18 Jahre ist er alt, mehr als 18.000 Kilometer beträgt die Entfernung von seiner Heimat Neuseeland bis nach Deutschland, zwölf der bisherigen 18 Rennen hat er gewonnen, den Titel im ADAC Formel Masters ebenso, und sein Ziel ist die Formel 1. Dies sind einige Eckpunkte, die die Herkunft und das Ziel von Richie Stanaway knapp umschreiben. Der erfolgreichste Pilot der Saison 2010 hat das ADAC Formel Masters zusammen mit dem Team ma-con Motorsport im Sturm erobert.

Das war alles andere als selbstverständlich. Denn der Kiwi stammt aus einem Land, in dem weder die Automobilindustrie beheimatet ist noch eine nennenswerte Infrastruktur an Rennstrecken besteht. Erst 2007 wechselte der einstige Motocross-Pilot vom Kart in ein Formel-Fahrzeug, 2008 wurde er in seiner Heimat mit 14 Einzelsiegen Meister einer Formel-Nachwuchsserie. 2009 bestritt er eine Formel-Saison in Australien. "Damals entstand über einen Mentor ein Kontakt nach Deutschland zum Team ma-con Motorsport", erinnert sich Stanaway. Starts bei den drei letzten Veranstaltungen des ADAC Formel Masters im Vorjahr erbrachten eine Ausbeute von 52 Punkten – genug für Platz acht im Feld der 23 Teilnehmer.

WG-Leben in Berlin

Zur Saison 2010 zog es ihn endgültig nach Deutschland – nicht nur sportlich. "Ich bin nach Berlin gezogen, wo ich in einer WG lebe", erzählt er. Sein Mitbewohner ist ma-con-Teamkollege William Vermont. Eine Art Simulator in der Wohnung hilft, neue Rennstrecken zunächst elektronisch kennenzulernen. "Wir trainieren auch viel zusammen", so Stanaway, der im Fitnessstudio, beim Laufen und beim Radfahren seinen Ausgleichssport gefunden hat. Wie wichtig Sport und Ernährung für die Karriere sind, weiß er nur zu genau. Und wie erfolgreich er auch diese Disziplinen beherrscht, beweist ein Ausflug in seine Heimat mitten in der Saison.

Dort lotete der Formelpilot seine persönlichen Grenzen beim Motorsport Trainathon aus. Mit vier neuseeländischen Fahrerkollegen bestritt er vom 21. bis zum 23. Mai diese 40-Stunden-Nonstop-Veranstaltung im Millennium Institute of Sport & Health in Albany bei Auckland. Ohne Unterbrechung tobten sich die Teilnehmer beim Gewichtheben, Klettern, Schwimmen, Yoga und vielen anderen Übungen aus. "Das waren die 40 härtesten Stunden meines Lebens", gesteht der Motorsportler. Diese Wohltätigkeits-Veranstaltung erbrachte eine fünfstellige Spendensumme für benachteiligte Kinder. Nur eine Woche nach dieser Tortur stand der dritte Lauf zum ADAC Formel Masters in Hockenheim auf dem Programm. Dass Stanaway dort alle drei Rennen gewann, besagt alles. Souverän gewann er auch den Titel. Am Nürburgring sicherte sich der Kiwi mit drei ersten Plätzen am vorletzten Rennwochenende die Meisterschaft. 76 Punkte Vorsprung sind genug, um bereits vor dem Finale in fünf Wochen in der Motorsport Arena Oschersleben als neuer Titelträger festzustehen. Und ausgerechnet in der Eifel besuchten ihn an diesem entscheidenden Wochenende seine Eltern, die eine ganz persönliche Kostprobe seines Könnens auf einigen raschen Runden im Mietwagen auf der Nordschleife erhielten.

Nächstes Ziel: Die Formel 3

Seine Lehrzeit mit dem ADAC weiß der neue Champion sehr zu schätzen. "Der Schritt nach Europa ins ADAC Formel Masters war sehr wichtig für meine Karriere", urteilt Stanaway. Sein nächstes mögliches großes Ziel: Er peilt die Formel 3 an. Seine Gegner sollten wissen: Eine Eroberung im Sturm ist nicht ausgeschlossen. Zuvor aber will er noch eine kleineres Ziel erreichen und eine andere Statistik perfektionieren: Nach den 14 Einzelsiegen in 21 Rennen der Saison 2008 in Neuseeland will er auch in Deutschland diese Marke knacken. Die Chance dazu hat er in Oschersleben am ersten Oktober-Wochenende.