Bei Ducati hat man ehrgeizige Ziele. Das machte Technik-Chef Gigi Dall'Igna schon im Vorjahr deutlich, als man mit einer kompletten Neuüberholung der Desmosedici an den Start ging. Für einen Sieg hat es 2015 trotzdem noch nicht gereicht. Das soll sich in der kommenden Saison ändern. Motorsport-Magazin.com gibt einen Ausblick auf Ducatis Jahr 2016.

Die Fahrer: Iannone & Dovizioso

Andrea Iannone: Den Status des Neulings hat Andrea Iannone nach seiner ersten Saison im Ducati-Werksteam nicht nur aus offensichtlichen Gründen abgelegt. Auch aufgrund seiner Leistungen in der vergangenen Saison hat sich Iannone den Platz auf der neuen Desmosedici GP mehr als verdient. Im letzten Jahr schlug sich der Maniac sogar fast besser als Teamkollege Andrea Dovizioso, der mittlerweile schon seit 2013 im Team ist. Zwar schaffte es Iannone 2015 nur dreimal aufs Podium, legte zu Saisonende aber mächtig zu. Unvergessen bleibt das legendäre Überholmanöver auf Phillip Island, bei dem Iannone gleich an drei Fahrern auf einmal vorbeizog.

Auch Iannones jüngste Leistungen bei den Testfahrten zur Saison 2016 beweisen, dass Iannone gute Chancen auf einen Podestplatz oder vielleicht sogar einen Sieg hat. In Katar beendete Iannone zuletzt kein Training außerhalb der Top-6. Am zweiten Testtag schaffte er es sogar auf Rang zwei, hinter Maverick Vinales. Die ausgekugelte Schulter aus der vergangenen Saison scheint den Italiener offensichtlich nicht mehr zu behindern, sodass Iannone das Potenzial der neuen Desmosedici GP voll nutzen kann.

Andrea Dovizioso: Im Gegensatz zu Teamkollege Iannone tat sich Andrea Dovizioso zum Ende der Saison 2015 hin schwerer, gute Leistungen zu bringen. Zu Saisonbeginn legte Dovizioso vor, war in Katar, Austin und Argentinien dreimal in Folge Zweiter. Es folgte ein dritter Platz in Le Mans, dann eine Durststrecke von sechs Rennen bis zum nächsten dritten Platz im Regenchaos von Silverstone. In der Hälfte dieser Rennen schaffte es Dovizioso nicht mal über die Ziellinie.

Bei den letzten Testfahrten lief es zumindest ein wenig besser für Routinier. Mit den Leistungen seines Teamkollegen Iannone konnte sich Dovizioso zwar nicht messen, aber in die Top-8 schaffte es der Italiener konstant. Jedoch ist dieses Ergebnis kein Maßstab mehr für Ducati, die ab 2016 endlich wieder ganz vorn mitmischen wollen. Mit der Desmosedici GP schlug sich Dovizioso zuletzt noch besser als mit dem alten Modell GP15. Diese setzte der Italiener bei den Testfahrten auf Phillip Island ein und erlangte damit unverhältnismäßige Ergebnisse. Seine beste Platzierung war ein zehnter Rang. Um 2016 konkurrenzfähig zu sein und um mit Iannone mithalten zu können, muss Dovizioso nun einiges vorlegen.

Das Motorrad: Desmosedici GP16

Die Desmosedici GP ist keine radikale Neuentwicklung, wie es ihre Vorgängerin war, dennoch verspricht man sich bei Ducati einiges von ihr. Die Winglets sind nun fester Bestandteil des Motorrads und sind dementsprechend in das rot-weiße Design der Ducati eingegliedert. Im Gegensatz zum letzten Jahr ist das obere Flügelpaar jedoch noch breiter, was dem Bike ein aggressiveres Aussehen gibt. Auch das Heck der GP16 hat sich ein wenig verändert. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin hat die neue Ducati etwas zugelegt, das Heck ist ein wenig breiter und eckiger als das der GP15. Ansonsten ist am Chassis kaum eine Änderung zu erkennen.

Der größte Vorteil der GP16 ist laut Dall'Igna aber die Vorbereitung. "Letztes Jahr kam die GP15 beinahe ungetestet zum ersten Rennen", gibt Dall'Igna zu. "In dieser Saison standen wir am ersten Testtag mit dem neuen Motorrad Gewehr bei Fuß." Dass man mit dem Bike zu Saisonbeginn vertrauter ist, kann nur von Vorteil für Ducati sein. Würden die eigentlichen Testfahrten wieder erst zu Saisonbeginn starten, hätte man mit neuen Reifen und Einheits-ECU noch mehr Defizite gegenüber der Konkurrenz. So stehen Iannone und Dovizioso auf einem Niveau mit Yamaha und Honda, die ebenfalls mit diesen Neuerungen zu kämpfen haben.

Ducati 2016: Die Brennpunkte

Das wichtigste Ziel des Jahres steht fest: Ein Sieg. Nein, mehrere Siege sogar, wie Dall´Igna bei der Präsentation der neuen GP16 offen zugab. Seit Stoner das Team 2010 Richtung Honda verließ, wartet man bei Ducati auf den nächsten Sieg des Werks- oder Kundenteams. Seit Casey Stoner biss man sich an der Konkurrenz die Zähne aus. Das soll 2016 anders werden.

Wie alle anderen Teams in der kommenden Saison wird auch für Ducati die meiste Arbeit in Sachen Reifen und Elektronik benötigt. Die neuen Michelin-Pneus erhielten bisher geteiltes Feedback von allen Seiten und die Einheits-ECU kam bisher nur bei den Kundenteams gut weg. Hier wird auch Ducati viel Arbeit leisten müssen, um das Maximum aus beiden Komponenten herausholen zu können. Nicht zu vergessen die grundsätzlichen Eigenheiten der Desmosedici, an denen die meisten auf dem Weg zum Sieg bisher gescheitert sind.

Doch die für Zuschauer und Fans wichtigste Frage des Jahres 2016 bezüglich Ducati dreht sich wohl um den Neuzugang in diesem Jahr. Wird Casey Stoner 2016 einen Wildcard-Einsatz bestreiten? Die Spekulationen diesbezüglich häufen sich, aber vom Meister selbst kamen bisher keine positiven Resonanzen. Stoners Interesse liege ausschließlich darin, Ducati wo es geht, zu helfen. Auf eine Rückkehr in die MotoGP habe Stoner keine Lust. Fraglich dann nur, warum er sich bei den Sepang-Tests wieder mit den Konkurrenten auf die Strecke begab, anstatt die Testfahrten wie ursprünglich geplant privat zu beenden. Man darf sicherlich gespannt sein, was Stoner 2016 für die Fans bereithält.

Die Kunden: Pramac, Avintia & Aspar

Nachdem man neben den Kundenteams Pramac und Avintia nun auch die Motoren für Aspar stellt, ist Ducati offiziell das meistvertretene Werk in der MotoGP. Ganze acht Bikes stellt Ducati, Honda hingegen nur fünf und Yamaha vier. Bei Pramac sieht die Zukunft am Vielversprechendsten aus. Petrucci zeigte mit seinem zweiten Rang in Silverstone bereits in der letzten Saison, zu welchen Leistungen er fähig ist. Auch bei den Testfahrten schlug sich der Italiener bestens. Am ersten Testtag auf Phillip Island stoppte Petrucci mit einer 1:31.764 die Tagesbestzeit. Neuzugang Scott Redding zeigte ebenfalls deutlich, dass ihm die Ducati wesentlich besser liegt als die Satelliten-Honda aus dem Vorjahr. Bei den Testfahrten in Katar steigerte sich Redding konstant, fuhr von der fünften Position am ersten Testtag vor auf die vierte und wurde am Ende sogar Zweiter hinter Weltmeister Jorge Lorenzo.

An der neuen Desmo GP16 sind die Winglets ins Design integriert, Foto: Ducati
An der neuen Desmo GP16 sind die Winglets ins Design integriert, Foto: Ducati

Für Avintia könnte es ebenfalls schlechter laufen, mit Hector Barbera gewann man 2015 die Open-Kategorie, Loris Baz schaffte es bei den Katar-Tests immerhin an jedem Tag in die Top-15 und hätte damit im Rennen jedes Mal gepunktet. Anders sieht es für Aspar aus. Das Team war schon zu Honda-Zeiten ein Sorgenkind und auch mit Ducati-Unterstützung sieht es nicht viel besser aus. Über einen 17. Rang kam Eugene Laverty in Katar nicht hinaus, Neuling Yonny Hernandez verpasste an Tag drei knapp die Top-10. Hier liegt noch viel Arbeit vor dem Team, um alles Potenzial aus dem Material aus Borgo Panigale herauszuholen.

Prognose für 2016

Motorsport-Magazin.com meint: Für Ducati soll es ein Jahr des Aufbruches werden. Letztes Jahr hat man es immerhin neun Mal aufs Podium geschafft, einmal davon sogar mit dem Kundenteam Pramac. Jetzt soll endlich der Sieg her. Die Chancen für das Werk aus Borgo Panigale könnten schlechter stehen. Mit Casey Stoner hat man einen Testfahrer von ganz großem Kaliber an der Seite, Iannone und Dovizioso schlagen sich auf der neuen Desmosedici bisher gut und auch Danilo Petrucci hat während der Testfahrten bereits gezeigt, zu was er mit dem Vorjahres-Modell fähig ist. Mit viel Anstrengung seitens der Piloten und einer Prise Glück sehen wir den ersten Ducati-Sieg vielleicht sogar schon in Katar. (Sophie Riga)