Tapfer und unerschrocken stand Sebastian Vettel seinen Mann auf dem Podest in Italien und Singapur - trotz negativer Reaktionen der Fans. Doch im Inneren war der Weltmeister zutiefst betrübt über das Verhalten mancher Zuschauer. "Es war schwierig für Seb, die Situation zu handhaben", gestand sein Teamchef Christian Horner der BBC. "Man hat es ihm zwar nicht angesehen, aber es hat ihn schon mitgenommen, weil er es nicht verstanden hat."

Doch die Buhrufe kommen nicht von ungefähr. Das Missachten der Teamorder in Malaysia war der Hauptgrund, glaubt der Red-Bull-Teamchef. "Offensichtlich begründen sich die Buhrufe aus der Wahrnehmung, was in Malaysia passiert ist - dass er Mark den Sieg gestohlen hat." Aber auch Vettels Rivale Fernando Alonso hatte seine Finger im Spiel, um Vettel vor den Fans als Bösewicht dastehen zu lassen.

Alonso ließ in Italien und Singapur die Cap fliegen, Foto: Sutton
Alonso ließ in Italien und Singapur die Cap fliegen, Foto: Sutton

"Seit Malaysia wird er als Schurke dargestellt und einige seiner Gegner begrüßen es sehr, dass er in der Öffentlichkeit nun diesen Ruf weghat", betonte Horner. Vor allem Alonso gibt Horner eine Mitschuld an der gröhlenden Menge. "Die Fans wurden aber auch ermutigt - sei es der Kappenwurf von Fernando Alonso in die Fan-Menge, um eine Reaktion zu provozieren, während Sebastian auf dem Podium redete."

Vettel auch nur ein Mensch

"Er wurde dadurch sehr verletzt. Aber das Großartige an Sebastian ist, dass er den Kopf nicht hängen lässt." Der Red-Bull-Teamchef erinnert sich noch an das Gespräch zwischen ihm und Vettel vor der Siegerehrung in Singapur: "Was auch immer gleich geschieht, lass den Kopf nicht hängen. Das Team ist enorm stolz auf dich und was du heute getan hast war erstaunlich." Doch der Weltmeister bekam nicht den Respekt, den er verdient hatte. Das Publikum pfiff und sogar der Podium-Interviewer Martin Brundle musste die laute Menge bitten, die Pfiffe gegen den Red-Bull-Piloten zu unterlassen.

Vettel, ein Mann der Emotionen zeigt, Foto: Red Bull
Vettel, ein Mann der Emotionen zeigt, Foto: Red Bull

Doch Horner rechnet noch mit einer positiven Flut zu Gunsten des Deutschen, weil er sich nun neben Michael Schumacher und Juan Manuel Fangio in die Geschichtsbücher eingereiht hat. "In Indien hat er die Weltmeisterschaft gewonnen. Er fuhr vor den Kommandostand, drehte all die Burnouts, sprang aus dem Auto und küsste den Boden. Er zeigte seine Emotion und solch eine Reaktion von der Menge habe ich davor noch nie erlebt. Die Leute beginnen langsam zu erkennen, dass er ein ganz spezieller junger Mann ist und was er erreicht hat bisher, ist sehr bemerkenswert."

Manch anderer freilich sieht die Schuld für die Buhrufe bei Vettel selbst. So beispielsweise sein scheidender Teamkollege Mark Webber. Der Australier glaubt, Vettel habe es sich durch seine Reaktion auf den Red-Bull-Stallkrieg in Sepang mit vielen Fans verscherzt: "Nach dem Rennen war seine Reaktion korrekt. Abgestraft wird er aber meiner Meinung nach für seine Aussage zwei Wochen später, als er meinte, es täte ihm überhaupt nicht leid. Das war sicher nicht die beste Art, um Leute auf seine Seite zu ziehen."