"Das ist ein gutes Qualifying für uns mit beiden Autos in den Top 3", zeigte sich Ferrari-Teamchef Fred Vasseur erfreut am Mikro von Sky Deutschland nach dem Qualifying zum Österreich-GP. Dabei wäre vielleicht sogar noch etwas mehr drin gewesen: "Natürlich war es auch frustrierend bei nur 4 Hundertsteln Rückstand zu Max [Verstappen, Anm. d. Red.]" Tatsächlich verpasste Charles Leclerc seine zweite Saisonpole nur hauchdünn. Carlos Sainz rundete als Dritter den starken Wochenend-Auftakt der Scuderia in Spielberg ab. Und dennoch herrschte freitags bei Ferrari keine Euphorie, denn auf den Tag der Wahrheit muss Maranello noch warten.

"Das Wichtigste ist für uns, das jetzt am Sonntag zu bestätigen", gab Vasseur die Marschrichtung vor. Seine Fahrer gingen voll mit. "Wir sind nah an der Pole-Position, was ein gutes Zeichen ist. Aber wir alle wissen, dass unsere Schwäche das Rennen ist. Wir erwarten alle das Rennen, um zu sehen, ob wir die positiven Anzeichen aus Montreal bestätigen können", wandte Charles Leclerc schon den Blick auf Sonntag. Auch Carlos Sainz stimmte in den Sonntagskanon ein: "Wir müssen bis zum Rennen abwarten, um den richtigen Fortschritt zu sehen, denn wir wissen, dass da unsere Probleme liegen."

Im Qualifying war Ferrari 2023 schon einige Male stark unterwegs gewesen. Im Rennen geht es dann zumeist mit Reifenproblemen nach hinten. Vasseur ist sich dessen bewusst: "Sonntag ist eine ganz andere Geschichte. Es ist schwierig zu wissen, wo wir im Longrun stehen. Montreal war da zumindest ganz gut. Wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren und uns Schritt für Schritt verbessern." Besonders das Sprintformat mit nur einem Training verhinderte, dass Ferrari und auch die anderen Teams viele Erkenntnisse zu den Longruns gewinnen konnten.

Ferrari-Piloten: Sieg wie im Vorjahr sehr unwahrscheinlich

Der Kampf gegen Red Bull scheint fast ausgeschlossen. Aber im Vorjahr konnte Leclerc Verstappen schlagen und der Ferrari war am Sonntag entgegen des allgemeinen Trends schneller als der Red Bull. Gibt das Hoffnung? Auf die Nachfrage von Motorsport-Magazin.com wiegelte Leclerc ab: "Schon damals gab es sonntags Anzeichen, dass Red Bull im Rennen stärker ist. Der Unterschied war damals aber viel geringer als dieses Jahr. Es dieses Jahr ein wesentlich größeres Ausmaß. Ich wäre also sehr überrascht, wenn uns ein so gutes Rennen wie letztes Jahr gelingen würde. Wir werden alles dafür geben, aber es wäre schon eine große Überraschung, wenn wir in Sachen Pace so gut wie im Vorjahr wären."

2022 rang Leclerc Verstappen im Rennen nieder, Foto: LAT Images
2022 rang Leclerc Verstappen im Rennen nieder, Foto: LAT Images

Auch Sainz konnte sich nicht vorstellen, dass Ferrari die roten Bullen ernsthaft fordern kann: "Es stimmt, dass wir Max letztes Jahr unter Druck gesetzt haben und ihn am Ende geschlagen haben. Es ist aber ein anderes Jahr und Auto, sie sind viel stärker geworden seit damals. Ich glaube Österreich im Vorjahr war ihr letztes schwächeres Rennen. Seitdem waren sie unglaublich, also wird es sehr schwierig, gegen sie zu kämpfen."

Ferrari-Updates: Die Suche nach Konstanz

Damit dies aber vielleicht in Zukunft wieder möglich ist, arbeitet das Team in Maranello auf Hochtouren am SF-23. In Spielberg kamen ein neuer Frontflügel und ein neuer Unterboden. Sainz war dafür sehr dankbar: "Ich fühlte mich seit dem Training wohl. Das ist ein gutes Zeichen. Es sieht so aus, als kämen wir mit dem Saisonverlauf immer mehr in einen besseren Rhythmus. Das war ein gutes Qualifying und eine gute Runde. Natürlich kannst du rückblickend immer ein bisschen was finden, aber wir können als Team auf unseren Fortschritt stolz sein. Sie haben eine große Anstrengung unternommen, um ein Update hierher zu bringen, das eigentlich noch nicht fertig sein sollte. Das hat uns sicher heute geholfen."

Der Spanier konnte auch benennen, was sich verbessert hat: "In den Highspeed-Kurven bekommen wir es besser hin, da hatten wir in Barcelona große Probleme. Wir haben mehr Vertrauen und ein konstanteres Auto." Die Sehnsucht nach Konstanz hat auch Leclerc. Der Monegasse erinnert sich, dass die rote Göttin bisher mehr eine rote Diva war: "An manchen Wochenenden waren wir gut mit dem Medium-Reifen und dann hatten wir Probleme mit dem Soft oder dem Hard. Manchmal war es auch andersherum. Wir haben in diesem ersten Teil der Saison keine Konstanz hineingebracht."

Fährt Max Verstappen den Ferrari-Piloten wieder davon?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Fährt Max Verstappen den Ferrari-Piloten wieder davon?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Bevor der sehnsüchtig erwartete Tag der Antworten kommt, müssen die Ferraris aber noch den Sprintsamstag absolvieren. Kann im Sprint vielleicht schon ein Rückschluss auf den Grand Prix gezogen werden? Das Wetter spricht für Leclerc dagegen: "Morgen wird es regnen, da können wir nicht viel lernen." Sein Boss hingegen wusste nicht mehr, was er glauben soll: "Dem Wetterbericht kann ich nicht mehr vertrauen. Das werden wir morgen vor dem Qualifying [gemeint ist das Sprint-Shootout, Anm. d. Red.] sehen." Für den Freitag war auch Regen angesagt und es blieb trocken. Am Ende ist es wohl egal, wie der Sprint ausgeht. Ferrari wird ein Fazit erst nach dem Grand Prix ziehen können. Den ganzen Sprint-Tag der Formel 1 heute in Österreich gibt es hier im Liveticker.