Alles neu in der Formel 1. So könnte das Motto für die neue Ära in der Königsklasse lauten. "Neue Fahrweisen, neue Strategien, ein neues Kräfteverhältnis und "endlich" wieder mehr Ausfälle - in der neuen Formel 1 führen letztlich alle Spannungsfaktoren zurück zur neuen Antriebseinheit, der Power Unit", sagt Motorsport-Magazin.com Formel-1-Experte Christian Danner. "Und sollten alle Stricke reißen, gibt es beim Saisonfinale in Abu Dhabi, um die WM offen zu halten, auch noch die doppelte Anzahl an WM-Punkten für die Top-10."

Aber so weit sind wir noch nicht. Zunächst gilt es für die 22 Fahrer, 11 Teams und 3 Motorenhersteller das Auftaktwochenende in Melbourne zu bewältigen - und das wird schwierig genug, wie die beiden Trainings am Freitag gezeigt haben. "Die neue Motoren-Formel fordert die Fahrer und Ingenieure so sehr, wie wir das in der über 60-jährigen Geschichte der Formel 1 noch nie gesehen haben", betont Danner.

Mercedes scheint diese Herausforderung bislang am besten gemeistert zu haben. "Selbst die Mercedes-Kundenteams wie Force India oder Williams sagen: Gott sei Dank haben wir eine Mercedes Power Unit!", so der ehemalige Formel-1-Pilot. Dieses Bild muss aber nicht für den Rest der Saison bestehen bleiben.

"Es ist unglaublich spannend, wie sich die Szene im Verlauf der Saison entwickeln wird. Die Entwicklung der Power Units befindet sich noch in der Anfangsphase", erklärt Danner. Das beste Beispiel dafür ist Renault: Bei den Tests waren die Franzosen noch hoffnungslos in technischen Schwierigkeiten verloren, in Melbourne gelang ihnen am Freitag mit Red Bull ein kleines Comeback.

Kein Team ist vor Ausfällen sicher, Foto: Sutton
Kein Team ist vor Ausfällen sicher, Foto: Sutton

"Es gibt noch unglaublich viel Entwicklungsspielraum", bestätigt Danner. Selbst die Lotus-Fahrer, die einen schwarzen Trainingsfreitag erlebten, sind von den Verbesserungen an der Renault-Power-Unit angetan. Aber Melbourne ist für Danner nur eine Momentaufnahme. "Die Hersteller und Teams werden die Zuverlässigkeitsprobleme im Laufe des Jahres immer besser meistern - wobei die nahezu hundertprozentige Ankunftsquote der vergangenen Jahre sicherlich nicht mehr erreicht werden wird." Die Gefahr eines Ausfalls fährt wieder bei jeder Runde mit.

Aber nicht nur die Standfestigkeit der Autos steht im Mittelpunkt des Interesses. "Die zuletzt eingefahrene Hierarchie wird komplett über den Haufen geworfen!", sagt Danner. "In den vergangenen Jahren schien es geradezu klar zu sein, dass Superhirn Adrian Newey und Red Bull Racing das beste Auto bauen würden. Sie hatten die Aerodynamik am besten im Griff."

Jetzt scheint Red Bull zwar aufgeholt und einige der Kinderkrankheiten in den Griff bekommen zu haben, Mercedes gilt aber weiterhin als Favorit am ersten Rennwochenende. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Mercedes mit Nico Rosberg oder Lewis Hamilton in Richtung WM-Titel fahren könnten."