Fast 100 Journalisten hatten sich in der Zoom-Pressekonferenz von Nikita Mazepin am Mittwoch eingefunden. Zur Einordnung: Ähnlich großes Interesse bei virtuellen Formel-1-Pressekonferenzen gab es bislang nur bei Lewis Hamiltons erstem Auftritt nach Abu Dhabi. Das Management von Mazepin hatte den Termin anberaumt, um nach dem Rauswurf bei Haas die Kommunikationshoheit zu gewinnen.

Mazepin begann den Pressetermin mit einem einstudierten und abgelesenen Statement. Auf die politische Situation in seiner Heimat Russland wollte er darin ausdrücklich nicht näher eingehen. Auch zahlreiche Rückfragen später verliefen im Nichts.

Vom Haas-Rauswurf und dem vorläufigen Ende seiner Formel-1-Karriere erfuhr Mazepin in einem Anwaltsschreiben. "Das kam gleichzeitig mit der Pressemitteilung. Ich wurde nicht vorgewarnt. Ich war nicht bereit dafür", so der Russe.

Formel 1 Chaos bei Haas: Mazepin droht mit Klage! (11:18 Min.)

Mazepin: Cockpit und Uralkali-Sponsoring nicht verbunden

Haas beendete als Folge des Ukraine-Kriegs am 5. März nicht nur den Fahrervertrag mit Mazepin, sondern auch den Sponsorenvertrag mit Uralkali. "Das sind zwei verschiedene Dinge", stellt der ehemalige Teamkollege von Mick Schumacher klar.

Zumindest formal dürfte das stimmen. Tatsächlich sind die Sponsoren-Millionen des russischen Chemiekonzerns Uralkali, der von Mazepins Vater Dmitry geleitet wird, der Grund, wieso Nikita Mazepin überhaupt im Auto saß.

Das Geld - kolportiert eine mittlere zweistellige Millionensumme -, das nun nicht mehr in die Formel-1-Karriere fließt, will Mazepin für die Gründung einer Stiftung nutzen. Die trägt den Namen 'We Compete As One' und will sich für Sportler einsetzen, die aufgrund politischer Situationen ihren Beruf nicht ausüben dürfen, obwohl sie sich selbst zur Neutralität verpflichten.

Mazepin träumt weiter von der Formel 1

Doch genau das ist der Knackpunkt. Laut FIA-Statuten hätte Mazepin weiterhin in der Formel 1 starten dürfen. Der Motorsportweltrat hatte entschieden, dass russische Athleten unter bestimmten Bedingungen weiterhin starten dürfen, wenn auch unter neutraler Flagge.

Mazepin auf seinen letzten Runden für Haas beim Barcelona-Test, Foto: LAT Images
Mazepin auf seinen letzten Runden für Haas beim Barcelona-Test, Foto: LAT Images

Auf diese Erlaubnis beruft sich Mazepin und dessen Management nun und behält sich rechtliche Schritte gegen Haas wegen der Vertragsauflösung vor. Zurück ins Team will der 23-Jährige aber nicht: "Ich will nicht in einem Team sein, das mich nicht will. Die Formel 1 ist ein gefährlicher Sport und da brauchst du Vertrauen. Das habe ich nicht."

Das Formel-1-Kapitel an sich hat er indes noch nicht aufgegeben: "Ich halte mich weiterhin fit." Andere Rennserien sind keine Option für ihn. Das könnte auch daran liegen, weil sich Mazepin nicht zu einhundert Prozent der Neutralität verpflichten will - und deshalb auch in anderen FIA-Rennserien nicht starten dürfte.

Mazepin schiebt den Schwarzen Peter Haas zu, doch tatsächlich ist fraglich, ob er selbst die Auflagen überhaupt erfüllt hätte. Die erste Neutralitäts-Verpflichtung der FIA hatte er noch unterschrieben. "Das zweite Dokument beinhaltete einige Klauseln. Bevor wir das alles überprüfen konnten, wurde ich von Haas gefeuert", so Mazepin. "Ich habe eine Lizenz, ich hätte starten dürfen. Alles, was mir fehlt, ist ein Vertrag."

Mazepin will Haas-Zusicherung erhalten haben

Dabei hätte ihm Haas-Teamchef Günther Steiner am letzten Testtag in Barcelona noch zugesichert, dass er fahren dürfe, wenn die FIA es erlauben würde: "Ich habe Günthers Wort als Teamchef immer zu 110 Prozent geglaubt. Ich bin sehr enttäuscht, wie das ganze abgelaufen ist." Seit dem Barcelona-Test gab keinen Kontakt mehr.

Ob er das zweite FIA-Dokument überhaupt unterschrieben hätte, ließ der Russe offen. Eindeutigen Aussagen wich er bei Nachfragen aus. Das Wort 'Krieg' sprach Mazepin gar nicht aus, stattdessen sprach er von einem 'Konflikt'. Das wohl aus gutem Grund: Vater Dmitry Mazepin ist ein guter Bekannter des Kremls und von Präsident Wladimir Putin.

Anteilnahme der Fahrerkollegen gibt es nur bedingt. George Russell, Charles Leclerc, Sergio Perez und Valtteri Bottas hätten sich bei ihm gemeldet, so Mazepin. Von Teamkollege Mick Schumacher hätte er hingegen nichts gehört: "In Momenten wie diesen siehst du das wahre Gesicht der Leute um dich herum."