Sein Ruhm kennt keine Gnade: Nur sieben Tage nach seinem souveränen Triumph auf der Mittelmeerinsel Korsika setzte Citroën-Werkspilot Sébastien Loeb seinen Siegeszug unbeirrt fort. Auch bei der Rallye Catalunya, dem spanischen WM-Lauf, ließ der Franzose am Steuer des Michelin-bereiften Xsara WRC seiner Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance. Der neue und alte Fahrer-Weltmeister stanzte auf neun der 14 gewerteten Sonderprüfungen die Bestzeit in den Asphalt und verteidigte seine Führung vom Start bis ins Ziel. Hinter Loeb auf den zweiten Rang fuhr sein junger Teamkollege François Duval, der mit diesem Doppelsieg die Titelverteidigung seines Arbeitgebers Citroën in der Konstrukteurs-Wertung endgültig absicherte. Platz drei erkämpfte sich in einem spannenden Finale der Ford-Privatier Mikko Hirvonen, der sich auf den letzten Metern gegen den Lokalmatadoren Xavier Pons in einem werksunterstützten, ebenfalls auf Rallye-Reifen von Michelin rollenden Xsara WRC durchsetzen konnte. Der Reifenspezialist aus Clermont-Ferrand darf sich mit diesem Ergebnis über den 38. WM-Titel in der seit 1973 (Fahrer-Wertung: seit 1979) ausgeschriebenen Rallye-Weltmeisterschaft freuen.

An der Kombination Sébastien Loeb, Citroën Xsara WRC und Michelin führt in der Rallye-Weltmeisterschaft derzeit ganz offensichtlich kein Weg vorbei. Der stets bescheiden auftretende Elsäßer sicherte sich bei der Rallye Spanien, dem 15. und vorletzten Saisonlauf, bereits den zehnten Sieg – nicht eingerechnet der Erfolg in Großbritannien, den Loeb nach dem tragischen Unfall von Markko Märtin freiwillig aus der Hand gegeben hat.

An der Costa Daurada startete der 31-Jährige so, wie er die Rallye Korsika kaum fünf Tage zuvor beendet hatte: mit einer Serie von Bestzeiten. Nach nur zwei Wertungsprüfungen (WP) hatte er sich bereits einen Vorsprung von 17,6 Sekunden auf seinen Teamkollegen François Duval herausgefahren, den seinerseits bereits 8,3 Sekunden vom Drittplatzierten trennten, dem Tschechen Roman Kresta im ebenfalls Michelin-besohlten Werks-Ford Focus WRC. Und doch hatte Loeb seine erste Schrecksekunde bereits hinter sich: "Auf der zweiten WP wurden wir in einer 'Rechts voll in Links voll'-Passage von einer Wölbung in der Straßenoberfläche überrascht, die wir zuvor beim langsamen Abfahren nicht bemerkt hatten", berichtete Beifahrer Daniel Loeb im Service-Park. "Der Unterbodenschutz unseres Xsara setzte auf, so dass wir bei 200 km/h plötzlich seitwärts aufs feuchte Gras rutschten – ein ziemlich haariger Moment!"

Seine Überlegenheit auf der Freitags-Etappe führte der neue und alte Weltmeister auch auf seine perfekte Reifenwahl zurück. "Wir haben stets zu den richtigen Slicks von Michelin gegriffen", so Loeb. "Für die WP 3 mussten wir einen Kompromiss eingehen. Dort war unsere weiche Mischung für die trockene Straße nicht perfekt, erwies sich dafür aber auf der folgenden, richtig nassen Prüfung als goldrichtig."

Während für die Citroën-Piloten alles nach Plan zu laufen schien, brachte der erste Tag der Rallye Spanien für manchen Widersacher reichlich Probleme mit sich – speziell Subaru wurde arg gebeutelt. Ex-Weltmeister Petter Solberg setzte seinen Impreza WRC auf der dritten Prüfung in einer (zu) schnellen Linkskurve mit Schwung in die Böschung und musste mit zerstörten Radaufhängungen vorerst aufstecken. Der sympathische Norweger nahm die Rallye dank des SupeRally-Reglement mit Beginn der zweiten Etappe wieder auf. Darauf durfte sein Teamkollege Stéphane Sarrazin nicht mehr hoffen: Der Turbo-Allradler des ehemaligen Formel 1-Piloten brannte nach einem Abflug mit Überschlag auf der letzten Prüfung des Tages bis auf die Grundmauern nieder.

Das Citroën-Duo verteidigte die Doppelführung souverän

Auch die zweite Etappe begann mit Verlusten: WP 7 musste abgebrochen werden, da wahre Zuschauermassen entlang der 20,01 Kilometer langen Strecke die Sicherheit gefährdeten. Auf der anschließenden WP 8 "Capafonts 1" drehte Mitsubishi-Mann Gigi Galli groß auf und fuhr Bestzeit – nur um direkt hinter der Ziel-Lichtschranke in einer Linkskurve von der Straße und aus der Wertung zu fliegen. Wenig später erwischte es auch den spanischen Michelin-Piloten Daniel Sola: Der Lokalmatador, der mit seinem privat eingesetzten Ford Focus WRC noch am Freitag mit einer Bestzeit auf WP 3 für Aufsehen gesorgt hatte, touchierte in der achten Prüfung ausgangs einer schnellen Linkskurve die Felswand und rutschte mit dem nicht mehr lenkbaren Auto eine Böschung hinab.

Die Werksfahrer von Ford erlebten ebenfalls einen schwierigen Tag: Beim letzten offiziellen Einsatz des Focus WRC04 – der auf dem neuen Modell basierende Nachfolger debütiert beim Saisonfinale in Australien – legte Roman Kresta einen Dreher aufs Parkett, der ihn 23 Sekunden und den fünften Rang kostete. Sein Teamkollege Toni Gardemeister büßte nach einem Fahrfehler auf WP 10 mehr als zwölf Minuten ein. Ein kapitaler Abflug am Sonntag besiegelte das Schicksal des Finnen schließlich, der dennoch das Ziel erreichen und einen Marken-Punkt erringen sollte.

Während Sébastien Loeb – vom wechselhaften Wetter sichtlich unbeeindruckt – sich am Samstag drei weitere Bestzeiten gutschreiben ließ und seine Spitzenposition vor Duval behauptete, musste auch Markus Grönholm alle Hoffnungen auf ein Punkte-Resultat begraben: Der überhitzte Motor seines Peugeot 307 CC WRC zwang ihn am Ende der zweiten Etappe zur Aufgabe. Damit rückten bis zum Restart am Sonntagmorgen zwei Privatiers auf die Ränge drei und vier vor, die sich auf den verbliebenen drei Prüfungen des Sonntags ein heißes Duell um den letzten Platz auf dem Podest liefern sollten: Lokalmatador Xavier Pons im Xsara WRC sowie Mikko Hirvonen am Steuer eines Focus WRC. Der Finne hatte zuvor die dritte Position an der Stempeluhr verloren, als er den Servicepark zwei Minuten zu spät verließ und dafür 20 Strafsekunden aufgepackt bekam. Eine Schmach, die der ehemalige Subaru-Werkspilot nicht auf sich sitzen ließ: Auf der letzten WP setzte der 25-Jährige alles auf eine Karte, fuhr Bestzeit und knöpfte Pons 7,7 Sekunden ab – genug, um sich im Ziel mit einem 1,2-Sekunden-Vorsprung als Dritter feiern zu lassen.

Michelin-Partner Skoda kehrt nicht nur mit drei wertvollen Marken-WM-Punkten für den elften Platz von Armin Schwarz von der Spanien-Rallye heim, sondern auch mit einigen viel versprechenden WP-Bestzeiten – gesetzt von Jungstar Alex Bengué, der am Ende des zweiten Tages mit einem Getriebeschaden aufhören musste, sowie dem tschechischen Nachwuchsmann Jan Kopecky, der das Ziel auf Rang acht erreichte.

Nach dem doppelten Titelgewinn in der Formel 1 voller Erfolg in der Rallye-WM

Allen Grund zum Jubeln hatte auch Citroën-Teamchef Guy Fréquelin: Die "Operation Titelverteidigung" darf der 60 Jahre alte Franzose – einst selbst ein absoluter Spitzenfahrer – sowohl in der Fahrer- als auch in der Markenwertung als gelungen abhaken. Mit Ende der Saison wird sich der Michelin-Partner, wie angekündigt, aus der Rallye-WM zurückziehen. Zugleich ist der Wiedereinstieg zur Saison 2007 mit einem neu entwickelten World Rally Car auf Basis des Citroën C4 bereits beschlossene Sache.

Auch für Michelin stellt dieser Erfolg seines Partnerteams ein besonderes Ereignis dar: Es ist der 20. Konstrukteurs-Titel, den die Reifenspezialisten aus Clermont-Ferrand in der seit 1973 existierenden Markenwertung einfahren. Zuvor hatte Sébastien Loeb im Kampf um die Fahrer-Krone für Michelin bereits die 18. Weltmeisterschaft eingefahren. Der Sieg bei der Rallye Spanien stellte den 223. Erfolg bei einem WM-Lauf dar. Seit seiner Einführung bei der Rallye San Remo 1998 erhöhte der Asphalt-Spezialist Michelin N "FP" auf 29 Siege bei 31 Asphalt-Rallyes – eine nahezu unglaubliche Bilanz.