Sicherheit wird in der Formel 1 groß geschrieben. Seit dem tragischen Wochenende 1994 in Imola hat kein Fahrer mehr sein Leben in einem Formel-1-Auto gelassen. Doch Streckenposten erwischt es immer wieder. Besonders gefährlich sind für die Helfer am Streckenrand herumfliegende Reifen. Auch für die Piloten sind sie ein großes Risiko. Henry Surtees, der Sohn von Formel 1 und Motorrad-Legende John Surtees erlitt 2009 durch ein herumfliegendes Rad tödliche Verletzungen.

Zwar sind die Räder in der Formel 1 mit Stahlseilen gesichert, doch eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Bei schwereren Unfällen lösen sich immer wieder Räder vom Auto und fliegen unkontrolliert durch die Luft. Auch beim Lösen der Radmutter helfen die Stahlseile nicht.

Sebastian Buemi verlor 2010 in China spektakulär beide Räder, Foto: Sutton
Sebastian Buemi verlor 2010 in China spektakulär beide Räder, Foto: Sutton

Wie Motorsport-Magazin.com erfuhr, gibt es bei der FIA Pläne, ein System einzuführen, dass helfen soll, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Die US-amerikanische Oscar Nelson Group entwickelt in Zusammenarbeit mit der dem FIA Institut für Sicherheit ein System, dass die Luft aus dem Reifen lässt, sobald sich dieser ungewollt vom Fahrzeug löst. Dadurch springt das Rad nicht mehr so stark und es kann schon beim ersten Aufprall auf den Asphalt deutlich mehr Energie abgebaut werden.

Und so soll das DWIMS (Detached Wheel Impact Mitigation System) genannte System funktionieren: Über bestehende Sensoren werden an allen möglichen Fahrzeugteilen Daten gesammelt. Diese Daten laufen in der Einheits-ECU zusammen. Über ein spezielles Modell soll dann mit 100 prozentiger Sicherheit berechnet werden, ob sich alle Reifen am Auto befinden oder falls nicht, ob sie ungewollt entfernt wurden.

Nur knapp verfehlte ein Rad die Zuschauer, Foto: Sutton
Nur knapp verfehlte ein Rad die Zuschauer, Foto: Sutton

100 prozentige Sicherheit ist notwendig, damit die Luft nicht ungewollt bei hohen Geschwindigkeiten aus dem Reifen gelassen wird. Wird das Rad ungewollt abgerissen, wird an das Spezial-Ventil die Information gesendet, sich zu öffnen. Der Reifen plattet dann sofort.

Weil mit bestehenden Sensoren und der bereits installierten Einheits-ECU gearbeitet werden soll, ist das System extrem leicht. Lediglich die speziellen Ventile wären etwas schwerer. Weil es sich auch noch um kritische ungefederte Masse handelt, sind die Ingenieure besonders sensibel. Doch der Hersteller ist zuversichtlich, nur minimal Gewicht hinzufügen zu müssen.

Technik aus dem Militärbereich

Weil die Information, die Luft aus dem Reifen zu lassen, kabellos übertragen wird, ist die Kommunikation extrem sensibel. Störfaktoren und Hackerangriffe müssen ausgeschlossen werden und unmöglich sein. Der Hersteller, der auch ein zukunftsweisendes System für den Bodenbelag von Boxengassen namens MADMAT entwickelt hat, greift hier auf ausgereiftes Militär-Equipment zurück.

Das Projekt befindet sich allerdings noch in einer frühen Entwicklungsphase, mit einem baldigen Einsatz ist nicht zu rechnen. In ersten Tests muss geklärt werden, wie groß der Energiebetrag tatsächlich ist, der durch einen platten Reifen abgebaut wird. Nur wenn signifikant mehr Energie abgebaut wird, macht der Einsatz auch Sinn. Auf dem Plan stehen diverse Simulationen und auch physische Tests.