Abhaken und nach vorne schauen - das ist das einzige, was ich nach dem Snetterton-Wochenende tun konnte. Ich hatte ja gleich in der zweiten Runde des ersten Rennens einen ziemlich bösen Unfall, konnte dann auch im zweiten nicht starten, weil das Auto nicht zu reparieren war... Aber ich muss auch zugeben, so ärgerlich der Punktverlust und das alles auch ist, ich kann froh sein, dass ich Glück gehabt habe und nicht mehr passiert ist.

Der Anfang war schon, dass ich in der Startaufstellung nur in der vierten Reihe stand, weil ich im Qualifying mal wieder heftig in den Verkehr geraten bin. Dann war auch der Start noch nicht besonders, aber das war alles noch nicht so dramatisch, denn ich wusste ja, dass ich eigentlich ein sehr gutes Auto hatte...

Am Ende der Gegengeraden, in der Anbremszone, habe ich dann probiert, Salvador Duran zu überholen, war auch praktisch schon neben ihm, da hat er plötzlich rübergezogen. Wahrscheinlich ist er irgendwie erschrocken, hat nicht damit gerechnet... Es ist eine ziemlich schnelle Stelle, vielleicht Tempo 230, unsere Räder haben sich verhakt, mein Auto ist aufgestiegen - und dann war ich nur noch Passagier. Ich habe nur die Augen zugemacht und auf den Aufprall gewartet. Das Auto hat sich wohl ein paar Mal überschlagen, ich bin auch noch irgendwie rückwärts an der Brücke hängen geblieben, die dort über die Strecke führt. Der Aufschlag war dann auch heftig - aber ich hatte absolut nichts, konnte auch allein aussteigen. Diese Formel-3-Autos sind zum Glück wirklich sehr sicher.

Zurück ins Jahr 2005

Duran ist dann nachher auch gekommen und hat sich entschuldigt. Erst wollte ich gar nicht mit ihm reden, weil ich so sauer war. Ich weiß, dass er es nicht mit Absicht gemacht hat, aber es war halt ein sehr gefährliches Manöver, und es hätte auch viel schlimmere Konsequenzen haben können. So ist die einzige Folge, dass ich jetzt die nächsten Rennen mit dem Chassis von 2005 fahren muss. Wir haben das Unfallauto noch mal ganz genau durchgecheckt, aber das ist doch irreparabel beschädigt. Ein neues Chassis ist zwar bei Dallara bestellt, aber es wird ein paar Wochen dauern, bis das kommt - wahrscheinlich bis Mugello Mitte September.

Ich glaube aber nicht, dass das in der Praxis irgendwelche Nachteile für mich bedeutet. Der Dallara von 2005 war sehr gut, und das letzte Mal, wo ich damit gefahren bin, bei einem Test vor Saisonbeginn, habe ich damit sogar eine Bestzeit aufgestellt. Die wirklichen Veränderungen zu 2006 gab es nur in der Aerodynamik - und die kann man ja anpassen. Ich war Anfang der Woche im Werk, als meine Mechaniker das Auto vorbereitet haben, und bis auf ein paar kleine Details war da schon alles fertig, als ich dort wieder weggefahren bin.

Ich bin also durchaus zuversichtlich für dieses Wochenende. Da fahren wir ja in Spa im Rahmenprogramm des 24-Stunden-Rennens. Ich habe gehört, dass da auch immer viele deutsche Fans hinkommen - ich hoffe, ich kann euch etwas bieten! Ich habe zwar alles andere als viel Erfahrung auf der Strecke. Letztes Jahr waren wir zwar dort, sind aber nur ein einziges Training teilweise im Nassen gefahren, alles andere fiel dann typischem Spa-Wetter mit Regen und dichtem Nebel zum Opfer - das Rennen wurde abgesagt.

Keine Nachwirkungen

Das sollte dieses Jahr nicht passieren - und ich glaube, dass die Strecke mir auch liegt. Denn ich mag schnelle Kurse, schnelle Kurven - ich habe ja schon das ganze Jahr darauf gewartet, dass endlich diese Strecken kommen. Und ich bin mir auch absolut sicher, dass der Snetterton-Crash keinerlei Nachwirkungen mehr hat. Im Gegenteil, ich muss jetzt noch mehr Gas geben, um den Rückstand wettzumachen, den ich mir eingefangen habe, weil ich ja in zwei Rennen nicht Punkten konnte.

Ich habe mir die Unfallbilder später noch mal im Fernsehen angeschaut und ich muss sagen, mir kam das Ganze dann eigentlich nicht einmal so schlimm vor, wie ich es mir vorgestellt hatte. Was man eindeutig sieht, ist, dass Salvador Duran mich wirklich geschnitten hat. Aber ich denke, dass ich auch daraus mit Sicherheit wieder etwas gelernt habe. Nur meine Meisterschaftschancen sind natürlich jetzt ziemlich geschrumpft. Mein Teamkollege Mike Conway hat beide Rennen in Snetterton gewonnen und liegt dadurch jetzt schon 46 Punkte vor mir. Da müsste ich schon ein paar Mal gewinnen und gleichzeitig hoffen, dass er auch mal Pech hat und nicht gut punkten kann - was realistisch gesehen eher unwahrscheinlich ist. Aber wenigstens den zweiten Platz will ich mir auf jeden Fall zurückholen - Oliver Jarvis ist ja auch noch um sechs Punkte an mir vorbei gezogen. Das klappt hoffentlich schon jetzt in Spa.