Dirk von Zitzewitz und sein Fahrer Giniel de Villiers sind die positive Überraschung der ersten Rallye-Dakar-Woche. Das Sieger-Duo des Jahres 2009 setzte vor dem heutigen Ruhetag der legendären Wüstenrallye auf den ersten sechs absolvierten Wertungsprüfungen trotz unterlegenen Materials Tag für Tag Nadelstiche ins Selbstvertrauen der haushohen Favoriten, fuhr zeitweise als Gesamtzweite mitten in die Phalanx der wesentlich stärker eingeschätzten X-raid-Mini und setzte in den Tageswertungen gerade auf den ersten WPs echte Ausrufezeichen.

Wenn morgens nach der Verbindungsetappe Sie und Ihre Konkurrenten gemeinsam auf den Start der WP warten, wie begegnen Ihnen die Mini- und Hummer-Piloten?
Dirk von Zitzewitz: Grundsätzlich haben wir einen sehr lockeren Umgang untereinander, sind sehr kollegial, freundlich und kameradschaftlich miteinander. Mit Nasser Al-Attiyah haben wir bei dieser Dakar schon zu Abend gegessen, mit Stephane Peterhansel zu Mittag. Wir reden viel miteinander, zugegebenermaßen aber erst nach den Wertungsprüfungen. Davor ist die Anspannung bei allen immer sehr hoch.

Bislang gelang dem Duo Dirk von Zitzewitz und Giniel de Villiers ein starker Dakar-Auftritt, Foto: Zitzewitz
Bislang gelang dem Duo Dirk von Zitzewitz und Giniel de Villiers ein starker Dakar-Auftritt, Foto: Zitzewitz

Hat sich denn während der Rallye etwas in Sachen Respekt dem Imperial-Toyota-Team gegenüber verändert?
Dirk von Zitzewitz: Ich glaube, dass unser Auftritt viele sehr positiv überrascht hat und dass unsere gute Leistung in der ersten Dakar-Woche sehr wohlwollend aufgenommen wurde. Uns wird sehr großes Interesse entgegengebracht. Man hat den Eindruck, dass sich alle - auch die Konkurrenz - freut, dass es da ein Team gibt, das die Dakar spannender macht.

Was ist für Sie persönlich bisher das Unglaublichste an der Rallye Dakar?
Dirk von Zitzewitz: Da gibt es zwei Dinge: Die Leistung der beiden Hummer ist sehr stark und zeigt am Beispiel von Nasser Al-Attiyah, was möglich ist, wenn ein guter Fahrer dieses nach einem anderen Reglement aufgebaute Paket permanent zu 100 Prozent ausreizt und wenn die Technik hält. Und dann wäre da noch unsere eigene Leistung, die besser ist, als wir uns das je erhofft hatten.

Die ersten Etappen liefen beinahe reibungslos. Jetzt, wo scheinbar bereits aus eigener Kraft das insgeheime Maximalziel - Gesamtrang fünf - möglich scheint: Träumt man da nicht doch von mehr?
Dirk von Zitzewitz: Das ist richtig, Rang fünf war unser großes Ziel. Aber wenn man als Profi so eine wichtige Rallye wie die Dakar bereits einmal gewonnen hat, dann schaut man automatisch von dort, wo man ist, nach vorn. Und ich muss es zugeben, dass ich ein bisschen vom Podium träume. Platz drei - das wär doch was ... Ein Platz unter den Top fünf wäre ein Megaerfolg, Platz drei einfach nur galaktisch.

Ora et labora

Die Rallye Dakar ist teamintern stets auch ein sozialer Schmelztiegel, man ist drei Wochen lang eng beisammen und rund um die Uhr miteinander beschäftigt, teilt sich sogar zu Viert die Hotelzimmer. Wer im neuen Team ist Ihnen am meisten ans Herz gewachsen?
Dirk von Zitzewitz: Ganz klar: Vor unserem Teamchef Glyn Hall habe ich einen großen Respekt bekommen. Es ist unglaublich, wie er alle Bereiche des Teams unter Kontrolle hat. Er ist Teamboss, Cheftechniker und hat auch andere Belange mit einem großen Weitblick und mit viel Bedacht im Griff. Das ist beeindruckend.

Sie und Giniel de Villiers sind im Team als Duo in der klaren Führungsrolle. Seinerzeit bei Volkswagen waren alle vier Gespanne gleichwertig. Was hat sich an ihrer Arbeit verändert?
Dirk von Zitzewitz: In einem Privatteam wie Imperial Toyota wird unsere Meinung sehr geschätzt und wir versuchen, möglichst viel Input zu geben und das Team selbst sowie unsere Teamkollegen Duncan Vos und Rob Howie so gut wie nur irgend möglich zu unterstützen. Und uns wird aufmerksam zugehört.

Sie haben vor der Dakar wenig getestet, das große Fragezeichen ist deshalb die Zuverlässigkeit. Wie ist ihr Gefühl von der Vorbereitung des Teams und dem Material nach einer Woche Dakar?
Dirk von Zitzewitz: Das Team arbeitet großartig. Die Stimmung und die Arbeitsweise ist unverkrampft, obwohl viel Druck herrscht und weniger Mechaniker an einem Auto arbeiten als bei einem Semi-Werksteam wie X-raid-Mini eines ist. Kompliment an die Truppe. Leider fehlen uns auch wegen der wenigen Testkilometer vor der Dakar wichtige Erfahrungswerte. Bisher läuft der Hilux wie ein Uhrwerk. Giniel de Villiers und ich wissen aber nicht genau, wo beispielsweise auf harten Kamelgras-Sektionen, die Fahrwerk und Antriebsstrang aufs Äußerste fordern, das Limit ist. Wir müssen uns in diesen Fällen sehr beherrschen und uns zurücknehmen. Wir würden manchmal gern schneller fahren, doch einen Schaden zu riskieren wäre die falsche Wahl. Aber genau das ist eine unserer Stärken – nur so viel Risiko einzugehen wie nötig und so wenig wie möglich.

Wenn Sie in die Glaskugel schauen: Was wird denn Ihrer Meinung nach die härteste Etappe der zweite Dakar-Woche?
Dirk von Zitzewitz: Ich glaube, dass die gesamte zweite Woche hart wird. Man wird von Tag zu Tag die Strapazen für Mensch und Maschine mitnehmen und die Belastung wird sich immer mehr aufbauen. Alle Etappen in Peru sind Neuland und deshalb schwer einzuschätzen. Ich glaube, dass dort noch ein paar echte Hammer auf uns warten werden. Vielleicht wird die zwölfte Etappe dann in dieser Hinsicht die härteste sein.

Noch weiter in die Ferne geblickt: Was für ein Resultat steht am Ende der Rallye Dakar 2012 vor Ihrem und Giniel de Villiers Namen?
Dirk von Zitzewitz: Ich hoffe eines kleiner gleich fünf. Dafür müssen wir aber das Ziel erreichen. Wenn wir unseren Hilux dort hinbringen und wir viel Erfahrung für die kommenden Jahre mitnehmen können, wäre das ein voller Erfolg. Man darf die Dakar nie unterschätzen. So gut es in der ersten Woche für uns gelaufen ist, so schwer kann Woche zwei werden. Vorhersagen sind da schwer möglich. Es kann in allen Richtungen alles passieren. Das macht die Dakar ja so interessant.