2013 könnte als schlechtestes Jahr seit langem in die McLaren-Historie eingehen. In den ersten neun Rennen der Saison konnte weder Jenson Button, noch Sergio Perez eine Podiums-Platzierung feiern. Letztmals passierte das dem Traditionsrennstall 1980. Ausgerechnet beim Heim-Grand-Prix dann der vorläufige Tiefpunkt für die Truppe von Martin Whitmarsh. Nach 64 Rennen in Folge in den Punkten verpasste McLaren es zum zweiten Mal hintereinander, Zählbares mitzunehmen.

"Das war schon ein Schock", gab Teamchef Martin Whitmarsh offen zu. Doch nach Rang sechs von Button und Platz acht von Sergio Perez beim Großen Preis von Deutschland zeigte er sich zumindest ein wenig erleichtert: "Ich mache keinen Handstand deswegen, aber es war ein kleiner Schritt." Dass der leichte, aber doch deutliche Aufwärtstrend auf die veränderten Hinterreifen zurückzuführen ist, glaubt er nicht. Eine gute Strategie und deren richtige Umsetzung sei der Schlüsselfaktor für das "gute" Abschneiden der McLaren gewesen.

Weshalb McLaren im Renntrimm einigermaßen konkurrenzfähig war, im Qualifying jedoch weit weg von der Pace der Spitze, konnte Whitmarsh nicht genau erklären. "Wir sind in diesem Jahr im Qualifying einfach schlecht", so sein lapidarer Kommentar. Die Schwachpunkte des MP4-28 kannte er aber sehr wohl. "Wir verlieren die Zeit in langsamen Passagen und beim Herausbeschleunigen." Der Abtrieb in schnellen Passagen sei hingegen weniger die Schwachstelle, auch wenn das Resultat aus Silverstone eine andere Sprache spricht.

"Bei der Kurveneinfahrt, während des Bremsvorgangs und dann am Kurvenausgang verlieren wir die Zeit, nicht so sehr am Scheitelpunkt", präzisierte er die Probleme. An der Low-Downforce-Performance müssen die Ingenieure deshalb besonders arbeiten. Einen Rückschritt zum Vorgänger will der Brite aber nicht erkennen. "Bei der relativen Performance [Performance in Bezug auf die Konkurrenz] sind wir schlechter als letztes Jahr, aber bei der absoluten Performance ist das diesjährige Auto deutlich schneller."

Für McLaren und Whitmarsh kommt Aufgeben nicht in Frage, Foto: Sutton
Für McLaren und Whitmarsh kommt Aufgeben nicht in Frage, Foto: Sutton

Zur Erinnerung: Der Vorgänger des MP4-28 war über weite Strecken der Saison das schnellste Auto im Feld, scheiterte letztlich an mangelnder Zuverlässigkeit und Fehlern an der Boxengasse am Titelgewinn. McLaren entschied sich in der Übergangssaison 2013 für ein komplett anderes Konzept, wechselte an der Vorderachse von Push- auf Pullrods und baute ein höheres Chassis als noch 2012.

Weil wegen des Konzeptwechsels Daten aus dem Vorjahr kaum verwendet werden können und McLaren sich bis zuletzt auf die Entwicklung des Vorjahresboliden konzentrierte, fehlt jetzt wichtige Entwicklungsarbeit. "Wir sind etwa sechs Monate zurück, was die Entwicklung angeht. Das ist ein Fehler, den wir als Team gemacht haben und jetzt ist es schwierig zurück zu kommen." Dass der MP4-28 ein kompletter Fehlwurf ist, verneint Whitmarsh vehement. "Es ist nichts Spezielles am Auto, was so schlecht ist, wir sind einfach sechs Monate bei der Entwicklung zurück."

Grund für die verzögerte Entwicklung sei McLarens Philosophie, schließlich wollen die Briten immer um Siege und Weltmeisterschaften kämpfen, eine Saison abschreiben, kommt für den Rennstall nicht in Frage. "Das ist ein kleiner Schwachpunkt bei uns", gab Whitmarsh zu und fuhr fort: "Es ist schwierig, sich von dieser Philosphie zu entfernen."

Zu Beginn des Jahres wurden die neuen Reifen als Hauptursache ausgemacht. Allerdings ging es McLaren nicht um die Abnutzung, so wie vielen anderen Teams, die Ingenieure führten es vor allem auf die neue Form und die aus der neuen Struktur resultierende andere Verformung zurück. Da ab Ungarn wieder ähnliche Reifen wie im Vorjahr zum Einsatz kommen werden, könnte das McLaren wieder entgegenkommen, doch der 55-Jährige winkt ab. "Ich hoffe, dass es uns helfen wird. Aber wie die anderen Teams haben auch wir uns an die neuen Reifen angepasst. Ja ich hoffe - aber glaube ich auch daran? Nein."