Die Ausgangslage ist klar: Nico Rosberg muss beim US GP in Austin Punkte auf Lewis Hamilton aufholen, sonst ist der Drops endgültig gelutscht. Mit 73 Punkten Vorsprung auf Rosberg geht der Brite in das viertletzte Rennen der Formel-1-Saison 2015. Holt Rosberg nicht mindestens drei Punkte auf Hamilton auf, ist seine WM-Chance auch rechnerisch weg.

Rechnerisch ist ebenjene Titelchance vor dem Rennen auf dem Circuit of the Americas noch vorhanden - praktisch eigentlich nicht. "Ich habe nichts mehr zu verlieren", weiß deshalb auch Rosberg selbst. "Mit dieser Einstellung gehe ich in dieses Wochenende. Aber ich weiß, dass es hart werden wird. Da muss ich realistisch sein. Ich werde viel Glück brauchen und das weiß ich. Aber es ist nicht unmöglich."

Hat kaum noch etwas zu verlieren: Nico Rosberg, Foto: Mercedes-Benz
Hat kaum noch etwas zu verlieren: Nico Rosberg, Foto: Mercedes-Benz

Nichts mehr zu verlieren

Genau diese Einstellung hatte Rosberg vor nicht allzu langer Zeit noch abgestritten. Doch der Ausfall in Russland sowie der bereits gesicherte Konstrukteurstitel haben die Ausgangssituation entschieden verändert. "Für das Team kann ich jetzt auch nichts mehr verlieren, das ändert schon etwas", bestätigte der Herausforderer Motorsport-Magazin.com.

"Es wird ab jetzt auf jeden Fall keine Teamstrategie mehr geben", verriet er. Teamstrategie? Nicht zu verwechseln mit Stallorder. Bei der Teamstrategie geht es lediglich darum, dass am Ende das bestmögliche Resultat für das Team steht. Welcher Fahrer letztendlich davon profitiert, ist hier egal. Es gibt jetzt auch einen Kampf zwischen Team Rosberg und Team Hamilton: Die rechte Seite der Garage gegen die linke Seite. Rosberg: "Man muss nur aufpassen, damit man es nicht übertreibt. Aber ändern wird sich sicher etwas."

Rosberg macht klar: Ab jetzt keine Teamstrategie mehr, Foto: Sutton
Rosberg macht klar: Ab jetzt keine Teamstrategie mehr, Foto: Sutton

Es kann nur besser werden

Gewinnt Hamilton am Sonntag und Rosberg wird Zweiter, ist Hamilton Weltmeister. Rosberg muss also alles auf Sieg setzen. Auch und vor allem im direkten Zweikampf mit seinem Teamkollegen. "Ich weiß nicht, ob ich aufgrund der Ausgangssituation aggressiver fahre oder nicht. Es ist aber simpler, es gibt nur eine Richtung: Es kann nur besser werden."

Im schlimmsten Fall landet Rosberg auch noch hinter Sebastian Vettel im Ferrari. "Momentan bin ich auch Dritter, darüber bin ich sehr enttäuscht", gibt Rosberg zu. Ob ihn eine Niederlage gegen Vettel im zweifelsfrei deutlich schlechteren Ferrari zusätzlich wurmen würde? "Darüber denke ich gar keine Sekunde nach, weil wir einfach so ein überragendes Auto haben."

Noch mehr, weil Ferrari durch Strafen wegen neuer ICEs ohnehin gehandicapt ist. "Das macht das Wochenende einfacher für uns. Aber er ist immernoch eine Bedrohung. Egal wo sie sind. Und dann ist da noch das Wetter, da weißt du nie", warnt Rosberg.

Rosberg streitet sich mit Vettel um die Vize-WM, Foto: Sutton
Rosberg streitet sich mit Vettel um die Vize-WM, Foto: Sutton

Rosbergs Probleme

Die Tatsache, dass Hamilton in diesem Jahr die Weltmeisterschaft schon im viertletzten Saisonrennen klar machen kann und es im letzten Jahr bis zum letzten Lauf in Abu Dhabi spannend blieb, führt Rosberg auf mehrere Faktoren zurück - abgesehen von den doppelten Punkten beim Saisonfinale im vergangenen Jahr.

"Das erste Problem war das Qualifying - hier hat sich das Kräfteverhältnis vertauscht", erklärt er. 2014 siegte Rosberg im Qualifying-Duell gegen Hamilton mit 11 zu 7, in diesem Jahr hat der Brite klar die Nase vorne: Von 15 Rennen startete er 11 Mal von Pole Position, Rosberg nur drei Mal.

"Außerdem war Lewis konstanter", nennt der Vizeweltmeister den zweiten Grund für den deutlichen Rückstand. "Und der dritte Faktor ist, dass ich in diesem Jahr mehr Pech hatte." In den letzten vier Rennen fiel Rosberg zweimal mit einem technischen Defekt aus. Hamilton hingegen nur einmal - und das beim Singapur GP, als der Silberpfeil nicht konkurrenzfähig war.