Zehn Rennen, zehn Siege. Seit Abu Dhabi 2022 gewann kein anderes Team einen Grand Prix, die österreichische Hymne schon seit elf Rennen fester Bestandteil von Siegerehrungen. An Red Bull führt in der Formel-1-Saison 2023 kein Weg vorbei. Trotzdem warnt Christian Horner: Das muss 2024 nicht so weitergehen. Fehlende Testzeit und aufstrebende Teams als Risikofaktor.

Red Bull bei der Entwicklung Schlusslicht

"Unsere Weiterentwicklung läuft sehr viel moderater als die unserer Konkurrenz", verweist Christian Horner auf die wenigen Updates, die Red Bull bislang in der Formel-1-Saison 2023 gebracht hat. Im Gegensatz zu Mercedes, Ferrari oder McLaren verzichtete Red Bull auf große Update-Pakete oder B-Spezifikationen. "Wir haben einfach weniger Ressourcen zur Verfügung und müssen diese genau planen."

Red Bull gewann 2023 bisher alle Rennen, trotzdem spricht Christian Horner eine Warnung aus, Foto: LAT Images
Red Bull gewann 2023 bisher alle Rennen, trotzdem spricht Christian Horner eine Warnung aus, Foto: LAT Images

Von allen zehn Teams hatte Red Bull in der ersten Testperiode von Januar bis Juni die wenigste Zeit für Windkanal und CFD-Simulationen zur Verfügung. Beim halbjährlichen Reset Ende Juni liegt Red Bull wieder auf P1 in der Konstrukteurswertung. Das heißt: 70 Prozent der Testzeit, davon werden bis Oktober aufgrund der Budget-Cap-Strafe nochmals 10 Prozent abgezogen.

Red Bull kommt so derzeit auf einen Anteil von 63 Prozent aerodynamischer Testzeit. "Franz [Tost] hat fast doppelt so viel Zeit wie wir, das ist ein signifikanter Nachteil. Aston Martin wird das auch bald merken", so Christian Horner.

2022 noch auf P7, liegt der britische Traditionsrennstall von Lawrence Stroll nun auf P3 in der Konstrukteurswertung. Das macht 80 statt 100 Prozent aerodynamische Testzeit, und 32 statt 40 Windkanal-Läufe pro Woche. Zum Vergleich: AlphaTauri (featuring Franz Tost) hat 115 Prozent. Ferrari profitiert von ihrem schlechteren Platz in der Konstrukteurswertung und gewinnt zehn Prozent im Vergleich zur ersten Jahreshälfte.

Aerodynamische Testzeit der Formel-1-Teams: Juli bis Dezember

TeamAero-TestzeitWindkanal-Läufe pro Woche
Red Bull6325
Mercedes7030
Aston Martin8032
Ferrari8534
Alpine9036
McLaren9538
Alfa Romeo10040
Haas10542
Williams11044
AlphaTauri11546

Horner: Nur knapp einer Katastrophe entgangen

"Wir müssen sehr, sehr sparsam auswählen, was wir in den Windkanal schicken. Das wirkt sich sicher aus", berichtet der Red-Bull-Teamchef weiter. Und präsentiert gleich seine Lösung dagegen. "Das Wichtigste ist, dass wir mit einem konkurrenzfähigen Auto ins Jahr gestartet sind. Wenn wir Probleme aus dem letzten Jahr beheben hätten müssen, wäre das für uns eine Katastrophe gewesen."

Die Resultate sind das Gegenteil einer Katastrophe. "Wir hatten zum Glück eine gute und solide Basis", lobt Horner sein Team. "Für uns war es auf jeden Fall eine Erleichterung, dass wir nicht unsere ganze Zeit und Mühe darauf verwenden mussten, ein grundlegendes Problem mit dem Auto zu verstehen. Es ging nur um die Feinabstimmung."

Red Bull wundert sich über Schwäche von Ferrari und Mercedes

"Im Winter weißt du ja nicht, was du nicht weißt. Ferrari hatte im letzten Jahr ein ziemlich konkurrenzfähiges Auto, bei Mercedes sah es auch so aus, als ob sie sich am Weg nach oben befänden." Dem war nicht so: Red Bull vorneweg, während sich Mercedes, Ferrari und Aston Martin intern bekriegen und gegenseitig die Punkte wegnehmen. "Es war eher so, dass die anderen nicht den Schritt gemacht haben, den wir erwartet hatten."

Diesmal startete der RB19 die Saison etwa gleich mit Idealgewicht und ohne Zuverlässigkeits-Probleme. "Wir haben über den Winter ein paar Dinge verbessert, aber keinen revolutionären Schritt gemacht", erklärt Horner. Diesen müsste Red Bull dann im nächsten Jahr machen.

Horner: Fokus auf 2024, Hamilton-Idee Blödsinn

Ein beträchtlicher Teil des Fokus liegt deshalb bereits auf 2024. "Wir müssen die Zeit, die wir haben, gezielt einsetzten. Und ich bin mir sicher, dass alle Jungs das Gleiche sagen werden: Wir fokussieren uns bereits sehr auf das nächstjährige Auto", so der 49-Jährige.

Von einem Entwicklungs-Verbot bis Oktober, um der Red-Bull-Dominanz entgegenzuwirken, wie von Lewis Hamilton vorgeschlagen, hält der Red-Bull-Teamchef nichts. "Er spricht offensichtlich aus eigener Erfahrung", schmunzelt er. "Nein, das wäre unglaublich schwer zu kontrollieren."

"Wie in alles in der Welt soll man dann sagen: Gut, jetzt ist 1. August, los geht es! Wie verhindert man, dass die Leute schon zuvor an den Autos arbeiten, oder auch nur darüber nachdenken?", wundert sich Christian Horner. "Dafür gibt es in der Formel 1 das Handicap-System, das die Windkanalzeit reduziert." Derzeit zu Red Bulls Nachteil.

Verstappen: Red Bull muss sich noch überall verbessern

"Das Auto ist nicht viel anders als in Bahrain, und wird es auch in den nächsten Rennen nicht sein. Wir waren ziemlich sparsam und man darf das nächste Jahr nicht außer Acht lassen", warnt Horner. "Wir müssen einen weiteren Schritt machen, und die Zeit, die wir dafür aufwenden können, ist sehr begrenzt."

In Ungarn soll der RB19 aber wieder ein paar Kleinigkeiten bekommen. "Wir planen ein paar Upgrades. Hoffentlich funktionieren die gut", verrät Max Verstappen nach dem Rennen in Silverstone. Wo kann der RB19 sich noch verbessern? "Luftwiderstand, in langsamen, mittelschnellen und schnellen Kurven, Topspeed, DRS, Reifenverschleiß. Eigentlich arbeiten wir an all diesen Bereichen, da fehlt uns Performance." Nachsatz: "Das ist kein Scherz!"

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Fahrer-Tabelle

  • 1. Max Verstappen (255 Punkte)
  • 2. Sergio Perez (156 Punkte)
  • 3. Fernando Alonso (137 Punkte)
  • 4. Lewis Hamilton (121 Punkte)
  • 5. Carlos Sainz (83 Punkte)
  • 6. George Russell (82 Punkte)
  • 7. Charles Leclerc (74 Punkte)
  • 8. Lance Stroll (44 Punkte)
  • 9. Lando Norris (42 Punkte)
  • 10. Esteban Ocon (31 Punkte)
  • 11. Oscar Piastri (17 Punkte)
  • 12. Pierre Gasly (16 Punkte)
  • 13. Alexander Albon (11 Punkte)
  • 14. Nico Hülkenberg (9 Punkte)
  • 15. Valtteri Bottas (5 Punkte)
  • 16. Zhou Guanyu (4 Punkte)
  • 17. Yuki Tsunoda (2 Punkte)
  • 18. Kevin Magnussen (2 Punkte)
  • 19. Logan Sargeant (0 Punkte)
  • 20. Nyck de Vries (0 Punkte)

Formel 1 WM-Stand 2023: Die Team-Tabelle

  • 1. Red Bull (411 Punkte)
  • 2. Mercedes (203 Punkte)
  • 3. Aston Martin (181 Punkte)
  • 4. Ferrari (157 Punkte)
  • 5. McLaren (59 Punkte)
  • 6. Alpine (47 Punkte)
  • 7. Williams (11 Punkte)
  • 8. Haas (11 Punkte)
  • 9. Alfa Romeo (9 Punkte)
  • 10. AlphaTauri (2 Punkte)