Vor einem Jahr war Aston Martin beim Saisonauftakt in Bahrain das große Gesprächsthema im Formel-1-Paddock. Altmeister Fernando Alonso war über den Winter zum Team gestoßen und gleich mit einem Podestplatz gestartet - nachdem Aston Martin die Saison 2022 noch auf dem siebten Platz der Konstrukteurs-WM abgeschlossen hatte. 2024 erlebte Team Silverstone hingegen ein unauffälliges Rennen. Abgeschlagen von der Spitze beendeten Fernando Alonso und Lance Stroll den Bahrain-GP auf den Plätzen neun und zehn.

Auf den achtplatzierten McLaren von Oscar Piastri fehlten Alonso mehr als 18 Sekunden. Von den Teams in der unteren Hälfte der Hackordnung wurde Aston Martin nicht unter Druck gesetzt. "Wir waren mitten im Niemandsland", stellte Alonso fest. Bereits nach Platz sechs im Qualifying hatte Alonso gemahnt, dass Aston Martin ein einsames Rennen bevorstehen könne. Daran konnte auch die Aston-Strategie nichts ändern, bei der Alonsos zweiter Stopp in der Hoffnung auf ein Safety-Car lange hinausgezögert wurde.

Aston Martin-Pilot Fernando Alonso im McLaren-Sandwich von Lando Norris und Oscar Piastri
Zu Rennbeginn fand sich Alonso im McLaren-Sandwich wieder, Foto: LAT Images

Alonso: Rennen keine Enttäuschung, Qualifying außergewöhnlich

Das Ausmaß des Abstands auf die Spitze dürfte den ein oder anderen Beobachter dennoch überrascht haben. Auch Aston-Martin-Teamchef Mike Krack zeigte sich nach Rennende enttäuscht: "Im Hinblick auf die Pace hatten wir ein bisschen mehr erwartet - und näher dran zu sein (an der Spitze; d. Red.)." Lance Stroll schlug in die selbe Kerbe: "Wir waren hier letztes Jahr auf dem Podium und sind jetzt die Fünftschnellsten. Wir haben also etwas Arbeit vor uns."

Fernando Alonso selbst sah in dem Ergebnis keine Enttäuschung, sondern lobte die eigene Qualifying-Performance: "Das Rennen war normal. Außergewöhnlich war die Runde gestern (im Qualifying; d. Red.)." Grundsätzlich sieht der Spanier beim Kräfteverhältnis an der Spitze kaum Veränderungen zum Abu-Dhabi-GP im November.

Aston Martin-Fahrer Fernando Alonso im Paddock
Hofft auf eine bessere Entwicklung als 2023: Fernando Alonso, Foto: LAT Images

Aston Martin im Entwicklungsrennen: Vorbild McLaren

Ein schlechtes Omen für die neue Saison müsse das aber nicht sein - im Gegenteil: "Letztes Jahr sind wir mit einer starken Basis gestartet, aber waren nicht stark genug, um beim Entwicklungstempo mit den anderen Teams mitzuhalten", so Alonso. In diesem Jahr will Aston Martin sein Auto so konzipiert haben, dass im Vergleich zum Vorjahr mehr Entwicklungsspielraum bleibt.

Dafür hat sich das Traditionsteam beim Entwicklungstempo ambitionierte Ziele mit einem prominenten Vorbild gesetzt: McLaren in der Saison 2023. Das Team aus Woking hatte die Saison katastrophal begonnen und sich mit signifikanten Updates in Österreich und Singapur an die Spitze vorgearbeitet. Oscar Piastri gewann im Oktober sogar den Sprint in Katar. Ein ähnlicher Schritt soll nun Aston Martin im Saisonverlauf 2024 nach vorne katapultieren.

Stroll rettet mit Undercut-Strategie letzten Punkt

Abgesehen vom grundsätzlichen Performance-Defizit kann die Platzierung in den Punkten mit beiden Fahrern durchaus als Erfolg betrachtet werden. Denn der von Platz zwölf gestartete Lance Stroll wurde in der ersten Kurve von Nico Hülkenberg gedreht und fand sich am Ende der ersten Runde auf der 19. Position wieder. Dennoch gelang Stroll strategisch der Sprung auf die letzte Punkteposition.

Startunfall mit Aston Martin-Pilot Lance Stroll
Kollision: Lance Stroll wurde in der ersten Runde bis auf P19 durchgereicht, Foto: LAT Images

In beiden Boxenstopp-Phasen holte sich der Kanadier als einer der ersten Fahrer frische Pneus ab und konnte so über einen Undercut Positionen gutmachen. "In diesen Situationen hast du keine große Wahl. Du bist am Ende des Feldes und um dich dann wieder nach vorne zu kämpfen, musst du das Auto aus dem Verkehr nehmen", erklärte Krack.

Um diese Strategie zum Erfolg zu führen, war jedoch einiges an Reifenmanagement auf Seiten Strolls gefragt. Der 25-Jährige spulte 30 Runden auf dem harten Reifen ab - so viele wie kein anderer Fahrer. Ein weiterer Stopp hätte ihn mit Sicherheit die Punkteplatzierung gekostet. Dementsprechendes Lob handelte sich Stroll von seinem Teamchef ein: "Andere Autos sind schon nach weniger Runden (auf dem gleichen Reifensatz; d. Red.) gestorben, also war er wirklich stark."

Aston Martin in Saudi-Arabien konkurrenzfähiger?

Zugleich wirft die erfolgreiche Strategie bei Stroll die Frage auf, ob Aston Martin das Rennen bei Alonso zu konservativ anging. "Bei Lance hatten wir nicht viele Möglichkeiten, Reifen zu sparen, sondern es war einfach Attacke. Wir haben gesehen, dass die Reifen recht gut hielten. Wir müssen uns deshalb die Frage stellen: Hätten wir aggressiver sein sollen", so Krack.

Im Hinblick auf den Saudi-Arabien GP in einer Woche, zeigte sich Alonso mit Verweis auf das Vorjahr optimistisch. Damals konnte der Asturier beim Auftaktrennen den dritten Platz erst nach einem Defekt von Charles Leclercs Ferrari ergattern. In Saudi-Arabien konnte Alonso nach einem engen Kampf mit Mercedes hingegen aus eigener Kraft aufs Podest fahren. Einziger Haken an Alonsos Argumentation: 2023 konnte er schon in Bahrain beide Mercedes' und Carlos Sainz im zweiten Ferrari aus eigener Kraft schlagen. Davon war Aston Martin zum Auftakt 2024 meilenweit entfernt.