenngleich sich durchaus auch fahrzeugtechnische Optionen anführen lassen, mit der die Zahl der Überholmanöver in der DTM erhöht werden könnte: Wie gerufen bestätigte sich Hans Werner Aufrechts neues Credo, wonach es für spektakulärere Zweikämpfe des richtigen - und notfalls auf seinen Wunsch hin geänderten - Streckenlayouts bedarf, in Hockenheim eindrucksvoll. Offenkundig ohne aerodynamische Hindernisse auf Fahrzeugseite wurden sämtliche sich bietende Überholmöglichkeiten in so ausgiebiger Form genutzt, dass mit der Action der ersten sechs Hockenheim-Runden sechs Rennen in Oschersleben gut gefüllt gewesen wären...

Am Ende konnte sich Spengler mühelos an Frentzen vorbeischieben, Foto: DTM
Am Ende konnte sich Spengler mühelos an Frentzen vorbeischieben, Foto: DTM

Nach gelungen Starts von Seiten des Pole-Setters Heinz-Harald Frentzen, Jamie Greens, Martin Tomczyks, Tom Kristensens und Bernd Schneiders sowie einem misslungenen Start Bruno Spenglers bildete sich ein Sechskampf heraus, der seinesgleichen suchte. Waren zunächst sämtliche fünf Verfolger zum zwischenzeitlich schwächelnden Frentzen aufgeschlossen, so gingen die engen Abstände dann mit umso hitzigeren Positionswechseln einher: Erschien zunächst Audi als Sieger, nachdem sich Martin Tomczyk hinter Frentzen auf Platz zwei gesetzt hatte, ging in Folge unzähliger harter, aber fairer Überholmanöver schließlich Mercedes als Gewinner hervor: Am Ende hatten sich Bruno Spengler und Jamie Green mühevoll auf die Plätze zwei und drei befördert - um dann umso müheloser einem Doppelsieg entgegenzufahren...

Schwäbisches Taktik-Glanzstück

Nachdem Heinz-Harald Frentzen vergleichsweise früh zum ersten Mal die Box aufgesucht hatte, Spengler und Green jedoch unbeirrt in Doppelführung weiter ihre Runden drehten, konnte man sich bei Audi vermutlich einer bösen Vorahnung nicht erwehren: Erneut wurde man Zeuge eines schwäbischen Musterbeispiels an cleverer Rennstrategie, das vom Kanadier ebenso wie vom Briten, der endlich noch einmal ein Rennen ohne Rennpech oder gravierende eigene Fehler erlebte, reibungslos umgesetzt wurde. Mit einem weit hinausgezögerten ersten Stopp baute das Mercedes-Duo seine Führung mit Blick auf das bereinigte Klassement weiter aus; der Vorsprung Spenglers auf den drittplatzierten Kristensen, wie er nach dem zweiten Stopp des 23-Jährigen zu Tage trat, erschien beinahe beängstigend.

Tom Kristensen hatte seinen Dauerrivalen Bernd Schneider fest im Griff, Foto: AUDI
Tom Kristensen hatte seinen Dauerrivalen Bernd Schneider fest im Griff, Foto: AUDI

Doch war es längst nicht nur die Taktik, die für den traditionellen Schwabensieg im Schwäbischen Ausschlag gebend war. Das Dauerstrahlen eines mit Platz drei zufriedenen Tom Kristensen verriet so Einiges über die Siegchancen der Ingolstädter: Sie waren gegen einen in Hochform befindlichen Bruno Spengler erneut praktisch nicht existent. Dass der Däne mit einer gut auf seine mittelmäßige Ausgangsposition abgestimmte Rennstrategie den erneut nicht zu unterschätzenden Bernd Schneider in Schach halten konnte, stellte zwar ein Trostpflaster dar, entsprach jedoch nicht den eigenen Ansprüchen Audis.

Was folgte, war der mit Blick auf den Austragungsort beinahe zu erwartende verschwenderische Erfolgsregen für Mercedes: Der Vizetitel für Bruno Spengler, der seine Position als siegreichster Pilot der Saison ausbaute, ein 6:4 im Siegduell gegen Audi sowie ein Doppeltriumph der HWA-Mannschaften in der Teamwertung. Audi blieb die tröstende Hoffnung auf das nächste Jahr - sowie ein interner Scherbenhaufen:

Punkte- und Talentverschwendung

Mit dem sprichwörtlichen Porzellan ging Heinz-Harald Frentzen auch in Hockenheim nicht sparsam um - zerschlug er doch intern erneut ganze Service-Sets: "Das zeigt, dass ich im Team nicht besonders beliebt bin" stellten die wohl meistzitierten Worte des Rennsonntags dar. Allzu persönlich hatte der Mönchengladbacher eine wenig gelungene Rennstrategie von Seiten des Kommandostands sowie einen Rempler von Mattias Ekström genommen - nachdem es jedoch offenkundig entgegen allen Beteuerungen der Audi-Verantwortlichen schon vorher zu so manchen Unstimmigkeiten gekommen war. Seit heute gehen Audi und Frentzen getrennte Wege.

Christian Abt und Timo Scheider wussten zu überzeugen, Foto: AUDI
Christian Abt und Timo Scheider wussten zu überzeugen, Foto: AUDI

Die übliche, ihm eigene Unbekümmertheit, mit der Ekström den folgenschweren Crash kommentierte, wirkte angesichts der aufgeladenen Stimmung da schon beinahe absurd: "Es kam zu einem Missverständnis zwischen Heinz-Harald und mir. Leider hat er auch nicht weiterfahren können, was sehr schade war", gab der Schwede zu Protokoll und sprach von der Sonne, die auf den Regen folge... Die Saison endete für Mattias Ekström, wie sie begonnen hatte - mit zwei Ausfällen in Folge. Und trotz des Pechs, das dem DTM-Meister von 2004 in dieser Saison anhaftete, konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er 2006 durchaus auch von seiner Seite nicht selten hinter seinem bekannten Potenzial so zurückblieb wie ein gewisser Heinz-Harald Frentzen, der gestern sein wohl letztes DTM-Rennen bestritt.

Französisch-schwäbischer Abschied

Zum verfrühten Abschied Frentzens gesellte sich in Hockenheim ein Abschied, der bereits erwartet worden war: Jean Alesi bestritt sein letztes von insgesamt 51 DTM-Rennen. Während Stefan Mücke das Technikpech plagte und sich Daniel La Rosa und Alexandros Margaritis mit einem allzu hitzigen Zweikampf am Ende selbst ein Bein stellten, war es Alesi, der mit einem achten Platz die Ehre der Mercedes-Jahreswagen rettete. Zum Titel des erfolgreichsten Fahrer eines 2005er-Boliden, wie er ihn in der Meisterschaft unter Dach und Fach brachte, reichte es für den Franzosen beim Finalrennen jedoch nicht:

Schneider, Spengler und Kristensen nahmen ihre Meisterschaftsehren entgegen, Foto: DTM
Schneider, Spengler und Kristensen nahmen ihre Meisterschaftsehren entgegen, Foto: DTM

Mit den Plätzen sechs und sieben fuhren Timo Scheider und Christian Abt ein gemessen an den letztjährigen Hockenheim-Leistungen der 2005er-Audi beachtliches Ergebnis ein, das aus Sicht des Allgäuers mit Platz fünf noch fulminanter hätte ausfallen können - hätte sich Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich eine Order zu Gunsten des im abtschen Rückspiegel auftauchenden Ekström verkniffen, die letztlich auch die verhängnisvolle Nähe des Schweden und des Mönchengladbachers früher herstellte, als es auf "natürlichem Wege" möglich gewesen wäre...

Die finale Sparsamkeit

Nachdem die Häufigkeit von Drive-through-Strafen bereits in Le Mans abgenommen hatte, hielten sich die Sportkommissare auch beim letzten Rennen der Saison zurück. Lediglich Vanina Ickx musste der Box in ihrem vermutlich letzten DTM-Rennen einen unfreiwilligen dritten Besuch abstatten, nachdem sie unsanft mit Mathias Lauda aneinander geraten war. Das Ende der Saison empfand die Belgierin in Form von Platz elf - dem besten letzten Platz ihrer DTM-Karriere - als ebenso versöhnlich wie Susie Stoddart, die im 2004er-Mercedes mit Platz neun für Aufsehen sorgte.

Und so wurde das Versöhnliche abgesehen von den Querelen um Frentzen zum Saisonabschied groß geschrieben - anders als noch in den vergangenen Monaten sparte man spürbar mit gegenseitigen Vorwürfen. "Es tut mir leid, dass ich mich mit Jamie berührt habe", entschuldigte sich Kristensen artig und verzieh auch seinem Titelrivalen Bernd Schneider einen Fauxpas, der ihm in ähnlicher Form selbst in Barcelona von Mercedes-Seiten noch übel genommen worden war: "Ich habe kein Problem mit Bernds Berührung, das geht völlig in Ordnung. Das besprechen wir heute Abend bei einem Bier..."