Herr Marquardt, zum Saisonabschluss hat BMW einige Pressevertreter zu einem Track Test nach Monteblanco eingeladen. Im neuen Jahr, bei den DTM-Testfahrten für die kommende Saison, werden Journalisten nicht eingeladen - Geheimsache DTM quasi. Warum ist das so?
Jens Marquardt: Wir haben uns mit den anderen beiden Herstellern darauf verständigt, so viel wie möglich gemeinsam zu testen, um kosteneffizient arbeiten zu können. Bei den Testfahrten kommt es darauf an, dass sich jeder voll auf die Entwicklungsarbeit konzentrieren soll und das eigene Programm abspult. Wenn es dann in Richtung des Saisonstarts geht, werden die Journalisten zum letzten Test in Hockenheim wieder eingeladen. Da können sich die Hersteller so präsentieren, wie sie das gern hätten. Ich denke, das ist eine gute Mischung. Es geht nicht darum, die Presse außen vorzulassen. Es ist schon außergewöhnlich, dass die Hersteller hauptsächlich gemeinsam testen statt diese Testfahrten allein für sich durchzuführen. Es geht uns bei der knapp bemessenen Vorbereitung darum, die Zeit so gut wie möglich zu nutzen und uns auf uns selbst zu konzentrieren.

Und doch würden wir Journalisten gern den sportlichen Entwicklungsprozess während der Saisonvorbereitung mitverfolgen. In der Formel 1 sind die Vorsaison-Tests ja auch nicht geheim und stets gut besucht.
Jens Marquardt: Wir wollen die Zeit bei den wenigen Tests so intensiv wie möglich nutzen, auch mit allen Fahrern. Wenn Journalisten dabei sind, möchten sie natürlich gern mit den Teammitgliedern Interviews führen, doch dadurch verlieren wir einiges an Zeit. Es gibt vor und während der Saison eben nur wenige Testgelegenheiten und da ist es wichtig, dass wir die Zeit optimal nutzen. Es geht nicht darum, etwas verstecken zu wollen - das funktioniert heutzutage sowieso kaum noch. Außerdem ist das technische Reglement für die kommende Saison schon ziemlich fixiert und man kann sagen, dass es keine revolutionären Änderungen geben wird. Klar, unser neuer BMW M4 DTM hat eine neue Silhouette, aber unten drunter ist doch vieles gleich geblieben. Insofern gibt es da eher weniger Spektakuläres zu berichten.

Liegt es vielleicht auch daran, dass Kritik nicht gern bei den DTM-Beteiligten gesehen wird?
Jens Marquardt: Ich würde nicht sagen, dass Kritik nicht gern gesehen wird. Eine konstruktive Diskussion ist jederzeit angebracht und wird immer gern angenommen. Das macht Sinn und daran sind wir sehr interessiert. Ich fände es schade, wenn Journalisten das Gefühl haben, die DTM sei nicht kritikfähig. Wir nehmen das Feedback sehr intensiv an und schauen, was wir verbessern können. Am Ende sind Journalisten genau wie die Zuschauer der Kunde des Ganzen und natürlich möchten wir schauen, dass wir unsere Kunden zufriedenstellen. In vielerlei Hinsicht sind Journalisten das Bindeglied zwischen uns und dem Zuschauer und deshalb ist BMW und mir persönlich sehr stark an einem kritischen Dialog gelegen.

Wo wir schon bei kritischen Themen sind: Die DTM wird seit Jahren stark auf den reinen Sport reduziert, vielen Zuschauern fehlt der Boulevard, wie er in der Formel 1 an der Tagesordnung ist.
Jens Marquardt: Das möchten wir doch auch. Wir haben in der DTM super Fahrer und tolle Typen, die viel mehr hergeben als ein Gesicht unter einem Helm und eine Siegerpose auf dem Podium. Ich habe das Glück, unsere Fahrer persönlich sehr gut zu kennen. Ein Beispiel: Sie würden sich totlachen, wenn Sie sehen könnten, wie man Bruno Spengler beim Golfspielen aus der Ruhe bringen kann - Bruno findet das überhaupt nicht lustig... Ich möchte damit sagen: Wir sind sehr interessiert daran, dass die Persönlichkeiten unserer Fahrer mehr in den Vordergrund rücken.

Stichwort Boulevard: In den meisten anderen Mainstream-Sportarten wird ständig über die Gehälter der Akteure spekuliert. In der DTM ist das nie der Fall - ist dieses Thema tabu?
Jens Marquardt: In meinen Augen werden Spekulationen über Fahrergehälter üblicherweise von den Medien angestellt, und ich könnte die Frage insofern an Sie zurückgeben... Auch in der Formel 1 werden Sie kaum einen Rennstall finden, der aktiv die Gehälter seiner Fahrer kommuniziert. Davon abgesehen weiß ich nicht, ob solche Dinge tabu oder überhaupt angebracht sind. Jedem sollte klar sein, dass in der DTM nicht annähernd so hohe Gehälter bezahlt werden wie in der Formel 1.
Es variiert aber auch ziemlich stark: Wir haben Fahrer dabei, die nicht nur in der DTM, sondern auch in anderen Serien fahren. Deshalb gibt es unterschiedlichste Vertragskonstellationen. Die Frage ist aber, ob es die Fans wirklich am meisten interessiert, was Spengler oder Farfus verdienen. Wir müssen doch schauen, wie sich die Zuschauer am besten mit den Fahrern identifizieren können.