Winzig kleine Männchen wuseln tief unter unseren Füßen herum. Rote Männchen. Silberne Männchen. Dunkelblaue Männchen. Einige sind ganz nah, andere weit entfernt. Von der Dachterrasse des Williams-Motorhomes hat man bei den Europarennen stets beste Sicht auf das gesamte Fahrerlager. Die allgegenwärtigen Drinks des Hauptsponsors tragen nur noch mehr zur neuen Atmosphäre im einstmals als kalt verschrienen britischen Traditionsteam bei.

Seit diesem Wochenende ist das neue Motorhome erst einmal im Winterschlaf. In Singapur hausen die Teams in festen Gebäuden. Das Ziel der Mannschaft von Sir Frank Williams ist jedoch unverändert: auch ohne den neuen Motorhome-Palast mit Martini-Streifen wollen die Briten hoch hinaus. "Jeder glaubt fest daran, dass wir um eine 17. Weltmeisterschaft kämpfen können", treibt Co-Teamchefin Claire Williams ihre Mannen an.

Auch ihr ist der neue Teamgeist, die neue Stimmung in ihrer Truppe natürlich nicht entgangen. "Wenn man nur in unser Motorhome hereinkommt, spürt man eine Prise von Revival und frischem Wind", sagt die Tochter des Teambosses. Mit 177 WM-Punkten haben Felipe Massa und Überraschungsmann Valtteri Bottas bislang in dieser Saison exakt 172 Zähler mehr eingefahren als das Team in der gesamten vergangenen Saison zusammentrug.

Ausgerechnet seit dem Ferrari-Heimrennen in Monza liegt Williams wieder vor der Scuderia auf dem dritten WM-Rang. "Wir müssen einfach weiter machen und schauen, dass wir vor Ferrari bleiben", betont Chefrenningenieur Rob Smedley, der zu Beginn dieser Saison aus Maranello nach Grove wechselte. "Wir wissen, wo unser Auto gut ist und wo es Schwachstellen hat."

Um die Fühler in Richtung Red Bull und WM-Rang zwei auszustrecken, fehlen Williams derzeit 95 Punkte. "Es wäre klasse, wenn wir Red Bull einholen könnten", gesteht Claire Williams. "Aber ich habe viel Ärger bekommen, als ich zuletzt gesagt habe: Jetzt jagen wir Red Bull." Für Williams steht deshalb die Festigung des zweiten WM-Ranges gegen Ferrari an vorderster Stelle. "Wir wollen bestenfalls unseren Vorsprung ausbauen."

Williams und Ferrari liefern sich ein spannendes Duell, Foto: Sutton
Williams und Ferrari liefern sich ein spannendes Duell, Foto: Sutton

Auch Smedley sieht Red Bull nicht mehr in Reichweite in diesem Jahr. Die Strecke in Singapur könnte seinem Team jedoch liegen, um sich weiter abzusetzen. "Ich denke, dass wir den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM bis Abu Dhabi halten können." Angst habe das Team jedenfalls vor keiner der kommenden Strecken.

Die langfristigen Ziele bei Williams sind ohnehin höher angesiedelt. "Es ist mir egal, gegen wen wir kämpfen", sagt Smedley im gleichen Tenor wie seine Chefin. "Ich bin froh, dass wir vorne gegen gute Teams wie Ferrari fighten. Irgendwann wollen wir dann ganz vorne sein und dominieren."

Wegen dieser Aussicht hat sich Bottas für eine Vertragsverlängerung bei Williams entschieden. "Wir sind definitiv auf dem richtigen Weg und wollen nächstes Jahr noch stärker sein", sagt der Finne. "Das Team wird immer stärker und stärker, das ist mein Gefühl."

Gleiches scheint auch für Bottas selbst zu gelten. "Er hat sehr gute Arbeit abgeliefert", lobt ihn sein Landsmann Mika Salo gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Er ist ruhig und cool. Er redet nicht zu viel, sondern lässt seine Ergebnisse auf der Strecke für sich sprechen. Ich sehe für ihn eine große Zukunft voraus. Hoffentlich baut ihm Williams auch nächstes Jahr ein gutes Auto."

Claire Williams und ihre Mannschaft tun alles in ihrer Macht Stehende dafür. "Das Ziel ist, die WM zu gewinnen", wiederholt sie. "Wann uns das gelingt, hängt von vielen Faktoren ab." Vor allem natürlich der Konkurrenz, die in dieser Saison mit Mercedes weit enteilt ist. "Ich denke, im Qualifying schließen wir die Lücke." Auf einer Runde sieht Williams die Silberpfeile bis auf drei Zehntel in Reichweite.

Wie viel sich vom Gesamtrückstand über den Winter abknabbern lässt, ist derzeit jedoch schwer vorherzusagen. Anders als vor dieser Saison gibt es keine einschneidenden technischen Veränderungen. "Nächstes Jahr wird eine Evolution, keine Revolution", weiß Williams. "Es ist relativ einfach, das Ruder herumzureißen und sich von Platz 9 auf Platz 4 zu verbessern." Aber von dort an die WM-Spitze ist es ein harter Weg. Dafür sei viel Feintuning notwendig. "Alles muss perfekt sein. Wenn nicht, lässt man gleich wertvolle WM-Punkte liegen." In diesem Fall würden dann weiter andere in der WM-Tabelle von oben auf Williams herabblicken.