Ein 18-jähriger Red-Bull-Pilot ringt einen 36-jährigen Ferrari-Fahrer nieder und feiert im ersten Rennen für sein neues Team einen Sieg. Dahinter duellieren sich ein vierfacher Weltmeister im Ferrari und ein weiterer Red-Bull-Pilot mit harten Bandagen um den dritten Platz auf dem Podium. Klingt wie in einem Traum? Nein, dieses Schauspiel trug sich am Sonntag tatsächlich beim Spanien GP zu und begeisterte die Fans der Formel 1 rund um den Erdball wie schon lange kein Rennen mehr. Die Königsklasse lebt!

Aber sind wir ehrlich: Wären Lewis Hamilton und Nico Rosberg in der ersten Runde nicht ineinander gerasselt, das auf dem Circuit de Catalunya dargebotene histrorische Spektakel hätte es wohl nie gegeben. Anstatt dessen wäre es zu einem weiteren Mercedes-internen Duell um den Sieg gekommen und Verstappen hätte bestenfalls um Rang drei gekämpft. Auch schön, aber nicht vergleichbar mit jener Magie, die sich nach dem Silberpfeil-Aus in Barcelona entfaltete.

Einmal mehr wurde deutlich: Die Formel 1 lebt nicht von absoluter Geschwindigkeit, sondern vom Abstand der Teams untereinander. Ob die Boliden drei oder fünf Sekunden schneller oder langsamer sind, lässt sich mit freiem Auge kaum erkennen, sehr wohl aber, ob ein Auto haushoch überlegen ist und im wahrsten Sinne des Wortes Kreise um die Konkurrenz fährt.

Mercedes ist diesbezüglich freilich nicht einmal der Ansatz eines Vorwurfs zu machen, in Brackley und Brixworth wurde in den vergangenen Jahren hervorragend gearbeitet. Der Leistungsvorsprung ist hochverdient. Die Schuld, dass im Normalfall kein Fahrer eines anderen Teams in den Kampf um den Sieg eingreifen kann, liegt einzig und allein bei Ferrari, Red Bull und Co, die es verabsäumt haben, die Entwicklungsschritte von Mercedes mitzugehen.

Und trotzdem, der Mercedes-Crash hat der Formel 1 richtig gut getan! Man ist fast versucht zu hoffen, dass sich Hamilton und Rosberg auch bei den nächsten Rennen in die Kiste fahren - nicht, weil die Abneigung gegenüber den Silberpfeilen so groß wäre, sondern einfach, um ein sonst unmögliches Spannungsmoment zu kreieren.

Hoffnungsträger Red Bull

Dass es dazu höchst wahrscheinlich nicht kommen wird, liegt auf der Hand. Dafür werden Toto Wolff und Niki Lauda schon sorgen. Trotzdem gibt es Hoffnung, dass die verbleibende Saison nicht zu einer Mercedes-Show ohne Fremdbeteilung verkommt. Der Silberstreif am Horizont ist Red Bull zu verdanken, das auf dem Circuit de Catalunya, dem Aerodynamik-Gradmesser schlechthin, einmal mehr vor Augen führte, über welch gutes Chassis man verfügt.

Red Bull bekommt bald einen neuen Motor, Foto: Sutton
Red Bull bekommt bald einen neuen Motor, Foto: Sutton

Bislang mangelte es den Bullen an Motorleistung, damit sollte es aber bald vorbei sein. Renault wird spätestens beim Kanada GP eine stark verbesserte Version der Power Unit an den Start bringen. Vielleicht kommt die Ausbaustufe sogar schon in Monaco zum Einsatz, das hängt von den am Dienstag und Mittwoch stattfindenden Testfahrten ab.

Die Erwartungen an den aufgemotzten Antriebsstrang sind jedenfalls enorm. Im Red-Bull-Lager geht man davon aus, mit dem Update an Mercedes dran zu sein, auf winkeligen Kursen, wie eben Monaco, soll man künftig sogar die Nase vorne haben. Mutige Aussagen, deren Bestätigung abzuwarten bleibt, aber Lust auf mehr machen.

Der große Verlierer des Renault-Updates könnte Ferrari sein, das vom Titelaspiranten zur nur noch dritten Kraft verkommen würde, was gar nicht dem Geschmack von Präsident Sergio Marchionne entspräche. Der forderte in Barcelona bekanntlich den ersten Saisonsieg, hatte die Rechnung allerdings ohne Max Verstappen gemacht.

In einer perfekten Welt findet auch noch Ferrari ein paar Zehntel und wir dürfen uns bald auf einen Dreikampf an der Spitze der Formel 1 freuen. Ob es dazu kommt, sei dahingestellt, denn vielleicht hat ja auch Mercedes noch eine Geheimwaffe im Köcher und zieht der Gegnerschaft wieder deutlich davon. Dann müssten es eben wieder Hamilton und Rosberg richten und sich gegenseitig aus dem Rennen nehmen.