Die Motivation und der Wille waren nach der Sommerpause zweifelsohne vorhanden. An einen zweiten Saisonsieg wollte Nico Rosberg am Donnerstag zwar nicht glauben, schon gar nicht an diesem Wochenende in Spa, aber bei den folgenden Rennen wollte er wieder bessere Resultate einfahren. "Ich war mir nicht sicher, wie gut die Strecke unserem Auto liegen würde, aber ich hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass das Wochenende so schwierig sein würde", gestand er am Samstagnachmittag nach einer Serie an Pleiten, Pech und Pannen. "Das war eindeutig eine Überraschung."

Eine negative obendrein. Das Freitagstraining fiel dem Regen zum Opfer, das Samstagstraining einem Getriebeproblem, das ihm zusätzlich eine Strafversetzung um fünf Plätze einbrachte. So ging er gehandicapt ins Qualifying. "Meine Runde war okay, aber mehr war heute nicht drin. Das ist sehr enttäuschend. Dazu die Rückversetzung, das macht es nicht einfacher."

Arbeitsfenster der Reifen verpasst

Die Gründe für die Qualifying-Positionen 13 und 18 (+5 für Rosberg) konnte Teamchef Ross Brawn nur umreißen: "Wir müssen die Reifen ins Arbeitsfenster bekommen - vorne und hinten, das gelang uns nicht." Bei Rosberg sei vor allem die verlorene Trainingszeit ein Problem gewesen, weshalb er nicht das Beste aus den Reifen herausholen konnte. Aber es gibt noch mehr: "Unter extremen Bedingungen, also entweder sehr heiß oder sehr kalt, fällt es uns mit unserem Auto sehr schwer [, die Reifen ins Arbeitsfenster zu bekommen]. Heute war es recht kalt und sehr schwierig, alles zur gleichen Zeit zusammenzubekommen."

Gröbere Schwächen des Silberpfeils sieht Brawn nicht - abgesehen von Schwierigkeiten in schnellen, langen Kurven, die zu Untersteuern in der Kurvenmitte führen, sich allerdings nicht beheben lassen, da es sonst zu Problemen am Kurvenein- oder Ausgang kommt. "Die notwendigen Änderungen, die wir vornehmen mussten, um im Rennen verlässlicher zu sein, haben unserer Qualifyingleistung nicht immer geholfen", glaubt Brawn. "Vielleicht sind wir zu sehr in eine Richtung gegangen. Wenn man ein bisschen mehr Abtrieb hat, gewinnt man vielleicht mehr Downforce, als man erwartet, weil die Reifen plötzlich im richtigen Arbeitsfenster sind."

Stillstand in Silber

Kein einfacher 300. Grand Prix erwartet Michael Schumacher, Foto: Sutton
Kein einfacher 300. Grand Prix erwartet Michael Schumacher, Foto: Sutton

Nicht zu übersehen ist jedoch, dass die Formkurve bei Mercedes bei den letzten Rennen nach unten zeigte. "Es ist nicht ganz klar, woher dieser Trend kommt", sagt Brawn. "Wir sahen bei vielen Rennen ziemlich gut aus, waren aber in den letzten Grand Prix nicht so gut. Wir analysieren die Situation, um uns zu steigern. Alle arbeiten sehr hart und wir werden bei den nächsten Rennen Updates haben."

Michael Schumacher hofft, ähnlich wie Rosberg, dass die kommenden Strecken wie Monza oder Singapur dem Auto mehr liegen werden. "Die Fortschritte werden kommen, nach Monza", verspricht er. "Bis dahin müssen wir mit dem leben, was wir haben." Die anderen Teams hätten zuletzt Fortschritte gemacht, Mercedes sei stehen geblieben. "Deswegen sind wir da, wo wir sind. Man muss sich nur die Leistungsdichte ansehen, Sebastian Vettel steht gerade mal zwei Plätze vor mir, Felipe Massa steht hinter mir. Das zeigt, dass es extrem eng zugeht und wir keine Fortschritte gemacht haben."

Für die Zukunft geht Schumacher aber davon aus, dass Mercedes Fortschritte machen wird. "Ich hoffe, dass sie größer sind als die der Teams vor uns."

Jede Chance nutzen

Am Sonntag erwartet Brawn ähnliche Bedingungen wie am Samstag. "Wir haben im GP2-Rennen gesehen, dass hier viel passieren kann", hofft Brawn auf ein ereignisreiches Rennen. "Im letzten Jahr kam das Safety Car zu einem günstigen Zeitpunkt für uns heraus. Solche Situationen wollen wir bestmöglich nutzen."

Rosberg hat sich von Startplatz 23 ein kleines Ziel gesetzt: "Mit einem guten Start und einer guten Strategie muss es das Ziel sein, einen Punkt zu holen." Im vergangenen Jahr machte es sein Teamkollege mit einer Aufholjagd vom Ende des Feldes auf Position fünf vor. "Ich werde alles geben, vielleicht habe ich mit einem Safety Car Glück, aber unser Auto ist auf dieser Strecke nicht so schnell wie im letzten Jahr."

Ein bisschen besser als am Samstag könnte es am Sonntag aber sein. "Es wird auch wichtig sein, zu sehen, wie die Reifen sich bei uns auf einem Long Run verhalten", betont Brawn. Rosberg konnte am Vormittag nur zwei Runden mit mehr Sprit im Tank fahren. Außerdem hegt Brawn noch eine Hoffnung: "Die Leistung im Qualifying ist nicht zwingend auch im Rennen genauso, wenn die Reifentemperatur nach einigen Runden höher ist."

Der Optimismus bleibt im Silberlager also bestehen. "Michael hat hier unter solchen Bedingungen schon gute Rennen abgeliefert und das traue ich ihm auch diesmal zu - das gilt auch für Nico", so Brawn. "Nach einigen Runden wird er jede Chancen nutzen wollen, die sich ihm vielleicht bietet."