Wer denkt, die Formel 1 hätte in der Zwischenzeit dazugelernt, der irrt. Zuletzt wurde 2011 ein Rennen aus politischen Gründen verschoben: der Grand Prix von Bahrain musste wegen Unruhen im ganzen Land und einer Sicherheitslage, die eine Austragung nicht zuließ, schließlich komplett abgesagt werden.

Trotz massiver Proteste fand der GP von Bahrain 2012 wie geplant statt, Foto: Red Bull
Trotz massiver Proteste fand der GP von Bahrain 2012 wie geplant statt, Foto: Red Bull

2012 sollte die Formel 1 jedoch trotz der anhaltenden Proteste in das Land zurückkehren, das Rennen war lange Zeit fraglich. Jean Todt, Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA meinte: "Wir sind nur am Sport interessiert, nicht an der Politik." Eine neuerliche Absage des Rennens schloss Bernie Ecclestone mit den folgenden Worten aus: "Damit würde ich vertragsbrüchig werden."

Es war klar, dass ein nicht eingehaltener Vertrag Ecclestone bares Geld kosten würde, und dass der Profit für alle Beteiligten in der Königsklasse des Motorsports an oberster Stelle steht. Menschenrechtsorganisationen in vielen Ländern kritisierten die Haltung der Formel 1. Regimekritiker in Bahrain meinten sogar, in den Gebäudekomplexen rund um die Rennstrecke würde Folter betrieben.

Trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen kam es zu Zwischenfällen zwischen Formel 1-Mitarbeitern und den Demonstranten, verletzt wurde aber niemand. Nach dem Grand Prix wies Ecclestone noch auf eine strikte Trennung zwischen Sport und Politik hin, als er sagte: "Wir als Sport sind nicht politisch!"

In Indien hatte man oft Probleme, die Tribünen zu füllen. Nun verhinderten Probleme mit der Lokalpolitik eine Austragung 2014, Foto: Sutton
In Indien hatte man oft Probleme, die Tribünen zu füllen. Nun verhinderten Probleme mit der Lokalpolitik eine Austragung 2014, Foto: Sutton

Doch wichtiger wäre die Trennung zwischen Wirtschaft und Politik, denn dank kräftiger staatlicher Finanzspritzen gibt die Formel 1 inzwischen auch in autokratischen Staaten wie Malaysia oder Singapur Gastspiele. Auch in Indien, einem Land, in dem laut Weltbank 44% der Einwohner nur 1 Dollar pro Tag für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung haben, werden seit 2011 nur ein paar Kilometer von den Slums von Delhi entfernt Formel 1-Rennen gefahren. Trotz Kartenpreisen, die mit 35 Euro deutlich unter denen in anderen Ländern lagen, mussten 2011 viele Karten verschenkt werden, um die Tribünen zu füllen. Ob die Investitionen der Regierung in der Höhe von 300 Mio. Euro in die Rennstrecke in sozialer Hinsicht viel Sinn ergeben, muss jeder für sich selbst entscheiden. In diesen Ländern ist außerdem eine Identifizierung mit dem Rennsport selbst Jahre nach der ersten internationalen Rennveranstaltung nach wie vor nicht zu erkennen. Vielerorts gibt es immer noch keine Anzeichen für die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen und breit gefächerten Motorsportkultur und schon gar keine entsprechend qualifizierten Fahrer, die es in die höheren Rennklassen schaffen. Ein Gegenbeispiel für dieses Phänomen könnte Russland werden - sollte Sergej Sirotkin seinen Ruf als Paydriver abschütteln können.

Mitten in der Zeit der wirtschaftlichen Krise wird in Griechenland derzeit eine Rennstrecke gebaut, auf der später Formel 1-Rennen stattfinden sollen. Ein weiteres, wenn auch nicht besonders schwerwiegendes Kapitel in der langen Geschichte von Verstrickungen der Formel 1 in die Politik - ein Ende ist nicht in Sicht.

Der nächste Part der Serie "Die Hintergründe der Formel 1" wird sich mit den Umweltaspekten der Formel 1 befassen. Bis dahin versorgt euch Motorsport-Magazin.com weiterhin mit den aktuellsten News rund um den Motorsport.