Lewis Hamiltons Nacht war ausgesprochen kurz. Der frischgebackene Weltmeister feierte seinen Titelgewinn in Abu Dhabi ausgelassen, saß aber bereits um neun Uhr Ortszeit wieder der Weltpresse gegenüber und stand geduldig Rede und Antwort. Motorsport-Magazin.com war in Westin Abu Dhabi vor Ort und zeichnete auf, was der Brite zu erzählen hatte.

Lewis Hamilton und Toto Wolff standen Rede und Antwort, Foto: Motorsport-Magazin.com
Lewis Hamilton und Toto Wolff standen Rede und Antwort, Foto: Motorsport-Magazin.com

Lewis Hamilton über...

...den Morgen nach dem Titelgewinn: "Es ist ein unglaubliches Gefühl, so aufzuwachen. Ich kann mich nicht bei allen, die mich über die 21 Jahre Motorsport begleitet haben, einzeln bedanken. Mein Handy spielte verrückt. Es waren mehr Nachrichten, SMS und Anrufe, als ich in meinem ganzen Leben hatte. Es wird locker die nächsten paar Wochen dauern, sie alle durchzuarbeiten, weil ich den Leuten gerne antworte."

...die WM-Party: "Ich hatte einen tollen Abend. Es war ziemlich viel los an der Strecke, es steckt so viel Energie in diesem Team, wir haben lange gewartet, bis es zu dem hier kam, die Freude im Team war wunderbar zu sehen. Ich habe das mit dem Team geteilt. Dann hatte ich mit meiner Familie ein tolles Dinner, wir haben über die Dinge gesprochen, die wir über die Jahre erlebt haben, über die Tage gesprochen, als wir an der Kartbahn saßen und Chicken Noodle Soup gegessen haben. Diese Tage waren Racing. All die Stufen, die wir durchgegangen sind, will ich nicht missen. Dann sind wir auf die Party gegangen. Toto war schon etwas über der Pace. Das ganze Team war da, ich konnte all den Stress und die Sorgen abwerfen, einfach nur glücklich sein. Meine Familie war da, mein Bruder, meine Freundin. Und jetzt die frühe Pressekonferenz - ich hatte nicht erwartet, dass das so früh sein würde [lacht]. Ich fliege erst um 16 Uhr zurück, deswegen weiß ich nicht, wieso sie so früh ist, aber Toto fällt das hier auf jeden Fall schwerer. Ich fühle mich sehr frisch, ich habe letzte Nacht einen Traum gelebt."

...die unmittelbare Zukunft: "Ich werde diese oder die nächste Woche wieder in der Fabrik sein, um am nächstjährigen Auto zu arbeiten. Seatfitting und all diese Dinge stehen auf dem Programm. Ich weiß nicht, ob es eine Analyse dieser Saison gibt, aber das nehme ich mal an."

Für Hamilton hat der Titel einen ganz besonderen Stellenwert, Foto: Mercedes AMG
Für Hamilton hat der Titel einen ganz besonderen Stellenwert, Foto: Mercedes AMG

...den Wert des Titels: "Der erste war außergewöhnlich, wirklich ein großartiges Gefühl. Ich habe einen Traum gelebt. Aber mit diesem Team einen Titel zu gewinnen, Teil dieses Teams zu sein, das ist noch befriedigender. Mit diesem jungen Team, das so hart dafür arbeitet, dass wir dort sind, wo wir sind. Ein Teil davon zu sein, ist sehr speziell. Man sieht die Atmosphäre im Team, man sieht die Jungs in der Fabrik, wie hart sie arbeiten, die Leute von Petronas, und man sieht den Fortschritt. Ich bin an einem anderen Punkt meines Lebens angekommen und deshalb glaube ich, es fühlt sich süßer an."

...das Rennwochenende in Abu Dhabi: "Wenn man im Rennen nicht vorne steht, macht es das viel schwerer. Es ist doppelt so hart, wenn man gegen das gleiche Auto kämpft, aber diese Herausforderung können wir genießen und uns voll fokussieren. Vor dem Jahr haben alle gesagt: Kann Lewis die Reifen am Leben halten, wie ist sein Fahrstil? Und in diesem Jahr habe ich das gezeigt. Ich habe mich verbessert, verbrauche weniger Benzin, ich kann mich so positionieren, um Leute zu überholen, das ist ein großartiges Gefühl. Als ich Kart gefahren bin, bin ich von hinten gestartet, weil wir nicht die besten Karts hatten, dann musste ich durchs Feld pflügen. Natürlich ist das Qualifying etwas, an dem ich hart arbeiten muss für nächstes Jahr. Das ist definitiv ein Bereich, in dem ich mich verbessern muss, aber ich werde das hinbekommen. Nico hat da einen großartigen Job gemacht."

... die beste und schlechteste Erinnerung an die Saison: "Die beste Erinnerung war sicherlich gestern und heute und hoffentlich auch noch die folgenden Tage. Ich versuche nicht wirklich, mich an die härteren Tage zu erinnern, aber Spa war das härteste, vielleicht der Tiefpunkt der Saison, doch die Tage danach waren ermutigend. Ich weiß nicht, wie ich es gemacht habe, aber irgendwie habe ich es umgedreht und das folgende Rennen in Monza war ein wirklicher Boost für mein Gefühl im Auto. Das zeigt, dass man niemals aufgeben soll."

In Spa kam es zur Silberpfeil-Eskalation, Foto: Sutton
In Spa kam es zur Silberpfeil-Eskalation, Foto: Sutton

...die Schwierigkeit, Rosberg und Alonso als Teamkollegen zu schlagen: "Das war sehr unterschiedlich. Als Rookie war es ein bisschen härter, ich hatte damals keine Formel-1-Erfahrung. So reinzukommen auf diesem hohen Level, dann gegen einen wie Fernando zu fahren, das war weit weg von allem anderen. Es war in dieser Reifephase schwierig, fokussiert zu bleiben. Diese Saison war sicherlich eine der härtesten, aber ich bin fokussiert geblieben. Es gab viele Ups und Downs, aber mit der Erfahrung, die ich jetzt habe, konnte ich mit diesen Momenten umgehen."

...den Unterschied zwischen ihm und Rosberg in diesem Jahr: "Wir hatten ziemlich oft das gleiche Setup, das gleiche Auto. Und unsere Fahrstile sind ziemlich ähnlich. Aber ich glaube, am Ende haben es viele verschiedene Dinge entschieden. Es ist nicht nur pure Pace."

...die Beziehung zu Rosberg: "Natürlich kann ich nicht glücklich sein, wie der Kampf gestern gelaufen ist. Bei Kämpfen während des Jahres gibt es natürlich immer Spannungen zwischen den Fahrern. Nico war mir bis zum letzten Rennen im Nacken, aber das will man auch. Es ist nicht wie beim Fußball, wo man ein Team mit vielen Mitspielern hat, wir sind zwei Fahrer und wir müssen am Ende sicherstellen, dass wir diese zwei Autos auf 1 und 2 kriegen. Wir wollen aber auch immer derjenige sein, der vor dem anderen ist. Es gibt einen internen Wettkampf und wir können eine Menge lernen. Ich denke, Nico kommt im nächsten Jahr zurück."

Die Freunde können wieder miteinander lachen, Foto: Sutton
Die Freunde können wieder miteinander lachen, Foto: Sutton

...eine mögliche Titelverteidigung: "Es ist immer der Traum, in die nächste Saison zu gehen und das wiederholen zu können. Wir haben in dieser Saison gelernt und das macht uns noch stärker. Ich habe absolutes Vertrauen in das Team, dass wir nächstes Jahr so stark wiederkommen. Davon träumt jeder Fahrer. 2009 war das Auto ganz anders, die Autos wurden komplett geändert, dieses Mal werden sie sehr ähnlich, fast gleich sein. Es sind also andere Zeiten. Wir werden auch mit Petronas sehr hart arbeiten, um unseren Motor weiter zu verbessern, wir pushen schon mit dem Team, um das Auto zu verbessern, machen da gute Schritte. Die nächsten Wochen werde ich auch noch in der Fabrik sein und allen Input geben, den ich geben kann, um sicherzustellen, dass es Bereiche gibt, in denen wir uns verbessern. Die Jungs sollen alle Informationen haben, um in die richtige Richtung zu gehen."

...zukünftige Ziele: "Man muss einen Schritt nach dem anderen machen. Die Weltmeisterschaft ist mein Traum, man kann nicht unzufrieden damit sein, mit diesem Team so zu arbeiten, so zu dominieren. Ich hoffe, diese Gelegenheit nicht nur einmal im Leben zu haben, sondern dass wir sie noch öfter haben können. Diese Weltmeisterschaft mehrere Jahre nach der ersten fühlt sich an wie die erste. Natürlich pushe ich so hart ich kann, fühle mich toll und fühle mich noch jung, aber ich kann noch viel lernen und mich weiterentwickeln. Ich bin noch nicht am Ende."

Hamiltons große Karriere begann auf der Kartbahn, Foto: Sutton
Hamiltons große Karriere begann auf der Kartbahn, Foto: Sutton

...seine Zeit auf der Kartbahn: "Das ist es, wo alles begann. Ich erinnere mich, als ich dort angekommen bin, geübt habe. Da gab es Jungs mit 100cc-Motoren, mit Getriebekarts. Ich erinnere mich an Tage, an denen ich auf der Geraden gefahren bin, geübt habe. Ich bin 50-60 Meilen pro Stunde gefahren und dann kam ein Kart vorbeigeschossen, da bin ich richtig erschrocken. Ich wollte ihn unbedingt einholen und überholen, aber das konnte ich einfach nicht, weil er einen viel besseren Motor hatte. Danke an die Leute dort, dass ich das erleben durfte. Aber auch an meinen Vater, der mir das ermöglich hat, der seine eigene Zeit geopfert hat, damit ich racen konnte."