2017 kommt Halo sicher nicht, zur Formel-1-Saison 2018 dafür ziemlich sicher. Noch immer erhitzt der unschöne Cockpit-Schutz die Gemüter. Halo-Gegner sehen in Alex Wurz eine Reizfigur. Viele glauben, dass der Vorsitzende der Fahrergewerkschaft GPDA Halo zu seinem Prestige-Objekt machen will.

"Ich muss noch einmal ganz klar sagen, dass Halo vom Team Mercedes erfunden und über mehrere Jahre hinweg entwickelt wurde", stellt Wurz gegenüber Motorsport-Magazin.com klar. "Auch Red Bull, beides übrigens Teams, die später Gegner dieser Sicherheitsvorkehrung wurden, hat etwas entwickelt. Deren Technischen Direktoren waren bei mindestens zehn bis zwölf Meetings dabei, um das Reglement auszuschreiben und haben das finanziert."

"Irgendwann haben sie die Fahrer und die GPDA gefragt, ob sie es präsentieren dürfen. Wir haben ja gesagt und versprochen, dass wir gemeinsam zusammenarbeiten, denn wir wollen es der Öffentlichkeit gemeinsam so präsentieren, dass wenig Schaden für den Sport entsteht", erklärt Wurz. "Wir wollten gemeinsam dem Sport helfen."

Aktuell ist das Fahrerfeld gespalten, die Halo-Gegner allerdings werden immer weniger. Niemand findet den Bügel schön, die meisten aber nehmen ihn für mehr Sicherheit in Kauf. Nico Hülkenberg ist einer der letzten Piloten, die sich nach wie vor gegen den Heiligenschein aussprechen.

Lauda: Halo ist unbrauchbar

Halo-Gegner Niki Lauda meint im Motorsport-Magazin.com-Interview: "Halo in der heutigen Form ist unbrauchbar. Herr Wurz als Oberpräsident hat seiner Zeit einen Brief an die FIA geschrieben, in dem steht: 'Alle Fahrer wollen Halo.' Da habe ich gesagt, mein Hamilton hat da aber nicht unterschrieben, es waren also nicht alle."

Red Bull entwickelte und testete den Aeroscreen, Foto: Red Bull
Red Bull entwickelte und testete den Aeroscreen, Foto: Red Bull

Wurz aber stellt klar: "Ich fand es traurig, dass man sagt, die Fahrer wollen es. Die Fahrer haben nur gesagt, sie fänden es okay, wenn es kommt. Die Fahrer haben ja gar keine Stimme in diesem Entscheidungsprozess, sondern können nur ihre Meinung abgeben."

Die Kritik an seiner Peron nimmt der GPDA-Präsident gelassen. "Alle anderen, die in der Strategiegruppe sitzen, wollen auch ihre Persönlichkeit durchdrücken. Wenn man sich die GPDA-Protokolle ansieht, sind das immer Mehrheitsbeschlüsse. Alle Fahrer können bestätigen, dass ich immer frage, was die Mehrheit will. Wenn sie mich fragen, was ich machen würde, gebe ich Empfehlungen. Das ist mein Stil, aber ich boxe gar nichts durch, weil ich das nur im Sinne der Fahrer und des Sports mache."

Auch Dr. Helmut Marko ist Gegner des unschönen Cockpit-Aufbaus. Red Bull entwickelte lange Zeit am sogenannten Aeroscreen, einer etwas eleganteren Lösung mit Scheibe, die allerdings die FIA-Tests nicht bestand. Seither liegt die Entwicklung auf Eis. "Der Massa-Unfall wäre mit Halo nicht verhindert worden", kritisiert Marko. "Genauso könnte sich ein Rad verklemmen und gegen den Kopf schlagen. Was immer vorgeführt wird, sind Extremfälle, die nicht das Gesamtbild zeigen."

Wird Halo im Havariefall zum Käfig?

"Man muss auch die Frage nach der Bergung stellen", mahnt Marko. "Bei einem Unfall wie in Australien von Alonso: Wie bekommt man den Fahrer aus dem Auto, wenn er bewusstlos ist und das Auto Feuer fängt? Da verliert man wichtige Sekunden. Oder: Wie verformt sich Halo bei einem solchen Unfall? Wird es zum Käfig? Es ist Blödsinn, eine Hauruck-Aktion zu starten, die man möglicherweise gleich wieder rückgänig machen muss."

Verformt sich Halo bei einem heftigen Unfall?, Foto: Sutton
Verformt sich Halo bei einem heftigen Unfall?, Foto: Sutton

Ähnlich sieht es auch Lauda: "Solange dieses Teil nicht voll entwickelt und die perfekte Lösung für die Sicherheit und Optik der Autos ist, darf man es nicht einführen. Da muss man vielleicht etwas anderes entwickeln, aber das ist es nicht."

Wurz hingegen hält Halo weiterhin für eine Verbesserung der Sicherheit und warnt: "Wenn die Entscheidungsträger das nicht wollen, dann müssen sie ihre Meinung durchsetzen und die Verantwortung übernehmen. Wenn etwas passiert und in einem Land ein Richter zu einem Technischen Direktor eines Teams sagt, 'du hast gegen das System verstoßen, es ist jemand gestorben und du bist mitschuldig', dann muss das jemand verantworten, wenn man die Sicherheitsentwicklung stoppt. Ich möchte diese Verantwortung nicht tragen."

Die Wurz-Formel: Mehr Sicherheit, mehr Geschwindigkeit

Für Wurz ist mehr Sicherheit der erste Schritt zu einer besseren Formel 1. "Dass Halo nicht schön ist, darüber brauchen wir nicht streiten", gesteht er. Aber mit gesteigerter Sicherheit stehen der Formel 1 neue Türen offen: "Ich als Visionär möchte die kontinuierliche und imposante Sicherheitsentwicklung von den 70er-Jahren bis heute fortführen und gleichzeitig die Autos schneller machen."

Die Wurz-Formel lautet: "Dass wir nicht nur mit 350, sondern mit 450 km/h fahren. Dass wir auf aggressiven Strecken fahren, wo jeder Zuschauer weiß, das würde er nie selbst machen, weil er beim Zuschauen schon Angst hat. Das geht aber nur, wenn das Auto sicher ist, denn unsere Industrie kann es sich nicht erlauben, leichtsinnig Menschenleben zu gefährden."