Ob ADAC GT Masters, GT-Weltmeisterschaft oder Blancpain Endurance Series: Das System der Weltmotorsportbehörde FIA zur Einstufung von GT-Rennfahrzeugen im Sinne der Chancengleichheit, genannt Balance of Performance (kurz: BoP), gerät immer wieder in die Kritik. Zuletzt bedingte die Auslegung desselben den Rückzug dreier Rennställe aus der deutschen GT3-Meisterschaft, in der heuer auch der ehemalige Formel-1-Fahrer Karl Wendlinger an den Start ging. Der Österreicher offenbarte unlängst in einem Gespräch mit Motorsport-Magzin.com seinen Unmut über das viel diskutierte Konzept.

Hersteller lassen Offenheit missen

"Die Balance of Performance ist schlichtweg nicht zu gebrauchen. Sie garantiert alles andere als ein faires Kräfteverhältnis", so Wendlinger freimütig. Der Kufsteiner begann seine Sportwagenkarriere 1997 in der damaligen FIA-GT-Meisterschaft. Im Laufe der Jahre ist er zu einem festen Bestandteil der Szene geworden und hat zahlreiche Titel gewonnen sowie unzählige Erfahrungen gesammelt. Ferner führte er aus: "Das Problem ist folgendes: Kein Hersteller legt bei Einstufungstestfahrten die Karten auf den Tisch; keiner zeigt, was sein Auto wirklich zu leisten imstande ist."

Dies habe der heute 43-Jährige speziell in seiner Zeit bei dem Schweizer Team Swiss Racing miterlebt. Von 2010 bis 2011 war er unmittelbar an der Entwicklung der eigens für die GT1-Weltmeisterschaft konzipierten Rennversion des Nissan GT-R beteiligt. "Damals ist Nissan zu den Tests gegangen und war so ehrlich, den Wagen an seine tatsächliche Leistungsgrenze zu bringen - aus Wettbewerbssicht ein großer Fehler." Das beste Resultat mit dem schweren Nippon-Brummer landete Swiss Racing 2010 im argentinischen San Luis in From eines siebenten Platzes. In der Folge sagten die Eidgenossen Nissan ab und wechselten zu Lamborghini.

Für die Ingenieure sei das Tricksen bei Einstufungstests im Grunde das Einfachste der Welt, erklärte Wendlinger. "Das Notebook wird angeschlossen, die Leistung des Fahrzeugs über diverse Einstellungen herabgesetzt, und schon schaut es aus, als könne man nicht schneller. Wer sich auf diese Spielchen nicht einlässt, verliert - traurigerweise." Jedoch erlebt der GT-Zirkus den vermeintlichen Schummeleien zum Trotze aktuell ein Hoch: Die Rennsportkategorie GT3 - einst ins Leben gerufen von Sportwagen-Zampano Stéphane Ratel - ist schon jetzt eine der erfolgreichsten der Geschichte.