Wie immer hatte das Formel-1-Rennen in Brasilien vieles zu bieten, diesmal sogar ohne Mithilfe des Regens, der die Strecke nur am Freitag traf. Eine Startkollision, Ausfälle und ein packendes Duell ließen vergessen, dass vorne wieder einmal einer unantastbar war. Wer Sao Paulo glücklich verlässt und wer das Wochenende am liebsten sofort vergessen möchte.

Gewinner: Aston Martin

Die grünen Renner aus Silverstone waren vor Interlagos im freien Fall. Gerade einmal 21 Punkte wurden in den letzten sechs Rennen gesammelt. Nun waren es satte 25 an einem Wochenende. Wie Phoenix aus der Asche funktionierte der AMR23 auf einmal wieder. Fernando Alonso sicherte sich sensationell das erste Podest seit Zandvoort in einem starken Zweikampf mit Sergio Perez. Doch nicht nur das: Auch Lance Stroll gelang mit Rang Fünf ein Befreiungsschlag. Im Qualifying hatte der Kanadier sogar mit dem dritten Startplatz aufgetrumpft. Auch wenn trotzdem ein Punkt auf McLaren und WM-Rang vier verloren ging, so hat die Truppe von Mike Krack dieses Wochenende dringend gebraucht. Nun muss Aston Martin aber auch verstehen, warum es wieder gut lief.

Verlierer: Mercedes

Das komplette Gegenteil zu Aston Martin lieferte Mercedes. Die Silberpfeile waren zuletzt zweimal die ersten Verfolger von Max Verstappen gewesen, auch wenn Lewis Hamilton in Austin disqualifiziert wurde. Dazu hatten sie im Vorjahr in Brasilien Sprint und Rennen durch George Russell für sich entschieden. Bessere Vorzeichen konnte es eigentlich nicht geben, aber es kam anders. Der W14 wurde mit viel Abtrieb ausgestattet. Dadurch wurde er auf den Geraden langsamer, aber in den Kurven nicht schneller. Statt die Reifen durch weniger Rutschbewegungen zu schonen, bauten sie bei Mercedes im Spitzenfeld am schnellsten ab. Dazu musste George Russell mit Hitzeproblemen abstellen. Hamilton rettete irgendwie Rang Acht ins Ziel. Toto Wolff sprach vom schlechtesten Wochenende in seiner Mercedes-Zeit. Doch wie kam es dazu? Ein Grund könnte die Disqualifikation von Austin sein. Aus Angst vor einem erneuten bösen Erwachen durch zu hohen Unterbodenverschleiß fuhr Mercedes hoch, und verschenkte so etwas Performance.

Gewinner: Yuki Tsunoda

In Mexiko schmiss der Japaner mit seinem ungeduldigen Manöver gegen Oscar Piastri sichere Punkte weg. In Brasilien machte er es trotz eines Fehlers im Grand Prix, als er in Kurve 11 ausritt, deutlich besser. Der sechste Rang im Sprint war so etwas wie eine Sensation. Im Rennen musste er sich nach einem schwachen Qualifying nach vorne kämpfen, aber auch das gelang. Platz 9 von Startplatz 16 aus konnte sich sehen lassen, auch wenn er dabei vom Defektteufel Ferraris und der Startkollision profitierte. Trotz des Mexiko-Fehlers hat Tsunoda damit 10 Punkte in den letzten drei Rennwochenenden gesammelt. Damit dürfte er die Diskussionen um seine Zukunft erst einmal beendet haben, zumal Teamkollege Daniel Ricciardo in Brasilien nach seinem starken Mexiko-Auftritt ein Wochenende zum Vergessen erlebte.

Verlierer: Charles Leclerc & Ferrari

Der Monegasse erlitt mit seinem Nicht-Start in Brasilien den Höhepunkt seiner Seuchensaison 2023. Sein Ferrari drehte sich mit Defekt schon in der Aufwärmrunde ins Aus. Die gute Ausgangslage mit Startplatz Zwei war dahin. Ausfall in Bahrain, Motorenstrafe in Saudi-Arabien, Disqualifikation in Austin und nun konnte er sich nicht einmal in die Startaufstellung einreihen. "Warum habe ich so ein verdammtes Pech?", wollte Leclerc wissen. Beantworten können wir ihm diese Frage leider auch nicht. Ferrari konnte so aber kaum von der Mercedes-Schwäche profitieren und holte in Sprint und Rennen nur zwei Punkte auf.

Gewinner: Max Verstappen & Lando Norris

Hinter diesen beiden ging die Action ab und so sahen wir sie nicht viel im TV-Bild, aber dennoch sind Max Verstappen und Lando Norris natürlich Gewinner des Wochenendes. Für den Weltmeister ist das Siegen mittlerweile schon fast so etwas wie Routine. Seine Dominanz war nur mit der Niederlage im Sprint-Shootout nicht ganz perfekt. Diese fügte ihm Norris zu, der als einziger annähernd mit dem Red-Bull-Piloten mithalten konnte. In den letzten sechs Rennen stand der Brite im McLaren nun fünfmal auf dem Podest, davon viermal als Zweiter. In Brasilien distanzierte er den drittplatzierten Fernando Alonso um satte 26 Sekunden. Der erste Sieg für Norris wäre längst überfällig, wenn es da nicht seinen Freund Verstappen gäbe.

Verlierer: Oscar Piastri

Dem Super-Rookie geht im Saisonendspurt etwas die Puste aus. Aus den drei letzten Wochenenden nahm er trotz zweier zusätzlicher Punktemöglichkeiten im Sprint nur 4 Zähler mit. Zum Vergleich: Teamkollege Norris fuhr 59 Punkte ein. Drei ihm unbekannte Strecken, zwei davon mit nur einem Training, machten das Leben im MCL60 wohl auch nicht leichter. In Brasilien kam nach schwacher Darbietung am Samstag auch noch Pech am Sonntag hinzu, als er unverschuldet in die Startkollision verwickelt wurde und von da an eine Runde Rückstand mit sich herumschleppte. An seinem herausragenden Potential gibt es weiterhin keinen Zweifel, aber der 22-Jährige muss gerade lernen, dass es in der Formel 1 nicht immer nur steil nach oben gehen kann.