"Wir haben jetzt einen Kampf, selbst, wenn es sich in diesem Moment beschissen anfühlt." Toto Wolff war alles andere als glücklich nach dem verlorenen Bahrain Grand Prix. Eine silberne erste Startreihe, bei der am Ende kein Sieg heraussprang - eine klare Niederlage für Mercedes beim Großen Preis von Bahrain. Das Wüstenrennen hat aufgezeigt, dass Sebastian Vettels Sieg beim Saisonauftakt in Melbourne nicht dem Zufall geschuldet war.

Spätestens jetzt ist auch Mercedes klar: Der Sieg in der Weltmeisterschaft führt nur über Ferrari und Vettel. Noch geht es gemäßigt zu zwischen den beiden Top-Teams der Formel 1. Respekt für die gegenseitige Arbeit steht an erster Stelle - vor allem im Silberpfeil-Lager. "Da ändert sich nichts, wir kommen gut mit Ferrari klar", versicherte Wolff. "Ich komme sehr gut mit Marchionne zurecht, auch mit Arrivabene und Binotto. Aus menschlicher Sicht ändert sich da nichts."

Wie lange hält der Frieden?

Doch wie lange herrscht noch Burgfrieden zwischen Mercedes und Ferrari? Mit jedem Rennen steigt die Anspannung. Eine Situation, die das Mercedes der neuen Ära nicht gewohnt ist. In den vergangenen drei Jahren ging es nur warum, welcher der eigenen Fahrer am Ende den Titel holt. Wolff räumte ein, dass sich das Team erst einmal an diese neue Situation gewöhnen müsse. Selbst eine striktere Teamorder wollte er nach Bahrain nicht mehr ausschließen.

"Die machen einen guten Job, das muss man einfach zugeben", zeigte sich Wolff nach dem dritten Rennen des Jahres versöhnlich. "Ich habe unsere Philosophie gern ein bisschen wie beim Rugby: Wir kämpfen hart und versuchen uns gegenseitig zu besiegen. Aber danach können wir gemeinsam noch ein Bier trinken. Ich halte das für wichtig."

Der WM-Stand nach drei Rennen

FahrerAustralienChinaBahrainPunkte gesamt
Sebastian Vettel25182568
Lewis Hamilton18251861
Valtteri Bottas1581538
Kimi Räikkönen12101234

Ab jetzt keine Fehler mehr

In Bahrain musste Mercedes allerdings mitansehen, wie Vettel genüsslich einen - wenn auch kleinen - Schluck vom Rosenwasser auf dem Podium nahm. Bei den Silberpfeilen war stattdessen Fehleranalyse angesagt. Sie fiel umfassend aus, zu viel war beim Nachtrennen schiefgelaufen. Klar ist: Mit einem starken Gegner wie Ferrari kann sich das Team künftig keine Patzer mehr erlauben. Fehler der Vergangenheit konnte Mercedes häufig wegen des überstarken Autos kaschieren. Für einen vierten WM-Erfolg reicht das jetzt nicht mehr aus.

Das wusste auch Hamilton, der in Bahrain mit seiner eigenen Performance haderte. "Bei 20 Rennen im vergangenen Jahr gab es vielleicht eine Handvoll, die nicht perfekt waren", sagte der dreifache Weltmeister. "Aber die anderen waren klasse. Jedes Jahr verfolge ich das Ziel, diese Zahl zu verringern. Jetzt entscheidet eine sehr kleine Prozentzahl. Wir müssen so arbeiten, dass wir kein einziges Prozent herschenken und das Rennen abgeben. Darum geht es in diesem Jahr."

Vettel gewinnt Bahrain GP: Ferraris neue Stärke - war's der Osterhase? (03:54 Min.)

Das Pferd galoppiert weiter

Hamilton gab die Marschroute vor: Ab jetzt keine Fehler mehr. Kaputte Heizdecken-Generatoren oder defekte Schlagschrauber wie in Bahrain können Mercedes letztendlich den großen Sieg kosten. In der WM-Wertung hat Vettel - auch, wenn erst 3 von 20 Rennen gefahren sind - inzwischen die Führung übernommen.

"Da schaue ich nicht drauf, es ist noch ein langer Weg", kramte Vettel Phrasen aus besten Red-Bull-Zeiten hervor. "Wir wissen, dass wir noch ein paar Schwachstellen haben. Man spürt aber im Team, dass jeder hungrig ist und das Pferd nach vorne peitscht, damit es weiter galoppiert." Die Art und Weise, wie die Ferrari-Crew nach dem Bahrain-Sieg feierte, dürfte Mercedes zu denken geben. Es war kein überheblicher Jubel. Es war die große Zuversicht, endlich wieder ein Weltmeister-Auto gebaut zu haben.

So feierte die Ferrari-Crew Vettels Sieg in Bahrain, Foto: Sutton
So feierte die Ferrari-Crew Vettels Sieg in Bahrain, Foto: Sutton

Neues Selbstvertrauen

Dieses neue Selbstvertrauen brachte sogar den Glauben an die eigenen Stärken zurück. Als Ferrari am Freitag in Bahrain sah, dass das Auto über die Distanz stärker sein kann als der Mercedes, richtete das Team den Fokus voll aufs Rennen. Dafür schenkten die Italiener sogar ein paar Prozent der Qualifying-Performance her. Ein Plan, der später aufgehen sollte. "Ich bin überzeugt davon, dass Ferrari im Rennen schneller und besser war", sagte Niki Lauda zu Motorsport-Magazin.com.

Selbst aus Maurizio Arrivabene, der sich medial in diesem Jahr auffällig zurückhält, sprudelten die Worte nur so heraus. "Heute waren wir mutig, entschlossen und auch ein wenig verrückt", sagte Ferraris Teamchef und fuhr mit großen Worten fort, die man aus alten Ferrari-Zeiten kennt: "Gestern sind wir während des Qualifyings viele Risiken eingegangen, aber wir haben schon an das Rennen gedacht. Das ist schon vor 70 Jahren die DNA unseres Firmengründers gewesen."

Sebastian Vettel sorgt für Riesen-Euphorie bei Ferrari, Foto: Sutton
Sebastian Vettel sorgt für Riesen-Euphorie bei Ferrari, Foto: Sutton

Sportlich zur Niederlage?

Ob Mercedes nach all den Erfolgen der letzten Jahre wirklich schon komplett realisiert hat, dass Ferrari derzeit die Nase vorn hat? Zumindest für Hamilton keine Frage: "Die waren schon vorher das Team, das es zu schlagen galt. Für uns als Team ist das nichts Neues." Auch wollte er kein Schreckensszenario heraufbeschwören, denn unterm Strich sieht es gut aus für Mercedes. In Bahrain holten er und Bottas nur vier Punkte weniger als Vettel und Kimi Räikkönen. "Es war also kein großer Rückschlag", merkte Hamilton an.

Noch macht Mercedes gute Miene zum bösen Spiel. "Für die Formel 1 ist es gut, dass es einen Kampf zwischen Mercedes und Ferrari gibt", meinte Toto Wolff. "Das müssen wir als Sportsmänner sehen." Doch mit jedem weiteren Vettel-Sieg steigt der Druck. Ob Wolff im Falle einer endgültigen Niederlage auch noch ein Bier mit Ferrari trinken würde?