"Wir sind realistisch. Wir wissen, dass andere Autos eine bessere Rennpace haben. Wir werden wohl etwas zurückfallen, aber mit beiden Autos in die Punkte zu Fahren ist das klare Ziel", sagte Williams-Teamchef James Vowles noch nach dem Qualifying von Las Vegas. Seine beiden Fahrer hatten soeben das beste Quali-Ergebnis der Saison eingefahren und ihre Boliden für das Rennen auf die dritte Startreihe gestellt.

Im Rennen schmierte der britische Traditionsrennstall allerdings komplett ab. Am Ende der 50 Runden auf dem neuen Las Vegas Strip Circuit kam Alexander Albon auf Platz 12 ins Ziel, Logan Sargeant wurde sogar bis auf den vorletzten Platz durchgereicht. Die Zielsetzung des Teamchefs wurde dadurch klar verfehlt. Doch was waren die Gründe für den Williams-Absturz?

Williams: Safety-Car-Pech und Reifenprobleme

Das Rennen ging für Williams vielversprechend los. Beide Piloten konnten dem Start-Chaos in Kurve 1 aus dem Weg gehen und ihre Positionen fünf und sechs halten. "Das war das Ziel nach der ersten Runde", freute sich Logan Sargeant. Während sich der Rest des Feldes mit dem mangelhaften Grip auf dem frisch verlegten Asphalt herumschlagen musste, bekam Williams seine Reifen schnell in ihr Arbeitsfenster. "In Runde 1 und beim Restart vom Safety Car hatte ich mehr Grip als alle anderen. Das ist gut für eine Runde, aber du weißt auch, dass deine Reifen später heißer sein werden als die der anderen", ahnte Albon das blühende Unheil allerdings bereits voraus.

Bereits nach wenigen Runden wurde dem Team klar, dass der FW45 das Tempo der Konkurrenz nicht mitgehen kann. "Im ersten Stint auf den Medium-Reifen haben wir den Rest nur aufgehalten", gestand Vowles. "Wir hatten einfach Schwierigkeiten die Reifen am Leben zu halten. Unser Vorteil im Qualifying war, dass der Rest Probleme hatte, die Temperatur in den Reifen zu bekommen. Aber nach 20 Runden sind deren Reifen da, und unsere sind heiß", erklärte er nach dem Rennen auf F1TV.

Williams wählte daraufhin seine in dieser Saison beinahe schon patentierte Strategie und holte seine Piloten in Runde 15 und 16 bereits sehr früh zum Reifenwechsel. "Der Plan war, mit den harten Reifen bis zum Ende durchzufahren", erklärte Sargeant. Williams hoffte, mit dem bekannten Top-Speed-Vorteil die Konkurrenz wie so oft in dieser Saison hinter sich halten zu können, um vielleicht doch noch in die Punkte zu kommen. Doch das Safety Car in Runde 27 machte dem Plan einen Strich durch die Rechnung.

Der Williams von Alexander Albon nach Reifenschaden in der Boxengasse
Williams-Speziallackierung für Las Vegas, Foto: LAT Images

"Wir waren in keiner schlechten Position, bis das zweite Safety Car kam. Das hat jede Chance, die wir hatten, ruiniert", stellte Sargeant fest. Albon eränzte: "Die Fahrer vor uns hatten dadurch einen freien Boxenstopp, die hinter uns haben dasselbe getan. Danach habe ich nur gegen Fahrer mit neuen Reifen gekämpft." Williams entschied sich angesichts der guten Position auf der Strecke keine neuen Reifen anzuschrauben und den ursprünglichen Plan durchzuziehen. Doch auf den deutlich älteren Reifen in Kombination mit dem hohen Verschleiß waren Albon und Sargeant chancenlos. In einem beinahe verzweifelten Versuch sich zu Verteidigen, verbremste sich Alex Albon zehn Runden vor Schluss in Kurve 5, womit beide Fahrer endgültig aus den Punkterängen herausfielen.

Kampf um Platz 7: Williams weiterhin Favorit

Auch wenn durch die verpasste Punktechance Williams jeden Grund für enttäuschte Gesichter gehabt hätte, zeigte sich das Team nach dem Rennen nicht allzu deprimiert. Das Team nahm einige positive Aspekte aus Las Vegas mit - hauptsächlich im Hinblick auf die Gesamtwertung. "Wir sind weiterhin vor unseren direkten Konkurrenten in der WM. So schlecht es heute war, Alfa Romeo, AlphaTauri und Haas waren noch immer hinter uns", sprach Vowles. "Keiner unserer Rivalen hat heute Punkte gesammelt, das ist wichtig", fügte sein Schützling Alex Albon hinzu.

Williams reist trotz der Las-Vegas-Nullnummer mit sieben Punkten Vorsprung vor AlphaTauri zum Saisonfinale nach Abu Dhabi. Das Red-Bull-Schwesterteam schien nach den Rennen in Mexiko und Brasilien noch einmal ein ernsthafter Konkurrent im Kampf um Platz 7 zu werden, doch in Las Vegas sah das Team rund um Daniel Ricciardo und Yuki Tsunoda im Kampf um die Punkte kein Land. Dass AlphaTauri in Abu Dhabi die acht benötigten Punkte einfahren wird gilt, vorsichtig gesagt, als sehr unwahrscheinlich.