Das große Spektakel-Wochenende der Formel 1 in Las Vegas liegt hinter uns. Das Comeback in die schillernde Glückspielstadt startete desaströs, entwickelte sich zum Ende allerdings zu einem wahren Highlight. Wer bei der Premiere auf dem Las Vegas Strip Circuit überzeugen konnte und wer als Verlierer in den Flieger für das Saisonfinale nach Abu Dhabi steigt.

Gewinner: Die Zuschauer

Der Große Preis von Las Vegas war vielen eingefleischten Fans bereits ein Dorn im Auge, bevor in Nevada auch nur eine einzige Meile gefahren wurde. Die Kritik: Das nächste langweilige Kommerz-Rennen der Formel 1 in den Vereinigten Staaten à la Miami GP. Selbst Max Verstappen hielt sich bei der Kritik an Las Vegas nicht zurück. Doch wer in der Lage war das Rennen aus rein sportlicher Perspektive zu betrachten und die zweifelsohne fragwürdigen Show-Einlagen auszublenden, der kam in den Genuss eines der besten, vielleicht sogar des besten Rennens in dieser Saison.

Safety Cars, ein spannender Kampf um den Sieg mit mehreren Führungswechseln, sowie ein sehenswertes Leclerc-Überholmanöver in der letzten Runde des Rennens für den zweiten Platz. Wem die Show abseits der Strecke zu viel war, dem wurde mindestens das gleiche Maß an Unterhaltung auf der Strecke geboten. Das gab am Ende auch Verstappen zu, der sich in seiner Euphorie sogar zu einer Viva-Las-Vegas-Gesangseinlage hinreißen ließ.

Verlierer: Ferrari

Dass Ferrari als Verlierer aufgelistet ist, hat ausnahmsweise nichts mit einem Fehler des Teams zu tun. Die Scuderia hat sich an diesem Wochenende nichts zu Schulden kommen lassen und dennoch enorm viel verloren. Erstens den Sieg im Rennen. Den hätte der SF-23 in Kombination mit einem tadellosen Leclerc an diesem Wochenende zweifelsfrei hergegeben. Doch ein Safety Car in Runde 26 wendete das Blatt zu Gunsten von Verstappen und der Monegasse musste sich mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Der zweite Verlust ist monetärer Natur. Ferrari musste nach dem unverschuldeten Gulli-Fiasko aus dem 1. Training beinahe den kompletten Boliden von Carlos Sainz austauschen. "Das wird uns ein Vermögen kosten!", wetterte Teamchef Frederic Vasseur. Die 10-Platz-Strafe für den Spanier war da nur die Spitze des Eisbergs.

Gewinner: Sergio Perez

Sergio Perez zieht sich am Ende seiner oftmals haarsträubenden zweiten Saison bei Red Bull so langsam, aber sicher aus seinem Formtief heraus. Um Siege fährt der Mexikaner zwar immer noch nicht, doch immerhin konnte Red Bulls Nummer 2 in Las Vegas das öffentlich ausgesprochene Minimalziel erreichen: Den zweiten Platz in der Fahrer-WM. Mit nur einem verbleibenden Rennen kann Lewis Hamilton den Punkterückstand rechnerisch nicht mehr aufholen. Damit holt Red Bull das erste Mal in seiner Team-Geschichte die ersten beiden Plätze in der Fahrer-WM. Ein starkes Argument zu Gunsten von Perez, dessen Cockpit in der nächsten Saison weiterhin heiß begehrt ist.

Red Bull-Fahrer Sergio Perez feiert Platz 3 auf dem Podium
Sergio Perez zurück auf dem Podium, Foto: LAT Images

Verlierer: Mercedes

Wer bei Mercedes nach diesem Wochenende nach einem Erfolgserlebnis sucht, der sucht vergeblich. Nach einem enttäuschenden Qualifying schien der W14 im Rennen durchaus konkurrenzfähig zu sein, doch beide Silberpfeil-Piloten machten sich das Leben selbst schwer. Lewis Hamilton schlitzte sich in Kurve 11 nach einem Zweikampf mit Oscar Piastri den Reifen auf und musste fast eine komplette Runde auf drei Rädern zurücklegen. George Russell übersah in der gleichen Kurve einen heranrauschenden Max Verstappen und knallte dem Weltmeister die Türe zu. Die daraus resultierende 5-Sekunden-Strafe warf den 25-Jährigen nach dem Rennen bis auf Platz 7 zurück.

Die Pleite in Las Vegas sorgt dafür, dass Mercedes vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi ernsthaft um den zweiten Platz in der WM zittern muss. Ferrari hat, trotz Strafe von Carlos Sainz, den Vorsprung auf vier Punkte reduzieren können. Nicht auszumalen, wie es stehen würde, hätte sich im FP1 nicht der Wasserventildeckel gelöst.

Gewinner: Lance Stroll & Esteban Ocon

Von P19 gestartet, auf P5 ins Ziel gekommen. Lance Stroll hat in Las Vegas den größten Positions-Sprung gemacht. Dass er gleich zwei Safety-Car-Phasen für einen Reifenwechsel ausnutzen konnte, darf natürlich nicht unerwähnt bleiben. Aber während sich sein routinierter Teamkollege in Kurve 1 komplett überschätzte und damit selbst ein Bein stellte, hielt sich der Kanadier aus dem größten Chaos heraus und holte für Aston Martin die Kohlen aus dem Feuer. Es ist das erste Mal in seiner Formel-1-Karriere, dass Stroll zwei Rennen in Folge innerhalb der Top-5 abschließen konnte. Zum Ende der Saison scheint der Aston-Martin-Fahrer seine Form wieder zu finden.

Den zweitgrößten Sprung machte Stroll-Kumpel Esteban Ocon. Von Platz 16 gestartet ging es für den Franzosen vor bis auf den vierten Platz. Auch der Alpine-Pilot konnte dem Start-Chaos aus dem Weg gehen und auf einen Schlag mehrere Positionen gutmachen. Mit gutem Reifenmanagement und einer optimal ausgeführten Strategie arbeitete sich der 27-jährige daraufhin Stück für Stück nach vorne. Nach einem kurzen Rad-an-Rad-Duell mit seinem Teamkollegen Pierre Gasly, mit dem Ocon kurzen Prozess machte, brachte er die für Alpine unerwarteten 12 Punkte souverän ins Ziel.

Verlierer: Pierre Gasly

Auf der anderen Seite der Alpine-Medallie steht Ocons Teamkollege Pierre Gasly. Auf eine herausragende Qualifying-Leistung folgte im Rennen eine herbe Enttäuschung. Der Franzose lag zwischendurch sogar auf Podest-Kurs, doch Gasly bekam das 'Graining' mit seinem A523 deutlich schlechter in den Griff als sein Teamkollege. Nach einem kurzen Zweikampf mit Ocon wurde Gasly innerhalb weniger Runden regelrecht durchgereicht. Am Ende kam er auf Platz 11 ins Ziel und verpasste damit die Punkteränge.