Das östliche Westfalen ist für seinen bodenständigen Mittelstand bekannt. Maschinenbau und Lebensmittelindustrie haben hier wichtige Standorte. Doch aus der Region kommt auch Motorsport auf höchstem Niveau: Young Driver AMR heißt das Team, das im ADAC GT Masters zwei Aston Martin V12 Vantage einsetzt. Beim vom ADAC Westfalen mit Sitz in Dortmund organisierten siebten Rennwochenende der Saison wollen die Paderborner einen Knoten zerschlagen. Denn nach dem überaus erfolgreichen Jahr 2011 lief es bislang für die beiden Brüder und ADAC GT Masters-Vizemeister 2011, Johannes und Ferdinand Stuck (Österreich), sowie das dänische Gespann aus Kristian Poulsen und Christoffer Nygaard bislang noch zu selten richtig rund: Das soll sich in der Eifel ändern.

"AMR", das steht für "Aston Martin Racing": Nach Jahren im Breitensport stieg das Team des Paderborners Hardy Fischer 2010 bis in die FIA GT1-Weltmeisterschaft ein. Heute ist sein Team der einzige deutsche Partner von Aston Martin im Rennsport. In der vergangenen Saison bedankten sich die Ostwestfalen mit dem Vizetitel in der FIA GT1-WM. Doch 2012 war der Einsatz des neu entwickelten V12 Vantage bislang nicht so erfolgreich. "Kinderkrankheiten", so Rennfahrer Johannes Stuck, hielten das Team davon ab, an die Vorjahresform anzuknüpfen. Teamchef Hardy Fischer ergänzt: "Man darf nicht vergessen, dass wir in diesem Jahr ein Lern- und Entwicklungsjahr absolvieren. Der Aston Martin V12 Vantage GT3 ist ein brandneues Rennauto, das wir als Entwicklungspartner gemeinsam mit Aston Martin Racing entwickeln. Unter diesem Aspekt war klar, dass wir nicht in erster Linie um den Titel fahren."

Dennoch: Etwas einfacher hätte es sein dürfen. Johannes Stuck (25), Sohn von Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck und Enkel des "Bergkönigs" Hans Stuck fährt mit seinem jüngeren Bruder Ferdinand (21) seit 2011 zusammen und berichtet: "Nach dem Riesenerfolg mit dem Vizetitel im ADAC GT Masters 2011 haben wir dieses Jahr zeitweise wirklich ein Seuchenjahr. Aber auch das bringt einen weiter: Wir haben das Auto weiter entwickelt und viel über Motorsport und über uns selbst erfahren." Der Erfolg: Für die dänischen Teamkollegen sprang am Sachsenring sogar ein Rennsieg heraus. "Auch wenn Ferdinand und ich dazu durch die Fahrzeugentwicklung mit beitragen konnten: Selbst den Sieger-Schampus zu verspritzen fehlt uns natürlich sehr", beklagt der Österreicher. Für den Teamchef war dieser Sieg "ein Meilenstein. Das ADAC GT Masters ist eben die wohl am härtesten umkämpfte GT-Meisterschaft in Europa." Das wissen auch die Fahrer nur zu genau: "Im Qualifying liegen häufig 25 Autos in einer Sekunde", erklärt Johannes Stuck. "Wenn man da keine absolut perfekte Runde mit einem perfekten Auto hinbekommt, steht man plötzlich zehn Plätze weiter hinten in der Startaufstellung."

Ehrgeiz vor dem Rennen im "Wohnzimmer"

Am Nürburgring könnte es einen Schritt vorwärts gehen: "Das ist gewissermaßen unser Wohnzimmer", beschreibt Johannes Stuck. "Ferdinand und ich sind dort beide schon viele Rennen gefahren, und kennen die Strecke in jedem Layout wirklich aus dem Effeff." Beim ersten Wochenende am Ring waren die jungen Aston-Martin-Piloten zwar vom Pech verfolgt, ließen aber ihr Potenzial aufblitzen. "Nach einem Motorschaden im Training mussten wir vom 40. Platz aus starten und sind bis auf Position 15 vorgefahren", schildert Stuck. Auch wenn das Team im zweiten Lauf wegen Getriebeproblemen punktlos blieb, weiß er nun: "Da geht doch was! Wenn nicht am Nürburgring, wo soll's sonst klappen?" Auch der Teamchef resümiert: "Beim Truck-Grand-Prix an gleicher Stelle wurden wir unter Wert geschlagen."

Und dabei liegt dem Aston Martin der Grand-Prix-Kurs gar nicht schlecht: "Unser Aston Martin V12 Vantage ist ein Auto für klassische Grand-Prix-Rennstrecken mit flüssiger Streckenführung und schnellen Kurven", erklärt Hardy Fischer. "Der GP-Kurs des Nürburgrings dürfte uns daher sehr gut liegen. Wir rechnen uns gute Chancen aus und hoffen, dass wir in beiden Rennen in die Top-Fünf fahren können. Ich bin mir sehr sicher, dass wir auf dem Nürburgring und auch beim Finale in Hockenheim nochmals gute Ergebnisse einfahren können."

Besondere Beziehung zum "Ring"

Sowohl das Team als auch die Fahrer sind vor dem ADAC Masters Weekend auf dem Nürburgring besonders motiviert. Für das Team sind es bis zum Eifelkurs "zwar einige Kilometer Anreise", so Fischer. "Aber für uns ist es die am nächsten gelegene Rennstrecke. In dieser Saison ist der Nürburgring tatsächlich unsere zweite Heimat, weil wir insgesamt fünf Renneinsätze dort haben. Zudem kommen auch einige Mechaniker aus der Umgebung und schlafen sogar im eigenen Bett." Und sowohl für das Team als auch für die Stuck-Brüder sind mit dem Nürburgring noch besondere Emotionen verbunden. "Wir haben dort in der ersten Saison von Young Driver AMR im Jahr 2010 unser erstes Rennen in der FIA-GT1-Weltmeisterschaft gewonnen" erinnert sich Fischer. "Es war ein perfektes Wochenende: Pole Position und Siege in beiden Rennen und das Ganze beim Heimspiel. Das sind Momente, die man nicht so schnell vergisst."

Für Johannes Stuck ist die Strecke sogar ein Teil der eigenen Familiengeschichte, schließlich will er darauf hinarbeiten, dass auch die dritte Stuck-Generation eines Tages ihren festen Platz in der Motorsport-Historie hat. Johannes Stuck: "Wenn man ins Fahrerlager des Nürburgrings kommt, dann gibt es dort eine große Ehrentafel mit den Namen der erfolgreichsten Rennfahrer. Mein Opa und mein Vater sind dort schon verewigt - und natürlich ist es mein absoluter Traum, dort auch einmal zu stehen."