Theo Pourchaire setzte zum Jubelsprung an, wenig später ließ sich der Franzose auf dem Podium feiern. Nur bei der üblichen Champagnerdusche suchte der 16-Jährige vom Team US Racing CHRS die sichere Entfernung. In einem spannenden letzten Saisonrennen gewann Pourchaire mit Rang zwei den Titel in der ADAC Formel 4 und feierte seinen bislang größten Erfolg im Motorsport. In der Gesamtwertung verwies er seinen härtesten Widersacher Dennis Hauger (16, Norwegen, Van Amersfoort Racing) um sieben Punkte auf den zweiten Platz. "Es ist ein überragendes Gefühl, die Meisterschaft zu gewinnen. Auch für das Team - danke an das Team für die tolle Unterstützung das ganze Jahr über", sagte Pourchaire: "Meinen Glückwunsch auch an Dennis für ein tolles Jahr."

Pourchaire krönte ein überragendes Jahr, in dem er eine beeindruckende Konstanz an den Tag legte. In 16 der 20 Saisonrennen fuhr er in die Top Ten, zu seinen insgesamt vier Laufsiegen kamen acht weitere Podestplätze hinzu. Dieser Beständigkeit hatte die Konkurrenz kaum etwas entgegenzusetzen. Einzig Hauger blieb bis zum Schluss ein ernster Kontrahent, vor allem nach dem Wochenende in Hockenheim, in dem sich Pourchaire wie in einem Horrorfilm gefühlt haben muss. Nur sechs Punkte in drei Rennen, das gesammelte Rennpech schien sich gegen Pourchaire verschworen zu haben. Währenddessen schrieb Kontrahent Hauger mit einem Dreifachsieg Geschichte und rückte bis auf einen Punkt an Pourchaire heran.

Doch der im Auto völlig abgeklärt agierende Pourchaire ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Selbst wechselnde Wetterbedingungen beim Saisonfinale am Sachsenring konnten den Franzosen auf seiner Mission Titelgewinn nicht mehr stoppen. "Es war sehr hart, nach dem Hockenheimring-Wochenende zum Sachsenring zu kommen und alles für diese eine große Aufgabe zu geben. Ich wusste, dass ich nur einen Punkt vorne bin und auch, dass ich vor Hauger landen muss. Am Ende habe ich es geschafft, ich bin wirklich super, super happy. Das ganze Team ist happy, meine Familie auch - sensationell", sagte er.

Die Begeisterung für den Rennsport entwickelte sich bei Pourchaire früh. "Ich habe als Zweijähriger begonnen, Go-Kart zu fahren", erinnerte er sich. "Mein Vater hat mich zum Motorsport gebracht, als ich dann mit dem Kartsport begonnen habe, war ich ebenfalls 'infiziert'. Es gibt viele Zweikämpfe, Adrenalin, für mich ist es der beste Sport, den ich mir vorstellen kann. Es ist natürlich ein extremer Sport, aber er ist einfach überragend", schwärmte er.

Die Ergebnisse passten sich der Begeisterung an. In der Kart-Regionalmeisterschaft seiner Heimatregion PACA in Südfrankreich gewann Pourchaire als Achtjähriger den Titel, viele weitere sollten in den folgenden Jahren noch hinzukommen. Und auch in den internationalen Wettbewerben sorgte der leidenschaftliche Radfahrer und Tennisspieler bald für Aufsehen. 2016 wurde er WM-Dritter in der OK-Junior-Klasse und ließ unter anderem den Brasilianer Gianluca Petecof hinter sich, der 2019 ebenfalls in der ADAC Formel 4 unterwegs war.

Nach einem weiteren starken Jahr im Kart war der Umstieg in den Formelsport die logische Folge. In der Saison 2018 wagte Pourchaire mit gerade einmal 14 Jahren den Schritt in die französische Formel 4 und dominierte die Juniorwertung mit 16 Siegen in 21 Rennen nach Belieben. Gepaart mit seinem starken Speed legte Pourchaire früh eine besondere Gabe für die Weiterentwicklung seines Autos an den Tag. Dieses herausragende Gesamtpaket blieb auch den Traditionsteams im Motorsport nicht verborgen.

Das langjährige Formel-1-Team Sauber nahm Pourchaire in seinen Juniorkader auf, in der ADAC Formel 4 fand Pourchaire beim amtierenden Meisterteam US Racing CHRS eine sportlich hochwertige Heimat. Doch auch in der neuen Serie fand sich Pourchaire schnell zurecht. Bereits in seinem zweiten Rennen in Oschersleben fuhr er erstmals auf das Podium. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Auch dank der Hilfe des ehemaligen Formel-1-Fahrers Ralf Schumacher, der Pourchaire gemeinsam mit Gerhard Ungar bei US Racing CHRS förderte und die Leistung seines Schützlings aus dem fernen Sotschi genau verfolgte. "Sie bringen mir viel bei, sie haben viel Erfahrung im Motorsport. Das ist großartig. Ralf war Formel-1-Fahrer, er weiß viel über diesen Sport. Wir haben auch ein bisschen Kontakt gehabt an diesem Wochenende, er kann mir immer helfen und viele Tipps geben - genau wie Gerhard", sagte Pourchaire, der auch privat noch zur Schule geht.

Für seine langfristige Zukunft hat sich Pourchaire das höchste Ziel gesetzt. "Ich hoffe, ich schaffe es in die Formel 1, davon träumt natürlich jeder. Es ist ein weiter Weg, aber eines Tages möchte ich Formel-1-Weltmeister sein", sagte er. Sein Vorbild hat es zu mehr als nur einem WM-Titel gebracht. "Ich mag Sebastian Vettel. Wir ähneln uns vielleicht ein bisschen vom Stil her. Er ist natürlich viermaliger Formel-1-Weltmeister, und ich fahre erst in der Formel 4. Aber ich bin ruhig am Steuer, er ebenfalls. Das mag ich extrem gerne, und bei ihm schaue ich mir gerne Dinge ab", gab Pourchaire zu. Mit dem ersten Triumph des Franzosen in den seit 1991 ausgetragenen Formel-Nachwuchsserien des ADAC ist Pourchaire schon auf den Spuren seines Idols: Vettel setzte sich 2004 in der ADAC Highspeedschule durch.

Zunächst einmal hofft Pourchaire aber auf den nächsten Schritt: "Vielleicht geht es im nächsten Jahr in die Formel 3, mal sehen. Das Sauber Junior Team hilft mir sehr, es ist ein tolles Team. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt."