Bei Mercedes herrschte vor dem Heimspiel beider Piloten, auch aufgrund der Streckencharakteristik in Silverstone, die Hoffnung, zu Red Bull und Ferrari aufzuschließen - oder zumindest näher an die Spitze heranzukommen. Nachdem Lewis Hamilton und George Russell im verregneten ersten Training lange Zeit die Alleinunterhalter für die zahlreichen Fans bildeten, setzte der Rekordweltmeister im sportlich relevanteren zweiten Training ein Ausrufezeichen. Der Brite war nur 16 Hundertstel langsamer als Ferrari-Pilot Carlos Sainz und belegte damit Platz zwei.

Hamilton zeigte sich trotz eines wiederkehrenden Problems zufrieden: "FP2 fühlte sich ziemlich gut an. Es gibt immer noch das Bouncing. Nicht auf den Geraden, aber durch die Kurven ist es recht stark. Es ist nicht körperlich belastend, aber für das Auto und die Reifen. Wir haben noch Arbeit vor uns, aber es fühlt sich wie ein kleiner Schritt nach vorne an." Den ganzen Qualifying-Tag der Formel 1 heute in Silverstone gibt es hier im Live-Ticker.

Bei Teamkollege George Russell reichte es nur zum achten Platz mit fast neun Zehntel Rückstand auf die Bestzeit. Bei ihm zeigte sich der W13 in den bisher typischen Eigenschaften: "Ich hatte im Vergleich zu Lewis Probleme mit wenig Sprit. Mit mehr Sprit war es definitiv vielversprechender, wenn ich es mit dem McLaren vergleiche, der auch auf den harten Reifen war."

Russell: Qualifying Flop, Rennpace Top

Der Vergleich mit dem britischen Team ist normalerweise nicht die Kragenweite des Mercedes. Für das Rennen hat sich Russell ganz andere Gegner vorgenommen. "Am Ende [der Longruns, Anm. d. Red.], als die Reifen aufgewärmt waren, waren wir sogar schneller als die Ferraris. Ihre Reifen brachen ein, aber wir sind mit jeder Runde schneller geworden", berichtete Russell.

In Silverstone sind nicht die Geraden, sondern die Kurven eine Hüpfpartie im Mercedes, Foto: LAT Images
In Silverstone sind nicht die Geraden, sondern die Kurven eine Hüpfpartie im Mercedes, Foto: LAT Images

Der junge Brite hadert mit den unterschiedlichen Gesichtern seines Boliden: "Aus irgendeinem Grund ist unsere Rennpace viel stärker als im Qualifying. Der McLaren ist sehr stark auf eine Runde, da bekommen wir die Reifen einfach nicht zum Arbeiten. Über ein Rennen hinweg haben wir sie aber in einem guten Fenster. Wir brauchen eine Balance, denn wir können nicht alles auf den Sonntag setzen."

Bei Hamilton hörte sich das jedoch überraschenderweise anders an. "Meine Longrun-Pace war nicht so gut wie die der anderen, aber wir sind auch nicht meilenweit zurück", gab der Teamleader zu Protokoll. Im Gegensatz zu seinem jüngeren Teamkollegen zog er ein positives Fazit: "Wir haben uns definitiv verbessert und ich bin mir sicher, dass wir weiter daran arbeiten können."

Fortschritt durch Updates oder die Strecke? Mercedes-Piloten im Unklaren

Ob diese Verbesserung mit der Strecke oder den neuen Teilen am Auto, unter anderem am Unterboden und am Heckflügel, zu tun hat, konnten beide Mercedes-Fahrer nicht endgültig sagen. Hamilton gab zu Protokoll: "Es ist schwer, einen Unterschied auszumachen, weil wir auf zwei komplett verschiedenen Strecken unterwegs waren. Die Strecke hier ist viel glatter und das ist für uns wesentlich besser. Es ist mehr wie in Barcelona." In Spanien hatte Hamilton die bisher beste Pace des Mercedes zeigen können.

"Das war unser bester Freitag seit ein paar Rennen", zeigte sich Andrew Shovlin für die diesjährigen Mercedes-Verhältnisse geradezu euphorisch. Es gäbe noch viel zu verbessern, aber das Auto funktioniere in Silverstone viel besser als auf den zurückliegenden Straßenkursen in Baku, Monaco und Montreal. "Es ist wirklich schwer zu beurteilen, ob die Updates genau das tun, was wir erwartet hatten, vor allem bei den windigen Bedingungen. Aber wir haben nichts Beunruhigendes gesehen, also werden wir für den Rest des Wochenendes mit dieser Spezifikation weitermachen."

George Russell hofft auf ein Regen-Qualifying, wie schon vor zwei Wochen in Kanada, Foto: LAT Images
George Russell hofft auf ein Regen-Qualifying, wie schon vor zwei Wochen in Kanada, Foto: LAT Images

Die Strecke in Silverstone bereitete dem Team aus Brackley aber auch einige zu erwartende Kopfschmerzen, wie George Russell zugab: "Wir wussten, dass es durch die schnellen Kurven eine Herausforderung wird, und das hat sich bestätigt. Durch Maggotts und Becketts hüpft das Auto herum und wir müssen das Verstehen lernen. Immerhin hüpft es nicht auf der Geraden, das ist schonmal positiv."

Aufgrund seiner Qualifying-Schwäche wünscht sich Russell daher Hilfe von oben: "Wir haben in Montreal im Regen recht gut ausgesehen, also würde ich es gerne nehmen, da unsere Qualifying-Pace im Vergleich zu unseren Konkurrenten nicht ausreicht." Sein erfahrener Teamkollege weiß jedoch um die Tücken dieser Umstände: "Das Wetter in Silverstone macht es zu etwas speziellem. Es kann in einer Hälfte des Kurses regnen und woanders ist es trocken."