1. - S wie Startaufstellung

Verrückter geht es kaum: Jenson Button auf der Pole Position - seine erste überhaupt für McLaren. Kamui Kobayashi auf Platz zwei - der erste Japaner in Reihe eins in der Geschichte der Formel 1. Dazu Ernüchterung bei den deutschen Piloten: Zum ersten Mal seit Japan 2003 qualifizierte sich kein Deutscher für die Top-10 eines Grand Prix. Damals lagen Nick Heidfeld, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher auf den Plätzen 11, 12 und 14. Positive Randnote: Schumacher wurde als Achter in diesem Rennen Weltmeister.

Auch in diesem Jahr ist die WM hart umkämpft - vor allem in Spa werden sich die Titelanwärter nichts schenken. Kurios: In Belgien strauchelten sämtliche Favoriten im Qualifying. WM-Leader Fernando Alonso startet von P5, Verfolger Mark Webber nach einer Strafversetzung nur vom zwölften Platz, Teamkollege Vettel auf Position zehn und Lewis Hamilton von P7. Da kam der Gesamtfünfte Kimi Räikkönen mit Startplatz drei noch am besten weg.

2. - S wie Start

Fast könnte man Geld darauf wetten, dass es kurz nach dem Start knallt. Allerdings dürften die Quoten für einen Start-Crash nicht allzu verlockend sein. Romain Grosjean erklärt den alljährlichen Grund: "Der Start ist entscheidend, da wir alle mehr oder weniger an der gleichen Stelle in La Source bremsen. Danach ist eine lange Gerade, wo man KERS auf unterschiedliche Weise nutzen kann. Es wird interessant, vor allem weil man hier überholen kann." Mit den Kandidaten Kobayashi, Perez, Maldonado und Hamilton in Reichweite dürfte Spannung beim Start garantiert sein.

Interessant wird sein, wie schnell und mit welchem Risiko die WM-Favoriten von hinten Plätze gut machen wollen, um sich eine optimale Ausgangslage für die 44 Runden auf der 7,004 km langen Strecke zu sichern. "Das Ziel lautet, zu gewinnen", gab Vettel die Marschroute bereits vor. "Ich denke, von dort, wo wir starten, ist das nicht unmöglich. Auch wenn wir Letzter wären, wäre das das Ziel."

3. - S wie Schlappen

Sie kennen es: das dritte S unserer sieben S steht üblicherweise für Strategie. Da die Strategie seit der Pirelli-Ära jedoch mehr oder weniger gleichbedeutend ist mit den Reifen, setzen wir für das erste Rennen nach der 'S wie Sommerpause' diesmal auf die Umgangsform 'Schlappen'. Im vergangenen Jahr machte der böse Begriff des Blistering die Runde in Spa, diesmal soll es kein derartiges Reifen-Chaos geben. 2011 brachte Pirelli die Kombination Soft/Medium an die Strecke, diesmal fällt die Wahl mit Medium/Hart konservativer aus. Außerdem empfahl Pirelli den Teams im Vorfeld, einen geringeren Radsturz zu wählen als im Vorjahr.

"Wir erwarten zwei bis drei Stopps", so Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Die Wettervorhersage gibt vorrangig trockene Bedingungen an, was es den Teams erlaubt, zahlreiche unterschiedliche Strategien zu wählen auf der Strecke, wo die Reifen der höchsten Last des Jahres ausgesetzt werden." Wie sich die Reifen an Autos mit viel Sprit an Bord verhalten, steht unterdessen noch in den Sternen. "Wir fuhren zwar ein paar Runden mit viel Sprit an Bord, aber die Strecke war noch feucht. Eigentlich haben wir keinerlei Referenzen für das Rennen", sagte etwa Sergio Perez. Fernando Alonso erwartet allerdings keine Reifen-Lotterie: "Ich schließe Probleme an der Spitze aus, denn dafür kennen wir die Mischungen schon zu gut."

Flügel-Salat bei Hamilton, Foto: Sutton
Flügel-Salat bei Hamilton, Foto: Sutton

4. - S wie Setup

Die Setup-Geschichte des Samstags lieferte zweifelsohne McLaren. Button und Hamilton waren im 3. Training beide mit einer neuen Version des Heckflügels unterwegs, doch Hamilton fühlte sich nicht wohl mit dem Update und schwenkte fürs Qualifying auf den Vorgänger zurück. Das Resultat ist bekannt. Nach dem Zeittraining ließ der Weltmeister von 2008 keine Gelegenheit aus, über den falsch gewählten Heckflügel zu lamentieren. Es kam sogar zu teaminternen Missverständnissen. "Mir wurde gesagt, dass der Unterschied zwischen dem neuen und dem alten Flügel nicht so groß sei. Es hieß, dass die alte Version im Qualifying schneller sei, im Rennen dafür die neue", so Hamilton.

Dumm gelaufen, falls sich dies bewahrheiten sollte. "Ein 1-2-Finish für McLaren wäre toll, aber ich glaube nicht, dass das möglich sein wird", stapelte Hamilton tief. Fragezeichen gab es nicht nur bei McLaren, sondern dank des Spa-Wetters im halben Fahrerlager. "Einige haben etwas unterschiedliche Abtriebslevel gewählt", klärte Alonso auf. "Ohne die beiden Freitagstrainings war es schwierig, die richtige Getriebeübersetzung zu wählen, das muss am Freitagabend geschehen. Ohne Referenzpunkte gibt es gewisse Unterschiede zwischen den Autos. Mit einem normalen Freitag sieht es bei allen recht ähnlich aus. So gibt es eine kleine Mischung, das ist gut. Einige Autos werden sehr schnell sein, andere weniger."

5. - S wie Sonntagswetter

Land unter in den Ardennen, lautete das Motto am Freitag. Sintflutartige Regenfälle überschwemmten die Strecke und ließen praktisch keinen Fahrbetrieb zu. "Ich wäre liebend gerne hinausgefahren, aber es ging einfach nicht", äußerte sich Weltmeister Vettel zu den widrigen Bedingungen. Schlussendlich fand sich Marussia-Pilot Charles Pic an der Spitze des Klassements wieder - ein Umstand, der die nicht vorhandene Aussagekraft der ersten beiden Freien Trainings wohl am besten zum Ausdruck brachte.

Schumacher: Vom Regen in die Traufe, Foto: Sutton
Schumacher: Vom Regen in die Traufe, Foto: Sutton

Da die Wetterprognose jedoch Samstag und Sonntag als zweifelsfrei trocken auswies, beschränkten sich die Teams auf einige wenige Erkundungsrunden, sofern sie überhaupt auf die Strecke gingen. Die drei fehlenden Trainingsstunden hatten allerdings zur Folge, dass sämtliche Abstimmungsarbeiten am Samstagvormittag absolviert werden mussten - eine nicht zu bewältigende Herkulesaufgabe. Aufgrund dessen stehen die Teams nun vor einigen Unbekannten, wie Williams-Chefingenieur Mark Gillan erklärte, denn so wissen die Mannschaften kaum, was passiert, wenn die Autos mit viel Benzin im Longrun unterwegs sind, da für diese Tests schlichtweg keine Zeit blieb.

6. - S wie Strecke

La Source, Eau Rouge, Les Combes, Blanchimont und Co. - die Kurven entlang des 7 km langen Kurses sind legendär und müssen an dieser Stelle nicht noch einmal ausgeführt werden. Ein besonderes Highlight an diesem Wochenende: Michael Schumacher darf Spa nun offiziell als sein Wohnzimmer bezeichnen. Die Stadt verlieh dem Rekord-Champion nun die Ehrenbürgerschaft vor dessen 300. F1-Rennen. Das erste Rennen, der erste Sieg, der letzte WM-Titel - besser lässt sich Geschichte kaum schreiben.

Deshalb hier das Besondere aus Schumachers Sicht zu dieser Traditionsstrecke: "Es gibt viele Gründe. Vor allem für mich, denn ich begann in den Tagen, als Kurven wie Eau Rouge und Blanchimont eine extreme Herausforderung waren: Die Autos wurden auf gewisse Art und Weise gebaut und der Kurs brachte sie absolut ans Limit. Wir Rennfahrer bevorzugen Highspeed-Strecken und wenn du eine herausfordernde Hochgeschwindigkeitskurve wie Eau Rouge vor dir hast, ist das etwas Spezielles. Die Kräfte und das Empfinden sind eine Kombination, die man nicht überall findet."

7. - S wie Spannung

Viele Fahrer - viele Siegesambitionen. Das sollte reichen für ein weiteres spannendes Rennen in dieser oftmals unvorhersehbaren Saison. Diesmal besonders: Das halbe Fahrerlager rechnet sich gute Chancen auf den Triumph aus. Sei es ein Vettel, der von P10 das Sieg als Ziel ausgibt oder Sergio Perez, für den nur Podium oder Platz eins infrage kommen. Nur einer machte am Samstag schlechte Werbung für den Großen Preis von Belgien: Lewis Hamilton. "Für mich persönlich wird das ein langweiliges Rennen, weil das Auto auf der Geraden lahm wie Hölle ist", sagte er etwas geknickt. Doch die Motorsportwelt lässt sich von derlei Aussagen natürlich nicht abschrecken und lechzt dem ersten Rennen nach der ausgedehnten Sommerpause entgegen.