Samstagnachmittag in Brasilien: Dr. Helmut Marko und Christian Horner sind vor der Red-Bull-Hospitality in ein intensives Gespräch mit Cyril Abiteboul vertieft. Drinnen muss Daniel Ricciardo nach dem ersten Qualifying mit dem überarbeiteten Renault-Motor über seine Erfahrungen Auskunft geben.

Der Australier musste sich Teamkollege Daniil Kvyat mit dem alten Motor geschlagen geben. Kvyat wurde Siebter, Ricciardo Neunter. Dazu gibt es wegen des Einsatzes eine Strafversetzung um zehn Positionen in der Startaufstellung. Entsprechend durchwachsen fällt Ricciardos Fazit aus. "Wir haben es versucht. Um ehrlich zu sein, haben wir gesehen, dass es uns gar nichts gebracht hat. Für Renault heißt es zurück ans Zeichenbrett."

Ricciardo nahm es mit seinem bekannten Humor. Die anwesenden Journalisten versuchten die Fragen positiv zu formulieren. "Wenn schon nicht die Power, wurde wenigstens die Fahrbarkeit besser?" Ricciardo lachte: "Wenn ich ehrlich bin: Nein." Ist vielleicht die Höhenlage daran schuld? "Ich weiß nicht", antwortete er mit einem Schmunzeln. "Ich bin gegen den alten Motor von Daniil gefahren - und es war nicht besser."

Motorsport-Magazin.com hatte noch eine positive Variante auf Lager: "Könnte er im Renntrimm vielleicht etwas bringen?" Ricciardo wieder mit Lachpause: "Scheinbar nicht... Es ist eine berechtigte Frage, aber es gibt nichts, was darauf hindeuten würde."

In eine Qualifying-Runde gehen die Piloten mit vollgeladenen Akkus. Vier Megajoule dürfen dann über eine Runde abgegeben werden, auch wenn weniger rekuperiert wird. Im Rennen wird aus der Ungleichung auf jeden Fall eine Gleichung, auf Pump kann man im Renntrimm nicht fahren. "Wir können aber leider auch nicht mehr Energie zurückgewinnen." Auch der Fuel-Flow, der im Qualifying die Leistung bestimmt, macht Ricciardo wenig Hoffnung. Im Rennen ist es weniger der Fuel-Flow, als vielmehr die gesamte Benzinmenge.

Kvyat war mit dem alten Motor schneller, Foto: Sutton
Kvyat war mit dem alten Motor schneller, Foto: Sutton

Neuer Motor an allen Messstellen langsamer

Der direkte Vergleich mit Teamkollege Daniil Kvyat zeigt deutlich: Ricciardo war an allen Messstellen langsamer. Am Ende der langen Geraden fehlten ihm zwar nur 0,4 Stundenkilometer, nach einem Fortschritt sieht das aber definitiv nicht aus. Auch an den Sektormessstellen war Ricciardo langsamer.

Kleiner Lichtblick: Renault soll wider Erwarten in Brasilien noch nicht das ganze Paket gebracht haben. Der neue Turbolader soll noch nicht im Einsatz sein. Ein Einsatz in Abu Dhabi ist aber wenig wahrscheinlich.

Trotzdem war Ricciardo nicht grenzenlos enttäuscht: "Ich bereue nicht, ihn getestet zu haben. Wir mussten versuchen und sehen, ob es Positives davon gibt. Was sie auf dem Prüfstand gesehen haben, hat sich auf der Strecke nicht widergespiegelt. Auch wenn es uns die Rundenzeit nicht gegeben hat, bin ich mir sicher, dass wir - oder Renault - davon lernen können. Es wird ein paar Benefits daraus geben."

Das hört sich stark danach an, als würde Red Bull weiter mit Renault planen. Eine endgültige Aussage gibt es dazu bisher nicht. Aber Ricciardo warnt auch: "Es geht darum, Dinge zu lernen und sie dann zusammenzubringen, um uns Rundenzeit zu geben. In den letzten zwei Jahren haben wir immer gesagt, dass wir mit Renault viel gelernt haben bei diesen Power Units. Aber viel haben wir da nicht in Rundenzeit umgesetzt. Hoffentlich gibt es von diesem Motor ein paar Rückschlüsse. Wir sind ihn nur zwei Tage gefahren. Vielleicht kommt auch noch was."