Die letzte Rallye der Saison 2015 ist Geschichte und alle Weltmeistertitel längst vergeben. Klar ist, dass bereits in weniger als 60 Tagen der Startschuss für die Saison 2016 fällt. Klar ist allerdings nicht, wer in den Autos über die Startrampe rollen wird. Lediglich Volkswagen hat bereits vor geraumer Zeit bestätigt, dass erneut Weltmeister Sebastien Ogier, Vizeweltmeister Jari-Matti Latvala und der WM-Dritte Andreas Mikkelsen an den Start gehen werden. Alles darüber hinaus ist ein großes Fragezeichen. Motorsport-Magazin.com versucht Licht ins Dunkel zu bringen und wirft einen Blick auf den Fahrermarkt für 2016.

Hyundai

Das Fahreraufgebot ist hier nicht die große Frage. Thierry Neuville und Dani Sordo hatten ohnehin Verträge, Hayden Paddon wurde vor einigen Wochen schließlich mit einem Drei-Jahres-Vertrag auch langfristig an Hyundai gebunden. Entscheidend ist allerdings, wer 2016 im Werksteam angreifen wird. Bis vor einigen Wochen galt Neuville als die heimliche Nummer eins des Teams. Durch sich häufende Fehler und Ausfälle wurde der Belgier aber für das Saisonfinale in Wales ins B-Team degradiert.

"Die Rallye Wales wollen wir ohne Druck natürlich besonders gut abschließen", erklärte Neuville zuvor im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Wir wollen nochmal ans Limit gehen, ohne dabei Fehler zu machen. Wenn das Selbstvertrauen wieder da ist, möchte ich in die neue Saison durchstarten. Es wird ein anstrengender Winter werden und ein guter Saisonabschluss hilft dabei natürlich." Doch statt Selbstvertrauen zu tanken, schied Neuville gleich doppelt aus. Hat er sich damit auch für das Werksteam aufs Abstellgleis geschoben?

Zumindest Paddon macht keinen Hehl daraus, dass er bei Hyundai Rallyes gewinnen und Weltmeister werden will. In Spanien wurde der Konkurrenzkampf der beiden Piloten deutlich, als Paddon sich am Ende der Prüfung unverblümt über Neuville und seinen Abflug beschwerte. "Es sieht aus, als hätte er während des Bremsens Mist gebaut. Er musste einfach nur seine Position halten. Nun hat er unsere Arbeit im Kampf gegen Citroen schwieriger gemacht. Unglaublich. Das ist ein Teamsport", schimpfte Paddon, der sich später allerdings wieder entschuldigte und eingestand, dass es sich um ein technisches Problem bei Neuville gehandelt hatte.

Hayden Paddon strebt den Nummer-1-Status bei Hyundai an, Foto: Hyundai
Hayden Paddon strebt den Nummer-1-Status bei Hyundai an, Foto: Hyundai

Die wahrscheinlichste Option bei Hyundai: Paddon und Neuville starten 2016 im Werksteam. Dani Sordo geht für Hyundai Motorsport N an den Start und wechselt möglicherweise für ausgewählte Asphalt-Rallyes ins Werksteam. Bei dieser Konstellation steht allerdings ein weiterer Name im Raum: Kevin Abbring. Der Niederländer startete bei fünf Rallyes in dieser Saison und präsentierte sich konstant. Besonders in Frankreich zeigte der Hyundai-Pilot eine starke Leistung und lag lang trotz widriger Bedingungen auf Rang fünf, bis er zwei Prüfungen vor dem Ziel von der Strecke abkam. Er könnte 2016 ebenfalls weitere Einsätze bekommen und ist für Hyundai in jedem Fall eine vielversprechende Zukunftsoption.

Citroen

Update: Citroen hat seine Pläne für die Zukunft auf den Tisch gelegt. 2016 nimmt sich der französische Hersteller eine Auszeit, um sich voll und ganz auf die Entwicklung eines neuen Autos für 2017 zu konzentrieren. Ab dann gilt das neue technische Reglement in der WRC. "In den kommenden zwei Wochen werden die Entscheidung getroffen, und die erste wird denke ich unsere Pläne für 2017 betreffen", hatte Matton gegenüber WRC.com bereits angekündigt.

Für Kris Meeke und Mads Östberg sind die Fragezeichen durch diese Bekanntgabe allerdings umso größer geworden. Bei Östberg sollen die Zeichen auf Abschied stehen, es wird über eine Rückkehr zu M-Sport gemunkelt. Meeke könnte eventuell als Testfahrer bei Citroen bleiben.

Der Nordire präsentierte sich zum Saisonfinale stark und sicherte mit seinem zweiten Rang Citroen Platz zwei in der Hersteller-Wertung. Zudem war es Meeke, der in Argentinien für den ersten Citroen-Sieg seit 2013 sorgte. Ein Fingerzeig? Vermutlich! Meeke selbst bleibt zurückhaltend. "Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Es ist komisch zu sagen, dass ich zu diesem Zeitpunkt im Jahr noch nicht mit unserem Teamchef gesprochen habe, aber so ist die Situation", erklärte Meeke in Wales. "Ich hoffe, es lichtet sich bald, aber zu diesem Zeitpunkt habe ich keine Idee."

Östberg zeigte ebenfalls eine wirklich starke Saisonleistung. Der Norweger sicherte sich Rang vier in der Weltmeisterschaft und war damit bester Nicht-Volkswagen. Lange Zeit lag er sogar vor seinem Landsmann Andreas Mikkelsen auf dem dritten Gesamtrang. Sein schwerer Recce-Unfall bei der Rallye Australien und das danach verpasste Event ließen seine Chancen aber deutlich schwinden. Dennoch trug Östberg mit seinen Punkten maßgeblich zum Sieg gegen Hyundai in der Herstellermeisterschaft bei.

Stéphane Lefebvre wird sich wohl noch gedulden müssen, Foto: Sutton
Stéphane Lefebvre wird sich wohl noch gedulden müssen, Foto: Sutton

Unklar ist auch die Situation von Stéphane Lefebvre. Der Franzose gewann den Saisonauftakt der WRC2 in Monte Carlo und präsentierte sich bei seinen Einsätzen in der WRC für Citroen in Deutschland, Australien oder Großbritannien stark und konstant. Sein Ziel ist klar: "Es ist das gleiche wie dieses Jahr: zurück in die WRC. Aber momentan habe ich noch keine Pläne", sagte der Franzose vor einigen Wochen.

M-Sport

Nirgendwo sind die Gerüchte, Spekulationen und potenziellen Fahrer so vielfältig wie bei M-Sport. Die Stammfahrer Elfyn Evans und Ott Tänak lieferten 2015 jeweils eine Podiumsplatzierung ab, blieben sonst aber hinter den Erwartungen von Teamchef Malcolm Wilson zurück - nicht zuletzt durch zahlreiche Fehler und Ausfälle.

Elfyn Evans fuhr in Frankreich auf das Podium, Foto: Sutton
Elfyn Evans fuhr in Frankreich auf das Podium, Foto: Sutton

"Jeder fragt mich, ob ich genug getan habe, um nächstes Jahr noch dabei zu sein. Ich würde gerne denken, dass mir das gelungen ist", sagte Evans nach der Rallye Großbritannien. Der Waliser beendete die Saison auf Gesamtrang sieben - trotz gutem Start in die Saison. "Unglücklicherweise kam ich einfach nicht richtig in Fahrt mit dem neuen Auto. Es hat bis jetzt gedauert, dass ich mich auf Schotter wohlfühlte. Aber ich habe das Gefühl, dass wir schon einen Fortschritt gemacht haben und ich möchte das gerne im nächsten Jahr weiterführen."

Teamkollege Tänak beendete die Saison auf WM-Rang zehn. Abgesehen von seinem dritten Platz in Polen machte der Este vor allem durch seine Wassereinlage in Mexiko und zahlreiche Ausfälle von sich reden. "Die Dinge verliefen nicht immer nach Plan, aber in unserem ersten Jahr in einem Werksteam wollten wir beweisen, dass wir den Speed haben, um an der Spitze zu kämpfen", erklärte Tänak am Saisonende. "In diesem Sport ist Erfahrung wirklich wichtig. Um den Speed durch ein ganzes Wochenende zu nehmen, brauchst du die Erfahrung und die mussten wir dieses Jahr aufbauen."

Für Teamchef Wilson kommt eine ganz andere Möglichkeit ins Spiel: "Beim Blick auf das kommende Jahr, habe ich auch schon darüber nachgedacht, dass sich die beiden ein Auto teilen könnten. Das ist eine der Möglichkeiten", erklärte er am Wochenende in Wales.

Ein weiteres Gerücht, das seit einigen Tagen herumgeistert: Lorenzo Bertelli könnte sein eigenes Team Fuckmatie auflösen und stattdessen Malcolm Wilson beim Aufbau eines M-Sport-B-Teams helfen. Ein potenzieller Fahrer könnte Robert Kubica sein. Der Pole wurde bereits 2014 von M-Sport betreut, entschied sich in dieser Saison aber eigene Wege zu gehen. Noch in Spanien erklärte er, dass er sich ein derartiges Programm in Zukunft nicht mehr vorstellen könne und schloss auch ein Ende im Rallye-Sport nicht komplett aus. In Wales hörte sich dies wieder anders an. "Ich würde nächstes Jahr gerne mehr tun, denn ich habe das Gefühl, dass wir uns diese Saison verbessert haben. Wir hatten zwar keine guten Ergebnisse in der zweiten Jahreshälfte, aber das lag auch an einer Menge technischer Probleme. Ich denke in unserer Position als kleines Team ist es unmöglich, die Werksfahrer zu schlagen", so Kubica.

"Um ehrlich zu sein, denke ich, dass es der schlechteste Zeitpunkt zum Aufhören wäre. In den letzten fünf oder sechs Events habe ich mich mehr wie ein reifer Rallyefahrer gefühlt. Viele Dinge, die mir in der Vergangenheit Angst gemacht haben, sind nun normal, weil ich sie schon mehr als einmal erlebt habe", schildert er seine Gefühlslage. "Wenn man sich im Auto wohler fühlt, dann fährt man besser und schneller. Ich fühle mich mehr wie ein Rallyefahrer als je zuvor. Die Erfahrungen, die man bei jeder Rallye sammelt, auch wenn man zwölf Monate warten muss, zählen viel."

Die wahrscheinlichste Situation bei M-Sport: Evans bleibt beim Team und kann auf seine Erfahrungen aufbauen. Zwischen Ott Tänak und potenziellen anderen Kandidaten - möglicherweise auch einigen Talenten aus der WRC2 - entbrennt ein Kampf um den zweiten Stammplatz. Was genau an den Gerüchten um ein M-Sport-B-Team dran ist, muss sich noch zeigen, eine Mannschaft mit Bertelli und Kubica hätte aber auf jeden Fall ihren Reiz.

Update: M-Sport fungiert 2016 als Partner des neuen DMACK Word Rally Teams. Tänak wird für das Team alle 14 Rallyes der Saison bestreiten. Evans sollte damit ein Cockpit bei M-Sport sicher haben. Für das zweite Cockpit wird Mads Östberg gehandelt, der aufgrund der Auszeit von Citroen ohne Cockpit ist. Bertelli gab unterdessen die Schließung seines Privatteams bekannt. Er werde mit M-Sport weiterarbeiten und um eine weitere Saison in der WRC kämpfen, teilte der Italiener via Twitter mit.