Rallye-Piloten zählen zweifellos zu den Wagemutigsten unter den Rennfahrern. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h schlängeln sie sich durch schmale Feldwege vorbei an Bäumen, durch enge Straßen oder driften über Schnee und Eis auf der Jagd nach der Bestzeit. Bei keiner anderen Rennserie auf vier Rädern sonst lauert die Gefahr in nahezu jeder Kurve.

Dass die Größten unter den Rallye-Piloten eine Menge Mut mitbringen müssen, versteht sich von selbst. Und wer besonders mutig und talentiert ist, wird über kurz oder lang auch Erfolg haben. Dabei ist nicht jeder der fünf von Motorsport-Magazin.com Auserwählten ein Charakterkopf. Anhand der Kriterien Erfolg, Talent, Charisma und Mut haben wir für euch die Top-5 der größten Rallye-Piloten zusammengestellt.

KriteriumBedeutung
ErfolgSportliche Erfolge als Rennfahrer in dieser Rennserie
TalentFahrerisches Talent, technisches Wissen, Vielseitigkeit (unterschiedliche Rennserien)
CharismaCharakter, sportpolitischer & öffentlicher Einfluss
MutRisikobereitschaft abseits der Rennstrecke, mutige Entscheidungen in seiner Karriere

Die Auswahl der Piloten fiel uns dabei verhältnismäßig leicht. Dass die deutsche Rallye-Legende Walter Röhrl in der Aufzählung nicht fehlen darf, versteht sich von selbst. Die Top-Five vervollständigen der 2007 bei einem Hubschrauber-Absturz verstorbene Colin McRae, der Rekord-Meister Sebastien Loeb, das WRC-Urgestein Carlos Sainz und der immer noch erfolgreiche VW-Pilot Sebastien Ogier. Die fünf Kandidaten setzten beziehungsweise setzen zu ihrer Zeit den Stempel auf.

Unsere Top-5 der größten Rallye-Piloten

FahrerWM-LäufeSiegeTitelBesonderheiten
Walter Röhrl75142Vier Monte-Siege für vier verschiedene Fabrikate
Sebastien Loeb1697892010 bei allen Rallyes ins Ziel gekommen
Colin McRae146251Teamplayer
Carlos Sainz19626215 volle Saisons in der WRC
Sebastien Ogier100343Intuition ausgeprägter als bei allen anderen

1. Erfolg: Loeb das Maß aller Dinge

Loeb: Mit neun Titeln erfolgreichster WRC-Pilot, Foto: Sutton
Loeb: Mit neun Titeln erfolgreichster WRC-Pilot, Foto: Sutton

Die Zahlen sprechen für sich. Kein anderer Rallye-Pilot hat eine dermaßen beeindruckende Erfolgsquote vorzuweisen wie Sebastien Loeb. Zwischen 1999 und 2015 fuhr der Franzose zehn volle Saisons in der WRC. Von den 169 Rallyes, an denen er teilgenommen hat, lag er satte 78 Mal ganz vorn. Das macht unter dem Strich eine Siegquote von 46,2 Prozent.

Gegen diese beeindruckenden Zahlen sehen die der anderen vier Bewerber um den Größten der Großen verhältnismäßig mau aus. Während Sebastien Ogier bei seinen bisher 100 Rallyes immerhin 34 Mal ganz oben auf dem Treppchen stand, kommen Walter Röhrl auf eine Siegquote von 18,7 Prozent und Colin McRae auf 17,1 Prozent. Carlos Sainz hat es bei seinen 196 Rallyes in 15 Saisons auf gerade einmal 26 Siege (Siegquote 13,3 Prozent) gebracht.

2. Talent: In die Wiege gelegt

Loeb und Ogier: Der König und sein Nachfolger, Foto: Sutton
Loeb und Ogier: Der König und sein Nachfolger, Foto: Sutton

Die Talentwertung geht an Frankreich. Nicht nur Sebastien Loeb bestach durch ein unglaubliches Talent und Fahrgefühl. In seiner Kindheit betrieb er Kunstturnen und war auch dort erfolgreich. Das Feingefühl, das eines seiner Talente hinter dem Steuer ausmachte, mag dabei daher rühren. Sein Landsmann Sebastien Ogier dominiert die Weltmeisterschaft seit 2013. Dabei beeindruckt er vor allem mit seiner Intuition und seinem Gespür, wann er 110 Prozent geben muss und wann vielleicht sogar 90 Prozent ausreichen. Dies bekommt die Konkurrenz regelmäßig zu spüren. Egal, ob Ogier als Schneepflug Spuren für die Nachfolger legt oder die Straßen kehrt, er holt regelmäßig Bestzeiten in den Prüfungen oder ist zumindest ganz vorn dabei. Das macht ihm derzeitig keiner nach.

Doch auch Carlos Sainz und Walter Röhrl bestachen durch ihr unglaubliches Talent - auch wenn wir sie im direkten Vergleich zu den Franzosen kleine Abstriche in Kauf nehmen mussten. Der Deutsche drückte der Gruppe-B-Ära seinen ureigenen Stempel auf. In Frankreich wurde er im Jahr 2000 gar zum "Rallyefahrer des Jahrhunderts" gewählt. Sainz hingegen war für seine beständig starken Leistungen und seine Konstanz ein Fels in der Brandung. Bei 196 Starts schaffte er es bei jeder zweiten Rallye zumindest aufs Podium

3. Charisma: Röhrl und McRae die Sympathieträger

McRae war der Sympathieträger - hier mit dem ebenfalls verstorbenen Richard Burns, Foto: Sutton
McRae war der Sympathieträger - hier mit dem ebenfalls verstorbenen Richard Burns, Foto: Sutton

Walter Röhrl und Colin McRae - an die Strahlkraft dieser beiden Namen reicht im Rallyebereich nichts heran. Schon während ihrer aktiven Karrieren nahmen sich die beiden Ausnahmekönner kein Blatt vor den Mund, weshalb sie schon zu Lebzeiten zu lebenden Legenden wurden. McRaes tragischer Tod 2007 verstärkte seinen eigenen Mythos freilich noch zusätzlich. Im von ihm entwickelten R4-Rennwagen und den zahlreichen nach ihm benannten Computerspielen lebt Colin bis heute weiter.

Röhrl steht McRae aber in nichts nach und gilt bis heute als einer der charismatischsten Figuren, die je im Rallyezirkus aufgetreten sind. Nach wie vor nimmt sich der Regensburger kein Blatt vor den Mund und ist oft mit Kritik noch schneller zur Stelle als er es auf den Sonderprüfungen mit seinem Audi Sport quattro S1 war. Beim Charisma können der stets etwas mürrisch wirkende Sainz und der etwas glattgestriegelte Ogier nicht mithalten. Der letzte Platz in dieser Wertung geht allerdings an Sebastien Loeb, der trotz all seiner Erfolge noch immer die Strahlkraft eines staubigen Steines hat.

4. Mut: Keine Scheu vor Quereinstiegen

Rallyefahrer gehören zu den furchtlosesten Kriegern auf vier Rädern. Wer mit Tempo 180 durch Wälder schießt oder zig Meter weit in Schlammlöcher springt, der schreckt auch vor mutigen Entscheidungen für die eigene Karriere im Regelfall nicht zurück und gehören zu den eifrigsten Quereinsteigern in anderen Rennserien.

Röhrl, Loeb und McRae wagten sich nach Le Mans und holten Klassen-Podien bzw. -Siege (Röhrl 1981 in der GTP). McRae versuchte sich zudem im Tourenwagensport und dem Porsche Cup, Loeb in der WTCC im Rallycross sowie bei der Rallye Dakar, wo auch Carlos Sainz seit vielen Jahren startet. Röhrl (1987) und Loeb (2013) triumphierten jeweils mit neuer Rekordzeit am Pikes Peak und Deutschlands einziger Rallye-Weltmeister schreckte nicht einmal vor den 24 Stunden auf der Nordschleife zurück.

Aber auch in der WRC scheuten die Stars vor neuen Herausforderungen nur selten zurück. Röhrl zerwarf sich einst mit Hauptsponsor Rothmans, weil er keine Tabakwerbung machen wollte, und verließ als amtierender Weltmeister Opel in Richtung Lancia. Sainz wechselte - ebenfalls als amtierender Champion - 1993 von Toyotas Werksteam in einen privat eingesetzten Lancia und ein Jahr später in den brandneuen Subaru Impreza. Auch McRae war als Stammfahrer bei insgesamt drei Herstellern (Subaru, Ford, Citroen) unter Vertrag.

Im Ranking abgestraft werden für ihre Risikoscheu die beiden Franzosen. Loeb wechselte in der WRC nie den Arbeitgeber und bestritt auch seine Einsätze in der WTCC und bei der Dakar unter dem sicheren Dach des PSA-Konzerns. Zumindest einen Wechsel traute sich Sebastien Ogier zu, als er Citroen nach einigen Auseinandersetzungen mit Loeb in Richtung Volkswagen verließ. Im Gegen satz zur Konkurrenz sind namhafte Quereinstiege des Franzosen aber noch Mangelware.

Gesamt: Die Rallye-Krone geht nach Deutschland

Walter Röhrl, Rallye-Gott, Foto: Sutton
Walter Röhrl, Rallye-Gott, Foto: Sutton

Dass sich bei derlei starker Konkurrenz einer der alten Garde durchsetzt, spricht für die Klasse der 1980er Jahre. Walter Röhrl holte in den Kategorien Charisma und Mut die volle Punktzahl. Punktabzüge gab es bei Erfolg (3 Punkte) und Talent (4 Punkte). Insgesamt kam der Deutsche auf 17 Gesamtpunkte.

Dahinter reihen sich auf dem zweiten Platz mit 16 Punkten gleich drei Piloten ein: Sebastien Loeb, Carlos Sainz und Colin McRae. Der Franzose konnte vor allem mit seiner beispiellosen Erfolgsgeschichte (Neun WM-Titel) und seinem schieren Talent punkten. Sainz hat uns mit seiner Vielschichtigkeit und Flexibilität beeindruckt und McRae war einfach der Charakterkopf schlechthin. Sebastien Ogier liegt mit 14 Punkten auf dem fünften Rang. Doch der Franzose hat noch alle Zeit der Welt, sich in den Kategorien Mut (2 Punkte) und Erfolg (4 Punkte) zu steigern. Glattgestriegelt bleibt er aber.

Unsere Top-5 der größten Rallye-Piloten

FahrerErfolgTalentCharismaMutGesamt
W. Röhrl345517
S. Loeb552416
C. Sainz443516
C. McRae335516
S. Ogier453214

Und jetzt seid ihr dran! Welcher der fünf Fahrer in unserer Auswahl ist für euch die Nummer eins? Stimmt in der Umfrage ab und diskutiert in den Kommentaren über eure größten Legenden der Geschichte, solltet ihr jemand ganz anderen favorisieren. Wir sind gespannt auf eure Vorschläge!