Nicht nur für spektakuläre Duelle unter den Titelanwärtern, sondern auch für einigen Diskussionsstoff sorgte das letztjährige Rennen in der Lausitz. Zu möglichen Diskussionen über das kommende Rennen ergeben sich durchaus Parallelen...

2004: Audi - mit Idealgewicht zum Sieg

In jeder Hinsicht turbulent ging es im vergangenen Jahr in der Lausitz zu. Nach einem verregneten Qualifying, während dessen die Zahl der auf dem Gras zurückgelegten Kilometer gefährlich nahe an die der auf dem Asphalt gefahrenen heranreichte, ging Mercedes-Pilot Christijan Albers in der Super Pole als Sieger hervor, während Teamkollege Gary Paffet nur auf Startposition sieben gelangte. Audi-Pilot Mattias Ekström, ebenfalls Mitglied des rasanten Youngster-Trios, brachte es immerhin auf Rang zwei.

Doch auch wenn der Schwede die Pole Position verpasste, stellte die erste Startreihe für Audi eine positive Überraschung dar: Auf Grund des hohen Abtriebs des A4 sowie des der C-Klasse unterlegenen Topspeeds waren den Ingolstädtern auf dem Eurospeedway mit seinen schnellen Streckenpassagen keine allzu großen Chance auf den Sieg eingeräumt worden - was sich zunächst auch als weise Voraussicht erwies.

So konnte sich Ekström zwar am Start gegen Albers durchsetzen und rettete sich nach 37 Runden auch vor dem Niederländer ins Ziel. Mann des Rennens war jedoch Gary Paffet, der sich trotz seines eher enttäuschenden Startplatzes nicht nur bereits in der zweiten Runde gegen seinen Teamkollegen durchsetzte, sondern nach einigen vergeblichen Versuchen auch am Ekströmschen Audi vorbeizog. Paffet fuhr einen knappen, aber fahrerisch bemerkenswerten Sieg ein - doch der Glanz des Sterns war nur von kurzer Dauer...

Somit geschah allen Voraussagen zum Trotz das, womit kaum jemand gerechnet hatte: Ein Audi-Sieg in Klettwitz. Der scheinbare Sieger Gary Paffet hatte sich gemeinsam mit seinem HWA-Team der obersten Stufe auf dem Podium entledigt, deren Erklimmen der junge Brite zuvor offenbar gar nicht erwarten konnte: Paffet war zur Podiumszeremonie geeilt, ohne sich vorher - wie es die Regeln vorschrieben - wiegen zu lassen. Doch auch das Gewicht seiner C-Klasse blieb nicht unbeachtet; die Kommissare fanden im Tank statt der vorgeschriebenen 1,5 Liter lediglich 0,35 Liter Restkraftstoff vor - was darauf hindeutete, dass Paffet am Schluss untergewichtig unterwegs war.

Dem Reglement nach logische, aber dennoch viel diskutierte Konsequenz war die Disqualifikation Paffets sowie eine veränderte Besetzung des Podiums: Ekström vor Albers und Schneider, der somit seinen ersten Podestplatz der Saison geerbt hatte. Vom neunten Platz in die Punkte rutschte Manuel Reuter im Opel Vectra GTS. Allerdings gelang mit dem neuen Viertplatzierten Laurent Aiello lediglich ein Opel-Pilot der Sprung in die Spitzengruppe.

2005: Mercedes – der Kampf mit den Pfunden...

Auch in diesem Jahr steht das Rennen in der Lausitz im Zeichen des Gewichts. So kommen erstmals die Platzierungsgewichte zum Tragen, die dem erfolgreichsten Team des vorherigen Rennens eine Last in Höhe von zehn Kilogramm aufbürden, dem zweiten Sieger auch weiterhin das Idealgewicht gönnen und den Verlierer gar um zehn Kilogramm erleichtern, was de facto übergewichtige Mercedes C-Klassen und untergewichtige Opel Vectra GTS bedeutet.

Doch nicht nur die Rüsselsheimer Schräghecklimousine, sondern auch die Strecke hat für das kommende Rennen abgespeckt. Statt der bisher gefahrenen 4,534 Kilometer langen Variante des Lausitzrings kommt nun eine mit 3,410 Kilometern deutlich kürzere Variante zum Einsatz, deren Charakteristik sich zudem vom früheren DTM-Kurs abhebt: Die Strecke hat ihren Highspeed-Charakter eingebüßt und verlangt angesichts eines höheren Anteils an eher langsamen und kurvigen Streckenpassagen nach mehr Traktion und Abtrieb – im vergangenen Jahr das Metier der Ingolstädter.

Und so dürften insbesondere die A4-Jahreswagen in Anbetracht ihres hohen Abtriebs von der neuen Streckenvariante profitieren, während die mit sehr guter Performance auf Highspeed-Abschnitten gesegneten Vorjahres-C-Klassen das Nachsehen haben könnten. Weniger signifikant dürfte hingegen der streckenbedingte Vorteil des aktuellen A4 im Vergleich zur neuen C-Klasse ausfallen, deutete sich doch bereits in Hockenheim an, dass sich die DTM-Wagen der beiden süddeutschen Premiumhersteller in ihrer Charakteristik eher angeglichen haben. Als Allrounder ist nach wie vor der Vectra GTS einzuschätzen, sofern die in Hockenheim angesichts des beim Bremsen auf- und abnickenden Vorderwagens offensichtlichen Abstimmungs- und Fahrwerksprobleme gelöst werden können.

Dementsprechend bleiben die Zusatzgewichte für die äußerlich keineswegs übergewichtige, sondern vielmehr vergleichsweise zierlich wirkende C-Klasse bei den Stuttgartern das Hauptthema, das Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug eher zur berechtigten Skepsis animiert: "Mit zehn Kilogramm Zusatzgewicht in der neuen C-Klasse wird es kaum möglich sein, ein so gutes Ergebnis wie beim Auftaktrennen in Hockenheim zu erzielen. Aber: Unsere Truppe wird kämpfen und die Vorjahres-C-Klasse-Fahrer wollen ihre Chance erst recht nutzen."

Und so darf es in der Tat nicht überraschen, wenn der Wegfall des Hockenheim-Bonusses, wo die Stuttgarter seit jeher gut abschneiden, gemeinsam mit dem Gewichtsnachteil dazu führen würde, dass sich die C-Klasse-Piloten um Einiges intensiver gegen die Konkurrenz zur Wehr setzen müssen.

Eher mit der Aufarbeitung der enttäuschenden Hockenheim-Erlebnisse ist Haugs Audi-Kollege Dr. Wolfgang Ullrich beschäftigt: "Der neue Audi A4 DTM ist vor Hockenheim quasi auf den Punkt fertig gestellt worden. Im Training hat sich gezeigt, dass unser neues Auto auf Anhieb schnell ist. Im Rennen konnten wir das Potenzial jedoch noch nicht in ein entsprechendes Resultat umsetzen. Wir haben die Daten analysiert und daraus unsere Rückschlüsse gezogen. Die Leistungsdichte ist in der DTM in diesem Jahr noch größer. Die Fans dürfen sich auf dem EuroSpeedway auf ein weiteres tolles DTM-Rennen freuen."

Ob der besagte neue A4 über das Potenzial verfügt, in die Fußstapfen seines erfolgreichen Vorgängers zu treten, wird sich in der Lausitz zeigen. Würden weder der Gewichtsvorteil von zehn Kilogramm noch die für Audi im Vergleich zum Hockenheimring sicherlich nach wie vor nicht abträgliche Streckencharakteristik nicht helfen, um mit Mercedes Schritt zu halten, so gäbe es wohl noch eine Menge an "Daten zu analysieren" und "Rückschlüsse zu ziehen", um ein Enteilen der Mercedes-Piloten in der Meisterschaft zu verhindern.

Den einzigen Hoffnungsschimmer in Hinblick auf das kommende Rennen schilderte nach der Niederlage in Hockenheim Opel-Sportchef Volker Strycek: "Was uns nach diesem Wochenende optimistisch stimmt, ist, dass Marcel Fässler es in die zweite Startreihe geschafft hat und über eine weite Strecke des Rennens mit den Führenden mithalten konnte." Und so besteht für Opel gerade angesichts des um zehn Kilogramm erleichterten Vectras die Hoffnung, dass zumindest das akzeptable Vorjahresergebnis, zu dem drei Punkteankünfte beitrugen, wiederholt werden kann. Das Repetieren des zweiten Platzes, den einst 2003 Peter Dumbreck im Opel Astra Coupé einfuhr, liegt allerdings in weiter Ferne – was man allerdings anno 2004 auch von einem Audi-Sieg behauptete...