Das Thema Kopfverletzungen im Motorsport ist durch den Tod von Jules Bianchi und Justin Wilson in den Mittelpunkt gerückt. Gefährdet sind dabei nicht nur die Piloten in den offenen Formel-Boliden. Auch Fahrer in geschlossenen Fahrzeugen können Kopfverletzungen erleiden. Sei es, dass die Kräfte, die auf Kopf und Nacken wirken, zu groß sind, oder dass sie irgendwo mit dem Kopf anschlagen.

So berichtete etwa Lorenzo Bertelli nach seinem Überschlag in Portugal, er sei mit dem Kopf am Sicherheitskäfig angeschlagen und habe sich anschließend nicht wohl gefühlt. Der Italiener verbrachte eine Nacht im Krankenhaus. Er erhob schwere Vorwürfe gegen den 'Chief Medical Officer' der Rallye, der ihn mehr als drei Stunden lang auf medizinische Hilfe habe warten lassen.

Wie wichtig die zeitnahe Konsultation eines Arztes ist, verdeutlichte nun Andreas Mikkelsen in einem Interview mit Auto+ Medical, einem Magazin für Motorsport-Medizin. Er bezog sich dabei auf einen Crash während seiner IRC-Zeit. 2012 bei der Circuit of Ireland Rally fuhr er nach einem heftigen Einschlag weiter und begab sich erst nach dem Ende der Rallye zu Untersuchungen, bei denen eine Gehirnerschütterung festgestellt wurde.

"Wir mussten zur nächsten Prüfung und zu dieser Zeit war es für mich so wichtig, Punkte von der Rallye mitzunehmen", erläuterte er, warum er nicht sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nahm. "Ich war nur darauf fokussiert, ins Ziel zu kommen und es lagen nur noch zwei oder drei Prüfungen vor mir. Nach dem Unfall habe ich die Prüfung beendet, aber ich wusste nicht mehr genau, in welchem Land ich mich befand! Ich wusste nur, ich bin bei einer Rallye, weil ich in einem Rallye-Auto saß. Aber ich habe mich gefragt, wo ich eigentlich bin."

Ihm sei bewusst gewesen, dass er sich den Kopf gestoßen hatte und nicht zu 100 Prozent fit ist. Jedoch glaubte er, noch imstande zu sein, die Rallye zu beenden und sich erst danach untersuchen zu lassen. Bei der Siegerehrung bemerkte Mikkelsen jedoch, dass er nicht mehr normal hören konnte.

"Es war vielleicht nicht wirklich richtig, was ich getan habe, aber so bin ich eben. Wenn ich allerdings zurückblicke, und bedenke, dass ich den Rest der Rallye bestritten habe, obwohl ich nicht zu 100 Prozent fit war, dann war das womöglich nicht die richtige Wahl", erklärte er. "Vielleicht sollten wir in Zukunft am Ende jeder Prüfung einen Arzt haben, vielleicht wäre das eine Lösung. Als junger Rallye-Fahrer will man fahren, komme was wolle. Daher ist es womöglich am besten, wenn man nicht selbst die Entscheidung trifft."

Bei der Rallye Deutschland gibt es spezielle Sicherheitsbereiche für Zuschauer, Foto: Sutton
Bei der Rallye Deutschland gibt es spezielle Sicherheitsbereiche für Zuschauer, Foto: Sutton

Zuschauer in Gefahr

Mikkelsen ist jedoch nicht nur die Sicherheit der Fahrer ein Anliegen. Er macht sich auch um die Zuschauer entlang der Prüfungen Gedanken. "Das wirkliche Sicherheitsproblem - und ich glaube da stimmen mir alle Fahrer zu - ist, dass wir zu bestimmten Rallyes wie in Polen kommen, wo man beim kleinsten Fehler viele Leute treffen würde. Wir müssen daher sichergehen, dass sie in sicheren Bereichen stehen und die Zuschauer richtig kontrolliert werden", betonte er.

Er selbst habe in Polen einen brenzligen Moment gehabt. "Ich bin von der Straße abgekommen und habe fast drei Zuschauer getroffen. Ich bin über ein paar Stühle gefahren - zum Glück saßen die Leute nicht darin. Das war wirklich knapp."