Eigentlich ist alles wie immer, wie in jedem Porsche-Fahrerlager: Da gibt es den typischen gelb/blauen Helm des Herrn Menzel, Motorengeräusche liefern die akustische Stakkato-Kulisse für den Sonntagsausflug, Techniker wieseln um das Sportgerät herum, in der Hospitality wird Kaffee und Apfelschorle gereicht und der Cheftechniker bittet den Fahrer nach dem Rennen zum Debriefing.

Wie der Vater so der Sohn., Foto: Christian Menzel
Wie der Vater so der Sohn., Foto: Christian Menzel

Also, ist fast alles wie bei jedem Rennen zum Porsche Carrera Cup - oder? Bis auf die Tatsache, dass ein neunjähriger Steppke ganz entschieden darauf besteht, Müller zu heißen und nicht als Menzel seine Kreise zu drehen. Es ist Nico Müller, Sohn von Christian Menzel und Lebensgefährtin Nicole... Müller; und dann heißt man eben auch Müller, auch wenn man vom Herrn Papa vielleicht das ein oder andere Vollgas-Gen geerbt hat. Und noch was ist anders: Wir sind nicht beim Carrera Cup, sondern beim Winterpokal. Die Sportstätte nennt man Kartbahn, sie liegt in Kerpen, mitten im Braunkohleabbaugebiet, dort wo die Schumachers den Grundstock für ihre Karriere gelegt haben. Übrigens, einen Herrn Menzel soll es in der prähistorischen Zeit des Motorsports vor mehr als zwanzig Jahren hier auch schon gegeben haben. Dies erzählen sich zumindest diejenigen, die sich noch erinnern können. "Der Christian hat den Winterpokal in seinen Kartjahren mehrfach gewonnen", erzählt Johannes Menzel. Das ist der dritte Mann der Motorsportfamilie Menzel, zu dem der Nachwuchs je nach Verwandtschaftsgrad Papa oder Opa sagt. "Sandy Grau, Arndt Meier und auch BMW-Werksfahrer Jörg Müller waren damals Christians Gegner. Und je nachdem wie die Steppkes drauf waren, waren das teure Wochenenden, wenn die Buben sich mal wieder gegenseitig übers Kart gefahren sind."

Aufpassen: Müller, nicht Menzel., Foto: Christian Menzel
Aufpassen: Müller, nicht Menzel., Foto: Christian Menzel

Mittlerweile ist der Opa finanziell aus der Sache raus, der Kartsport geht auf die Kasse von Cupfahrer Christian Menzel. Der flitzt als Cheftechniker um das Bonsai-Sportgerät, das sich mit knapp 8 PS zur Höchstgeschwindigkeit von 78 km/h aufschwingt. Die 60ccm-Motörchen sägen mit 12.000 rpm ihren Sound in die Ohren der Besucher und Oma Menzel hat die Aufgabe der Hospitality-Chefin übernommen, reicht den Freunden des Hauses den Kaffee aus dem mitgebrachten Rotkäppchen-Körbchen. Es ist wie immer im Motorsport, wie im Carrera Cup - halt nur kleiner, familiärer, irgendwie sympathisch und völlig unkompliziert. Debriefing vor der Toilettentür: "Papa ich muss aufs Klo", kräht der Dreikäsehoch, nachdem er gerade mit Platz zwei das erste Rennen abgehakt hat. Erziehungsberechtigter Menzel erwischt den laufenden Meter gerade noch vor der Toilettentür. "Erst erzählst Du mir, was du im Rennen richtig und was du falsch gemacht hast", fordert der gestrenge Lehrer. Brav spult der Junior das Erlebte noch mal verbal ab, um dann selig in Richtung Doppel-Null zu entschwinden. "Jetzt kannst du pi..... gehen", ruft ihm der Vater hinterher, um sich anschließend vor Vergnügen auf die Schenkel zu schlagen. "Es ist wichtig, den Kindern Verantwortung beizubringen", sagt Christian Menzel. "Nico soll zwar seinen Spaß haben, aber er soll genauso lernen Verantwortung zu übernehmen und den Sport aufrichtig und vor allem fair zu betreiben."

Motorsport kann ganz schön anstrengend sein..., Foto: Christian Menzel
Motorsport kann ganz schön anstrengend sein..., Foto: Christian Menzel

"Du Papa, der Russe ist ganz nett. Der hat mir sogar gratuliert", freut sich Junior Müller-Menzel, über seinen Zweikampf mit einem russischen Gegner, während der Herr Papa damit beschäftigt ist, das Kart unter Einsatz von Putzmitteln aller Art und edelster Technik wieder in Höchstform zu bringen. "Siehst du, das meine ich", erklärt der Vater zwischen Auspuffwechsel und Vorderachseinstellung. "Wo hat ein Neunjähriger die Gelegenheit sich sportlich mit Jugendlichen aus der ganzen Welt zu messen und sich mit Gleichaltrigen auseinanderzusetzen, die noch nicht mal seine Sprache sprechen."

Die Liebe des Nico Müller zu den Kollegen, die aus Moskau dem 2.500 km entfernt liegenden Dnepropetrovsk kommen, erkaltet allerdings im zweiten Rennen in Sekundenbruchteilen in einer Spitzkehre: Der gewiefte Kollege nimmt Neuling Müller mal kurz mit in die Grenzbereiche der Fahrphysik. Der Russe kommt als Führender wieder, während der Menzel-Sprößling den Sieg unter Ulk abhaken kann. "Der hat mich abgeschossen", grummelte der Neunjährige, als er den Helm abnimmt, der unzweifelhaft früher die Haarpracht des Herrn Papa beherbergte. Vater Menzel beschleunigt mal eben den Puls in Richtung Drehzahlbegrenzer, will dem Rennleiter schnell seine Vorstellung von Fairness erläutern, entschließt sich dann aber doch zur Gangart im Flüsterton. "Jetzt hat der Kurze wieder was gelernt; das gehört eben dazu, aber ich sag' dir eins - fair war's nicht", murmelt der Vater, der im Kartclub Kerpen den Job der Jugendarbeit übernommen hat.

Die Laune des Steppkes bessert sich erst merklich als er den Pokal für den Gesamtsieg des Winterpokals mit nach Hause nehmen darf. "Er wollte so gerne einen Siegerkranz haben, aber den gibt´s nur für die Rennsieger", sagt Mama Nicole. Die Lorbeerkränze gehen zwar nach Russland, aber die Glastrophäe, die auch der Herr Papa als ehemaliger Gesamtsieger im Pokalschrank hat, wandert in die Eifel. "Ich bin stolz auf Nico", sagt Christian. "Er fährt seit nicht einmal einem Jahr Kart, hat vorher die Kartschule in Kerpen besucht. Er macht das toll, mit Ehrgeiz, dem notwendigen Maß an Ernst und sehr viel Verantwortungsbewusstsein und Freude - und das ist wichtig. Wir fahren nämlich nur so lange wie er Spaß an der Sache hat – gezwungen wird hier keiner."