Kommen wir zunächst zu den schönen Themen: Tom Kristensen ist ein super Rennen gefahren. Zum Glück hat sein Auto am Ende trotz Problemen noch gehalten. Es wäre auch schrecklich gewesen, wenn Tom immer wegen Problemen am Auto am Sieg scheitern würde.

Während Tom vorne startete, musste sich sein Titelrivale Bernd Schneider durch das Feld nach vorne kämpfen. Für ihn ging es darum sich Überholmöglichkeiten zu erarbeiten und diese zu nutzen. Ein paar Mal ist ihm das gut gelungen, aber der Sieg lag für ihn nicht mehr in Reichweite. Selbst wenn er noch an Tom hätte heranfahren können, wäre es für ihn schwierig geworden, ihn zu überholen. Nur wenn Toms Bremsproblem noch gravierender gewesen wäre, hätte Bernd es schaffen können. Denn dann bemerkt ein Rennfahrer sofort, dass der Vordermann früher als gewöhnlich auf der Bremse steht und setzt instinktiv zum Manöver an.

Für die Spannung in der Meisterschaft war der Rennausgang perfekt: Ein weiterer Sieg von Bernd Schneider hätte den Titelkampf drei Rennen vor dem Ende fast schon entschieden. So bleibt alles offen. Der Dritte im Meisterschafts-Bunde wurde diesmal nur Vierter. Bruno Spengler blieb damit etwas hinter den Erwartungen zurück, aber das zeichnete sich schon im Training ab.

Das zeigt, wie eng es an der Spitze zugeht. Bruno war an zwei aufeinander folgenden Rennwochenenden der absolute Überflieger, aber in Zandvoort lief es bei ihm nicht so rund wie bei den anderen. Andererseits zeigt dieses Beispiel deutlich, wie wichtig eine Pole Position oder zumindest ein Startplatz in der ersten Reihe ist. So einfach es klingen mag: Unter normalen Umständen kann man ein Rennen nur von vorne gewinnen.

Man darf Überholmanöver nicht bestrafen

Leider bewegte uns in Zandvoort noch ein anderes Thema: die Strafen. Ich habe meine Meinung zu diesem Problem bereits im TV-Kommentar in der ARD deutlich zum Ausdruck gebracht: Wer Überholmanöver sehen will, darf sie nicht bestrafen.

Nehmen wir das Beispiel Mika Häkkinen gegen Christian Abt. Mika wollte überholen; wenn er das nicht machen würde, wäre er im Rennsport fehl am Platz. Leider ist ihm in der entscheidenden Phase das Heck ausgebrochen. Damit hat er Christian berührt. Das Manöver hätte gut gehen können, dann wäre es ein toller Überholvorgang gewesen. Diese Ecke ist sehr schwierig, da der Fahrer in die Kurve hineinbremsen muss und unter dem Druck eines Überholmanövers ist man dadurch vielleicht einen Tick zu hart auf der Bremse und verliert schnell die Hinterachse -genau das ist Mika passiert. Christians Reaktion empfand ich als übertrieben, aber vielleicht musste er nach dieser Enttäuschung erst einmal seinen Frust und Stress abbauen. Letztlich hilft es aber keinem.

Ein weiteres Beispiel war die Kollision zwischen Mathias Ekström und Jamie Green. Ekströms Reifen war wohl schon vorher platt, weswegen sein Auto so komisch einlenkte. Bei Jamie Green war im Rennen wieder einmal einiges schief gegangen, also suchte er seine Chance - seine Räder blieben stehen und dann ist es eben passiert. Auch hier gilt: Wir suchen händeringend nach Möglichkeiten zukünftig mehr Überholmanöver zu ermöglichen. Das ist derzeit eines der Hauptthemen. Wenn auf der einen Seite versucht wird Überholmanöver zu fördern, dürfen diese auf der anderen Seite nicht bestraft werden.

Eine dritte Strafe gab es bereits am Samstag: für Alex Margaritis. Er ist bis zu seinem Ausfall ein Bombenrennen gefahren. Von ganz hinten bis in die Punkteränge zu kommen, war eine großartige Leistung. Auch bei ihm war die Bestrafung für den Zwischenfall vom Samstag viel zu hart. Wer noch nie in einem solchen Rennauto gesessen hat, weiß gar nicht, dass man darin nicht die gewohnte Sicht nach hinten hat wie in einem normalen Straßenauto mit Rückspiegeln. Die Sicht ist unter anderem durch das ansonsten positive HANS-System sehr eingeschränkt, der Fahrer kann sich nur auf die blaue Boxengassenampel und den Funkkontakt mit seinem Ingenieur verlassen.

Als Timo Scheider an der Boxenausfahrt vorbeigeschossen kam, dachte Alex, dass die blaue Ampel für Timo gewesen wäre und fuhr raus. Leider kam dann Stefan Mücke an und ist ihm drauf gefahren. Das war für beide eine Katastrophe: der eine wurde bestraft, der andere hatten den Schaden am Auto. Beide sind Riesentalente, die beherzt Gas geben. Da sollte man ihre Rennwochenenden nicht dadurch zerstören, dass man sie für solche Aktionen bestraft. Immerhin lebt der Motorsport von Überholmanövern und jungen Nachwuchspiloten, die sich mit den arrivierten Stars messen.