Nach saisonübergreifend sieben Siegen in Folge musste sich Mercedes nun geschlagen geben. Die Zielsetzung für Malaysia war eigentlich klar: der zweite Doppelsieg nach Australien sollte her und am besten in gleicher Manier. Letztlich mussten sich die Silberpfeile mit Rang zwei und drei begnügen und zusehen, wie Sebastian Vettel und Ferrari vom obersten Podest strahlten.

Bereits nach den Freien Trainings war Mercedes allerdings klar, dass Malaysia kein Selbstläufer werden würde. "Ferrari hat am Freitag einen Longrun mit Räikkönen hingelegt, der beeindruckend war", erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Das hat uns gezeigt, dass bei Ferrari die Pace da ist."

Mercedes kam mit den Reifen nicht so gut zurecht, Foto: Sutton
Mercedes kam mit den Reifen nicht so gut zurecht, Foto: Sutton

Reifenverschleiß das große Problem

Im Rennen war schließlich nicht die Pace das ausschlaggebende Kriterium. Sowohl Nico Rosberg als auch Lewis Hamilton blieben auf ihren schnellsten Runden eine beziehungsweise 1,5 Sekunden vor dem Sieger Vettel. Die Konstanz brach Mercedes das Genick, denn diese Rundenzeiten konnten die Silberpfeile auf den schnell abbauenden Reifen nicht lange aufrechterhalten.

"Fakt ist, dass die Reifen - allem voran der Option - bei Ferrari wesentlich länger gehalten haben und besseren Speed hatten", so Wolff. "Bei Lewis ist der Reifen nach 13 oder 14 Runden eingegangen, bei Sebastian nach 17 oder 18 Runden." In allen Stints auf den Medium-Reifen konnte Vettel deutlich länger konstante und schnelle Rundenzeiten als die silberne Konkurrenz fahren. Dabei wollte Wolff nicht ausschließen, dass Mercedes auch in Sachen Setup ein Fehler unterlaufen ist. "Vielleicht haben wir uns zu sehr auf die Pace für eine Runde konzentriert und waren im Vergleich zu Ferrari bei diesen Temperaturen etwas zu aggressiv."

Lewis Hamilton verstand die Entscheidung für harte Reifen nicht, Foto: Sutton
Lewis Hamilton verstand die Entscheidung für harte Reifen nicht, Foto: Sutton

Wir haben die falschen Reifen

Dieser hohe Reifenverschleiß und die möglicherweise zu aggressive Setup-Wahl ließen schließlich auch keine andere Option, als Lewis Hamilton im letzten Stint nochmals auf den härteren Reifen auf die Strecke zu schlicken. Kurz nach dem Stopp sorgte der Weltmeister für einen der witzigen Momente für die Zuschauer, als er über Funk laut verkündete: "Wir haben die falschen Reifen, Leute." Hamilton konnte die Entscheidung seines Teams nicht nachvollziehen. "Auf den Option-Reifen war es viel besser. Deshalb dachte ich, dass wir sie am Ende noch einmal einsetzen würden und war überrascht, dass wir die Prime-Mischung verwendet haben", schilderte der Brite. "Aber ich holte das Maximum heraus und bin überzeugt, dass das Team die Entscheidung aus den richtigen Gründen getroffen hat."

Diese Gründe lagen für Wolff klar auf der Hand. "Wir haben bei Lewis im dritten Stint die Options aufgezogen, um zu sehen, was möglich ist. Ab Runde 14 hat er sich massiv beschwert und nach 15 oder 16 Runden ging die Pace deutlich zurück", schilderte Wolff. Somit blieb beim letzten Stopp keine anderen Wahl, als Hamilton erneut die harten Reifen aufzuziehen, da er noch über 18 Runden zu absolvieren hatte.

Früher Stopp klar berechnet

Eine einfache Lösung, um die letzte Phase auf Medium-Reifen zu verringern, wäre ein späterer erster Stopp gewesen. Bereits nach vier Runden bogen aber sowohl Hamilton als auch Rosberg während der Safety-Car-Phase zum Reifenwechsel ab. Für Wolff eine klare Entscheidung. "Für uns hat der Algorithmus ganz klar ausgeworfen, dass es ein Dreistopp-Rennen sein würde", erklärte er. Entsprechend war für Mercedes klar, dass bei einen frühen Safety Car der erste Stopp nötig sein würde. "Was uns dann vielleicht etwas aus dem Konzept gebracht hat, war die Schwierigkeit, nach dem Stopp wieder durchs Feld zu kommen", fügte Wolff hinzu. Mercedes hatte nicht damit gerechnet, dass so viele Konkurrenten auf der Strecke bleiben würden, weshalb sich Hamilton auf Platz sechs und Rosberg auf neun wiederfanden.

In diesem Zusammenhang gab der Motorsportchef auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zu, dass die Einstellung des Autos die Situation zusätzlich erschwerte. Der Bolide ist auf hohen Abtrieb und geringere Top-Speed ausgelegt - zum Überholen ein Problem. "Das ist ein Faktor. Wir waren im mittleren Sektor richtig gut, aber auf der Geraden nicht schnell genug. Dadurch kamen wir vielleicht schwerer vorbei", so Wolff. Zudem sei durch das Hinterherfahren der Reifenverschleiß in der Hitze deutlich größer gewesen und das hätte wiederum für den raschen Abbau und den Zeitverlust gesorgt.

Wäre eine zweigeteilte Strategie der Weg zum Erfolg gewesen?, Foto: Sutton
Wäre eine zweigeteilte Strategie der Weg zum Erfolg gewesen?, Foto: Sutton

Strategie-Split als Option

Zeit - und Positionsverlust hatte auch Rosberg zu beklagen, der kurze Zeit hinter Hamilton an der Box warten musste, bis er abgefertigt wurde. Entsprechend wurde nach dem Rennen gerätselt, welche Chancen eine zweigeteilte Strategie der beiden Fahrer gebracht hätte. Das kam für Mercedes aufgrund des Fairplay-Gedankens im Team aber nicht infrage. "Vielleicht waren wir zu sehr darauf konzentriert, das Fairplay zwischen den beiden aufrechtzuerhalten - in der Annahme, dass es sich nur um einen Kampf zwischen ihnen handelt -, dass wir in der Sekunde diese Entscheidung nicht getroffen haben", rechtfertigte Wolff.

Sofort stand die Sorge im Raum, das "britische Lager oder das deutsche Lager" könnte sich benachteiligt fühlen, sollte der jeweils andere den Sieg davontragen. Von dieser Denkweise möchte Mercedes in Zukunft aber Abstand nehmen. "Wir müssen jetzt vielleicht anerkennen, dass es einen Gegner gibt und dementsprechend Entscheidungen getroffen werden müssen, die sich als unpopulär herausstellen könnten."

Hektik am Funk

Anerkennen musste der Motorsportchef auch, dass in Malaysia nicht alles nach Plan verlief. Einer der verbesserungswürdigen Faktoren war seiner Meinung nach die Funk-Konversation mit den Fahrern. "Wir waren heute bezüglich des Funkverkehrs nicht besonders gut. Es gab ein paar verwirrende Ansagen und intern viel Action, das müssen wir uns ansehen", gab Wolff ehrlich zu. Speziell in diesem Rennen sei es für die Fahrer nicht einfach gewesen, den Überblick zu behalten. Die Strategien der Konkurrenten waren zeitlich verschoben und viele Boxenstopps wurden absolviert.

Ferrari ist nun ein Gegner, Foto: Sutton
Ferrari ist nun ein Gegner, Foto: Sutton

In diesem Zusammenhang war es für Wolff nicht verwunderlich, dass Hamilton teils harsche Aussagen funkte. "Redet nicht in der Kurve mit mir", bluffte der Weltmeister während des Rennens. Bereits zuvor ärgerte er sich lauthals über die seiner Meinung nach falschen Reifen im Kampf gegen Vettel. "Wenn man merkt, dass man nicht aufholt, dann wächst die Frustration. Das war bei uns und den Fahrern der Fall", verteidigte Wolff.

Tatsächlich war von Aufholen im letzten Abschnitt des Rennens kaum etwas zu merken. Zeitweise hätte Hamilton pro Runde eine Sekunde auf Vettel aufholen müssen, um noch eine Chance auf den Sieg zu haben. Letztlich blieben 8,5 Sekunden Puffer für den Heppenheimer und bei Mercedes eine klare Erkenntnis. "Uns alle rüttelt das ein bisschen wach, dass Sebastian und Räikkönen mit Ferrari ernstzunehmende Gegner sind und das ist gut für uns. Auch, wenn uns das in Zukunft in die ein oder andere unpopuläre Entscheidung treibt."