Am Nachmittag, direkt nach dem Qualifying, da hatte man zeitweise das Gefühl, Bruno Senna habe noch gar nicht so hundertprozentig realisiert, was für eine Glanzleistung er bei seinem Renault-Debüt vollbracht hatte, auch wenn ihm die Ingenieure und Mechaniker in der Box applaudiert hatten, ihn sogar umarmten, als er zurückkam – und es vielen Kritikern der Vortage, die immer wieder nur vom "Paydriver" sprachen, dann doch ein bisschen die Sprache verschlagen hatte. Am Abend konnte er sich dann aber schon so richtig freuen – und blieb trotzdem mit beiden Beinen auf dem Boden.

Wie fühlst du dich jetzt, ein paar Stunden nach diesem sensationellen Qualifying?
Bruno Senna: Es ist schon ein gutes Gefühl, ein bisschen wie ein Sieg. Es war wichtig, ganz klar, und ich bin ja fast selbst ein bisschen überrascht, dass es auch im Trockenen so gut ging. Dass wir im Nassen an die Top Ten herankommen könnten, darauf hatte ich nach dem neunten Platz heute früh, als ja alle quasi unter gleichen Voraussetzungen gefahren sind, schon gehofft. Als es dann gereicht hat, als ich tatsächlich im Q3 drin war, das war schon toll. Ich war vor allem froh, dass es gereicht hat, denn meine letzte Runde war wirklich nicht optimal, da waren noch zwei Fehler drin, die hätte gut eineinhalb Sekunden schneller sein können...

Aber zum Glück war es auch so genug... Als es für Q3 abtrocknete, bin ich schon etwas nervös geworden, weil ich im Trockenen noch nie richtig gefahren war. Ich habe auch zum Team erst mal gesagt, dass ich nicht allzu viel riskieren würde, deshalb haben sie gar nicht so viel erwartet. Aber dann ging es doch ganz gut, das Auto lag im Trockenen gut, die Balance stimmte, ich habe mich wohlgefühlt. Ganz optimal war die letzte Runde nicht, ich bin nach der Eau Rouge die ganze Zeit ohne DRS gefahren, ich hatte es zu früh aktiviert, da ging es nicht, und dann hab ich drauf vergessen. Das waren sicher noch mal zwei, drei Zehntel.

Und deine ersten Gedanken, als du da über die Linie gefahren bist?
Bruno Senna: Da wusste ich noch gar nicht genau, welcher Platz es werden würde, weil noch Leute hinter mir waren. Aber jetzt, der siebte Platz, das ist sicher viel mehr, als ich mir gerade im Trockenen erhoffen durfte. Es ist wirklich schön – aber es war auch sehr anstrengend, ich werde heute Nacht sicher gut schlafen. Die mentale Belastung ist enorm, gerade unter solchen Bedingungen. Dazu hatten wir im Q1 und Q2 ein KERS-Problem, da muss man ständig mit den Schaltern rumspielen, ein- und ausschalten, die Bremskraft verändert.

Bruno Senna wusste bei seinem ersten Qualifying für Renault zu überzeugen, Foto: Sutton
Bruno Senna wusste bei seinem ersten Qualifying für Renault zu überzeugen, Foto: Sutton

Das Team hat mir dauernd über Funk Anweisungen gegeben, da raucht einem schon der Kopf, da ist man sehr angespannt. Ich bin glaube ich die ganze Zeit nie wirklich ganz entspannt und locker gefahren, aber trotzdem hat es sehr viel Spaß gemacht, wenn man merkt, wie alles zusammen kommt, wie man lernt, wie man immer besser weiß, was wo geht... Beim ersten Mal gleich Vitaly zu schlagen, das ist natürlich schön. Wobei er den Dreher hatte – ich hätte sogar wirklich gern mal gewusst, wie das ohne diesen Fehler von ihm ausgesehen hätte.

Der siebte Startplatz – das ist genau das, was Michael Schumacher bei seinem Debüt hier auch erreicht hat....
Bruno Senna (lacht): Ja, aber ich möchte im Rennen bitte schon ein Stück weiterkommen als er...

Das Rennen morgen wird auch noch mal Neuland für dich...
Bruno Senna: Sicher, das ist ganz klar, da werde ich vor allem schauen, unheimlich viel zu lernen. Ich habe zum Beispiel noch keinen einzigen Start im Trockenen gemacht, mal sehen, wie das wird. Boxenstopps haben wir geübt, das sollte okay sein. Aber zum Beispiel das Verhalten des Autos mit Slicks und vollem Tank – keine Ahnung, habe ich ja nie ausprobiert. Gerade wenn es trocken ist, wird Petrov sicher einige Vorteile mir gegenüber haben. Und ich bin es ja auch schon lange nicht mehr gewohnt, vorne um Positionen zu kämpfen, ich bin letztes Jahr immer nur ganz hinten rumgefahren. Aber ich werde versuchen, dass mich in den ersten Runden nicht gleich allzu viele erwischen. Trotzdem - man darf nicht zu viel erwarten, heute war eine Sache, morgen ist eine ganz andere . Ich gehe sicher nicht in das Rennen und denke, das ich jetzt vielleicht gleich aufs Podium fahren kann. Punkte wären schon toll, ein Schritt nach dem anderen. Das Wichtigste ist, dass ich konstant meine Leistung bringe.

Wie erklärst du dir, dass es so gut lief heute?
Bruno Senna: Unter wechselnden Bedingungen ist es sehr wichtig, dass man sich schnell anpassen kann. Das ist schon etwas, was mir liegt, glaube ich. Und natürlich kommt Spa mir entgegen, es ist meine absolute Lieblingsstrecke und ich kenne sie sehr gut. Es werden andere kommen, wo ich vielleicht ein paar mehr Probleme habe. Aber es war schon mal ein sehr guter Anfang. Worüber ich mich wirklich freue und worauf ich ein bisschen stolz bin, ist, dass ich nach Freitagfrüh keine größeren Fehler gemacht habe, keine Ausrutscher, kein Dreher, kein Abflug... Denn natürlich war der Druck, die Anspannung schon da, vor allem der, den ich mir selber mache. Denn man weiß ja – der erste Eindruck ist wichtig, da hätte ich schon einiges verlieren können.

Wenn man sich so im Fahrerlager umhört – da hast du schon wirklich Eindruck gemacht und viele Leute ziemlich überrascht...
Bruno Senna: Ich denke, ein Zeichen war es, ein Schritt mit einem Fuß, sozusagen. Jetzt muss der nächste kommen, der zweite Fuß, um richtig zu stehen. Und dann der nächste, um sich endgültig auf einen festen Platz hinsetzen zu können und da zu bleiben....