Vor nicht einmal drei Monaten war das Schweizer Sauber-Team selbst bei vielen Experten schon fast abgeschrieben. In den Medien wurde über die gewaltigen Finanznöte, eine sicher bald folgende Pleite spekuliert sowie Wetten darauf abgeschlossen, dass das Team wohl 2014 nicht mehr am Start sein würde. Zu den finanziellen kamen sportliche Probleme hinzu. In der ersten Saisonhälfte lief das Auto bei weitem nicht so wie erwartet, was die Gesamtperspektive natürlich nicht gerade verbesserte.

Doch seit einiger Zeit kann Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn, die zugibt von der in dieser Zeit "an einigen Stellen für mich doch sehr unfairen Berichterstattung" überrascht und auch betroffen gewesen zu sein, wieder lächeln. Die Dinge haben sich für ihr Team deutlich zum Besseren gewendet. Ein Deal mit russischen Investoren bringt allmählich wieder Geld in die Kassen und auch die sportlichen Erfolge stellen sich wieder ein, zuletzt mit Nico Hülkenbergs sensationellem vierten Platz in Korea.

Kaltenborn kann wieder lächeln, Foto: Sutton
Kaltenborn kann wieder lächeln, Foto: Sutton

Man hat viele Probleme am Auto im Laufe der Zeit durch harte Arbeit verstanden, das Grundproblem des instabilen Hecks immer besser in den Griff bekommen, mehr Traktion gefunden, auch der Wechsel der Reifen auf den 2012-Typ seit Ungarn half sicher ein bisschen mit. Mit dem fast schon kuriosen Ergebnis, dass ausgerechnet Sauber jetzt eine der begehrtesten Anlaufstellen im Fahrerlager für all diejenigen Piloten ist, die noch ein Cockpit für 2014 suchen oder zumindest darüber nachdenken, ob sie sich gegenüber ihrer derzeitigen Position bei Sauber vielleicht verbessern könnten.

Einen Platz soll - durch den Russland-Deal - der 18-jährige Russe Sergey Sirotkin bekommen, der am Donnerstag in Italien seine ersten echten 180-Kilometer-Formel-1-Test und zwar in einem Ferrari aus dem Jahr 2009 auf der Teststrecke der Italiener in Fiorano - "und der sich dabei gut angestellt hat." Das zweite Cockpit ist aber noch offen und die Liste der Fahrer, die sich dafür bewerben, wird immer länger. Esteban Gutierrez würde natürlich gerne bleiben, sieht auch nach seiner deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Saisonhälfte durchaus eine Chance.

Hülkenberg wohl endgültig zu Lotus

Selbst Nico Hülkenberg, der sich innerlich wohl eigentlich schon vom Team verabschiedet hatte, schien zuletzt wieder zu versuchen, doch noch einmal ins Gespräch zu kommen. Allerdings zeichnet sich im Moment ab, dass seine Chancen bei Lotus, dort Nachfolger von Kimi Räikkönen zu werden, wieder steigen - obwohl der bei Ferrari nicht mehr erwünschte Felipe Massa mit viel Geld winkt. Lotus-Teamchef Eric Boullier deutete in Suzuka in einem TV-Interview an, dass er davon ausgehe, dass es in den nächsten Tagen zu einer Einigung kommt.

Force-India-Pilot Adrian Sutil schaute zumindest einmal in Hinwil vorbei, auch wenn er sich ein bisschen schwer tut, das öffentlich zuzugeben. Der erfahrene Gräfelfinger wäre für Sauber neben dem jungen Sirotkin sicherlich eine interessante Option. Der Schweizer F1-Experte Marc Surer glaubt schon, dass das die Sauber-Paarung 2014 sein wird. Angefragt haben aber auch noch andere – allein drei Brasilianer. Rubens Barrichello, seit zwei Jahren Formel-1-Pensionär, fragte an, bekam allerdings eine deutliche Abfuhr.

Massa hat nicht so gute Karten, Foto: Sutton
Massa hat nicht so gute Karten, Foto: Sutton

Felipe Massa, den man wohl auch nicht unbedingt will, weil man befürchtet, dass er sich nach vielen Jahren in einem reichen Top-Team in einer kleinen Mannschaft wie bei Sauber nicht mehr einfügen und wohlfühlen könnte, und Felipe Nasr klopften auch bei Sauber an. Der junge Brasilianer aus der GP2 gilt als sehr talentiert und hofft auf eine zweistellige Millionen-Mitgift, zudem hat er das gleiche Management wie Kimi Räikkönen, nämlich Vater und Sohn Robertson. Dann gibt es da noch Vitaly Petrov, der dank russischer Verbindungen und auch zweistelliger Sponsormillionen auf eine Chance hofft.

Giedo van der Garde würde die Millionen seines Schwiegervaters, ein reicher Textil-Unternehmer, gern von Caterham zu Sauber tragen und auch der letztjähriger Sauber-Fahrer, Kamui Kobayashi, hat schon angefragt. Dass ihr dieser Andrang eine gewisse Genugtuung bereitet, zu diesem Eingeständnis will sich Monisha Kaltenborn aber nicht hinreißen lassen. Sie bleibt sehr sachlich - in der guten Phase genau wie zuvor in der schlechten und gönnt sich höchstens ganz heimlich ein leises Lächeln.