Einer der Klassiker der Formel 1 steht an. Der Belgien-GP auf der Ardennen-Achterbahn von Spa-Francorchamps gehört zu den absoluten Favoriten unter Fahrern und Fans. Legendäre Kurven wie Eau-Rouge, Blanchimont oder Pouhon werden wieder mit Highspeed durchfahren. Themen gibt es für das Wochenende zur Genüge. Erstmals wird ein Sprint in Belgien ausgetragen und das Spa-typische Wetter hat sich auch bereits angekündigt. Dazu geht es bei vielen Teams heiß her. Fährt McLaren erneut auf das Podest? Gelingt Alpine ein Befreiungsschlag aus der Krise? Die Brennpunkte in Belgien.

Brennpunkt 1: Erster Sprint in Spa

Nach Baku und Spielberg steht in Belgien das dritte Sprint-Wochenende des Jahres an. Seit Einführung der Kurzrennen in der Saison 2021 ist es das erste Mal, dass auf der Kultstrecke in den Ardennen gesprintet wird. Die Startphase in Belgien ist besonders spannend, da sie sich nach La Source durch den langen Weg hinauf über Eau-Rouge und die Kemmel-Gerade bis zu Le Combes zieht. Die Fans werden das Start-Spektakel inklusive Windschattenschlacht an diesem Wochenende also gleich zweimal erleben dürfen.

Dank des Sprints wird es gleich zwei Starthatzen auf der Kemmel-Geraden geben, Foto: LAT Images
Dank des Sprints wird es gleich zwei Starthatzen auf der Kemmel-Geraden geben, Foto: LAT Images

Spannend macht es auch der Fakt, dass es nur ein freies Training geben wird. In Spa muss aufgrund der Kompression in Eau Rouge mit etwas mehr Bodenfreiheit gefahren werden. In den Sektoren 1 und 3 zählt Topspeed, in Sektor 2 hingegen Abtrieb. Hier den richtigen Kompromiss zu finden, ist die große Kunst. Diesen in nur einem Training zu finden, dürfte noch schwieriger als sonst werden. Überraschungen sind also nicht ausgeschlossen.

Brennpunkt 2: Das typische Spa-Wetter droht

Auf der einen Seite der Strecke ist es trocken, auf der anderen regnet es. Was sich woanders absurd anhört, ist in Spa häufig Realität und bringt Würze in die Königsklasse. Auch für dieses Wochenende ist wieder einmal Regen in den Ardennen vorhergesagt. An allen drei Tagen kann es mit teilweise hoher Wahrscheinlichkeit nass werden. Besonders der Sprint-Tag am Samstag könnte vom Wetter beeinflusst werden, aktuell gibt es sogar Gewitterwarnungen. Im Regen hat die Formel 1 mit dem neuen Reglement der Ground-Effect-Autos große Probleme mit der Sicht. Nicht umsonst wurden bereits Formel-1-Kotflügel für bessere Sich getestet. Die Fans werden sich außerdem mit Grauen an das 'Rennen' von 2021 erinnern, als nur zwei Runden hinter dem Safety-Car gefahren wurden. Es bleibt zu hoffen, dass der Regen für Spannung und nicht für erneute Abbrüche oder gar Absagen sorgt. Ein nasses Training & Qualifying am Freitag hingegen könnte den Überraschungsfaktor noch mehr Verstärken. Die Teams müssten blind ein Trockensetup finden oder auf weiteren Regen setzen.

Spielt der Regen in Spa wieder die Hauptrolle?, Foto: LAT Images
Spielt der Regen in Spa wieder die Hauptrolle?, Foto: LAT Images

Brennpunkt 3: Red Bull dominant wie nie?

Zwölf Siege in Serie und zuletzt über 30 Sekunden Vorsprung vor dem Zweitplatzierten. Eigentlich kann Red Bull kaum noch neue Superlative aufstellen, doch in Spa schwant der Konkurrenz übles. Sprach Mercedes-Boss Toto Wolff in Ungarn davon, dass Red Bull Formel 1 und der Rest Formel 2 fährt, könnte es in Belgien sogar zu einem Auftritt der Formel 3 kommen. Bereits im Vorjahr fuhr Max Verstappen die Konkurrenz trotz Startplatz 14 aufgrund einer Motorenstrafe in Grund und Boden. Die höhere Bodenfreiheit machte dem Red Bull nichts aus und er verlor in Sektor 1 und 3 keine Zeit, während der Wagen von Adrian Newey die Konkurrenz im Abtriebssektor 2 deklassierte.

Jetzt kommt Red Bull mit einem noch besseren Auto auf die Paradestrecke. Dazu dürfte das Team mehr Verständnis für das große Update-Paket aus Ungarn entwickelt haben. Alles andere als eine haushohe Überlegenheit der Bullen wäre eine große Überraschung. Der RB19 ist in keiner Disziplin schwach und damit gerade für eine Kompromissstrecke wie Spa prädestiniert. Einzig über das Format könnte Red Bull stolpern, falls sie aus dem einzigen Training mit einem schlechten Setup gehen sollten.

Brennpunkt 4: McLaren wieder zweite Kraft?

Nach dem Sensationsauftritt in Silverstone beschwörte McLaren, wie schwer doch das langsamere und von Hitze geprägte Rennen in Ungarn werden würde. Doch der Einbruch kam nicht. Lando Norris wurde wieder Zweiter und ließ alle anderen Verfolgerteams rund um Mercedes, Ferrari und Aston Martin hinter sich. Mit Spa kommt nun eine Strecke, die dem seit Österreich rundumerneuerten MCL60 sehr schmecken sollte. Zwar warnte Lando Norris erneut vor den langsamen Ecken wie La Source, doch der Großteil der Ardennen-Achterbahn ist McLaren-Territorium. Die Papayas dürfen als klarer Anwärter für die zweite Kraft gelten, zumal auch die niedrigeren Temperaturen dem Auto besser liegen sollten.

Dahinter lauern Mercedes und Ferrari. Die Schwarzpfeile waren neben McLaren zuletzt am konstantesten, landeten aber, von Lewis Hamiltons Pole-Position in Ungarn einmal abgesehen, in den letzten drei Rennen stets hinter dem Kundenteam aus Woking. Da Reifenverschleiß in Spa wohl eine weniger große Rolle als in Ungarn spielen dürfte, könnten sie ihrer großen Stärke ein wenig beraubt sein. Ferrari hingegen dürfte dies in die Karten spielen. Andererseits zeigt der SF-23 Schwächen in langgezogenen Kurven mit großen Radien. Aston Martin hingegen scheint aus dieser Verfolgergruppe herausgefallen zu sein. Ungarn hätte dem AMR23 eigentlich liegen sollen, aber es wurde mit nur drei Punkten das mit Abstand schwächste Saisonresultat. Die Truppe um Fernando Alonso ist daher aktuell etwas ratlos.

Brennpunkt 5: Alpine will mit Updates aus der Krise

Alpine ist in der Krise. Die Vorstandsstruktur wird gefühlt wöchentlich ausgetauscht. Dauerkonkurrent McLaren hat das französische Nationalteam links liegen gelassen und ist in der WM-Wertung wie ein TGV vorbeibraust. Der Renault-Motor ist zu schwach. Dazu hat das Team auf der Strecke eine Pechsträhne. In Ungarn wurden Esteban Ocon und Pierre Gasly unschuldige Opfer einer von Guanyu Zhou ausgelösten Startkarambolage. Enstone will und muss sich zurückmelden. In Belgien kommt dafür ein neuer Unterboden an den A523. Laut Teamchef Otmar Szafnauer garantiere dieser zwei Zehntel Zeitgewinn pro Runde. Ocon und Gasly werden das Update gut gebrauchen können. Auf der Power-Strecke in Spa werden Punkte nicht leicht zu holen sein.

Brennpunkt 6: Williams als Geheimtipp?

In Ungarn überraschte Williams sich selbst. Auf der eigentlichen Angstrecke verfehlte Alex Albon als Elfter die Punkte nur knapp. Nun kommt mit Spa das Kontrastprogramm. Der FW45 ist wie sein Vorgänger eine Rakete auf den Geraden und glänzt mit wenig Luftwiderstand. Albon und Teamkollege Logan Sargeant sind daher voller Vorfreude auf Highspeed in den Ardennen. Der Amerikaner wartet immer noch auf seine ersten Punkte in der Königsklasse und der Belgien-GP könnte ihm die Möglichkeit dazu liefern. Der Williams scheint ein echter Geheimtipp. Allerdings ist die Konkurrenz in der Verfolgergruppe hinter Red Bull auch breit aufgestellt. Um einen Punkt zu holen, müsste Williams mindestens drei Autos aus McLaren, Mercedes, Ferrari, Aston Martin und Alpine hinter sich halten.