Lance Stroll wurde von Aston Martin auch für die Saison 2024 bestätigt. Der Sohn von Teambesitzer Lawrence Stroll geht 2023 im Duell mit Fernando Alonso komplett unter. 183 zu 47 Punkten lautet aktuell die vernichtende Bilanz des Kanadiers gegen den zweifachen Weltmeister aus Spanien. Angesichts von Strolls aktueller Pleitenserie von fünf Rennen ohne Punkten könnte dies bis zum Saisonende sogar noch schlimmer aussehen. Wir stellen uns daher die Frage: Ist nicht langsam der Zeitpunkt gekommen, an dem selbst der Vater ein Einsehen haben muss? Was dafür und was dagegenspricht.

Pro: Aston Martin braucht eine fahrerische Perspektive

Auch wenn Aston Martin zuletzt etwas schwächelte, so sind die Ambitionen des Teams aus Silverstone klar. Eine hochmoderne Fabrik wurde gebaut, der Windkanal wird bald folgen. Hochklassige Techniker wurden vor allem von Red Bull abgeworben und ab 2026 wird F1-Gigant Honda als Motorenpartner einsteigen. Bei Aston Martin ist alles auf die Zukunft ausgerichtet, doch ein entscheidender Bestandteil eines Formel-1-Rennstalls will dazu einfach nicht passen: Die Fahrer.

Fernando Alonso ist der gefragte Mann bei Aston Martin, Foto: LAT Images
Fernando Alonso ist der gefragte Mann bei Aston Martin, Foto: LAT Images

Fernando Alonso ist fahrerisch über alle Zweifel erhaben, aber bereits 42 Jahre alt. Wie lange wird er noch fahren? Das Team braucht einen Leader für die Zukunft und genau jener Alonso meinte, dass dies die Aufgabe Lance Strolls werden soll. Jeder weiß, warum der Spanier solche Aussagen tätigt, ist der Kanadier doch der Sohn seines Chefs. Rein sportlich hat Lance Stroll mit der Führungsrolle in einem ambitionierten Team aber rein gar nichts zu tun.

Zunächst holte Sergio Perez die Kohlen aus dem Feuer, dann war es Sebastian Vettel und nun deklassiert Alonso den 24-Jährigen noch deutlicher. Stroll fährt seine siebte Formel-1-Saison, welche Steigerung soll da noch kommen? Seine eklatante Quali-Schwäche hat er nie in den Griff bekommen. Im Rennen ist er etwas konkurrenzfähiger, aber oft zahnlos. Nur im Regen blitz hin und wieder sein durchaus vorhandenes Talent auf, ansonsten wirkt er zumeist lustlos oder genervt.

Lance Stroll nach dem Qualifying von Katar.
Lance Stroll holte 2023 bisher nur 47 Punkte, Foto: LAT Images

Es gibt nur einen Stroll mit Ambitionen in der Formel 1, und der heißt Lawrence. In jedem Punkt strebt er nach der Aufrüstung seines Teams und irgendwann muss dies auch bei den Fahrern erfolgen. Für die nächste Saison ist Lance noch dabei, aber nach 2024 laufen einige Verträge guter Piloten, wie etwa der Ferrari-Jungs, aus. Aston Martin muss hier den Hut in den Ring werfen, denn wie wichtig zwei gute Fahrer sind, zeigt die sich anbahnende Niederlage gegen McLaren in der Konstrukteurs-WM gnadenlos auf.

Tobias Mühlbauer

Contra: Nur Stroll kann Stroll rauswerfen

Seit Jahren diskutieren wir über Lance Stroll, seit Jahren mit demselben Ergebnis: Ja, er ist keine Offenbarung und ja, ohne das gute alte Geld und Papa Lawrence Stroll wäre seine derzeitige Formel-1-Karriere wohl deutlich schwieriger zu bewerkstelligen gewesen - falls es überhaupt eine geben würde. Fest steht: Bislang gefährdeten seine Leistungen noch nie ernsthaft sein F1-Cockpit und es gibt keine Anzeichen, warum sich das jetzt plötzlich ändern sollte.

Grundlegende Kritik aus Aston-Martin-Reihen vernimmt man auch angesichts seiner anhaltenden Misere nicht und das, obwohl Stroll laut eigener Aussage schon seit dem Österreich-GP kein gutes Gefühl mehr im Auto hatte. Ein Ende des Negativ-Strudels ist nicht absehbar. Teamchef Mike Krack stärkte ihm mehrmals den Rücken.

Lawrence Stroll hält die schützende Hand über seinem Sohn Lance, Foto: LAT Images
Lawrence Stroll hält die schützende Hand über seinem Sohn Lance, Foto: LAT Images

Vor dem Monza-Wochenende führte er Strolls schlechtes Abschneiden in dieser Saison vor allem auf Pech zurück und bestätigte, dass der Kanadier auch 2024 bei Aston Martin fahren wird. In Katar verzieh der Luxemburger ihm ohne viel Aufregung den Schubser gegen seinen Personal-Trainer. Kernaussage: Emotionen sind Teil der adrenalingeladenen Formel 1.

Nichts von alledem deutet darauf hin, dass der Sohn des Teambesitzers in Silverstone bald seine Koffer packen müsste. Attraktive Alternativen sind auf dem ausgetrockneten Fahrermarkt im Moment zudem sehr rar gesät. Ob der ehemalige Formel-3-Champion auch nach der Ankunft von Honda 2026 noch unangefochten im Sattel sitzen wird, ist ein anderes Thema. Aber bis dahin kann sich Stroll bei Aston Martin eigentlich nur selbst rauswerfen, nämlich falls Lance oder Lawrence eines Tages die Lust auf die Königsklasse vergeht.

Florian Niedermair