Die Motorradfahrer gelten als die größten Helden der Rallye Dakar. Fahren und Navigieren gleichzeitig, dazu kein schützendes Blech und jede Etappe besteht aus einem sportlichen Kraftakt. Doch den Helden gehen die Aushängeschilder aus: Mit dem Wechsel von Cyril Despres zu den Autos bleibt nur noch ein Fahrer aus einer goldenen Generation von KTM-Fahrern von Fabrizio Meoni über Richard Sainct, Nani Roma und Cyril Despres übrig: Marc Coma gilt als unumstrittener Favorit, denn für die meisten wäre Despres der Einzige gewesen, der ihn hätte herausfordern können. KTM ist seit 2002 in der Wüste ungeschlagen.

Es ist ein bisschen wie mit Michael Schumacher nach dem Tod Ayrton Sennas: Es ist einfach kein großer Name mehr da, die neuen Konkurrenten müssen erst heranwachsen. Despres und Coma haben sich zehn Jahre lang die Siege untereinander aufgeteilt. Unter einer Reihe ausgezeichneter Motorrad-Piloten ist Coma nun der herausragende Superstar der Szene. Am vierfachen und amtierenden Dakar-Sieger sowie amtierenden World Cross Country Champion führt kein Weg vorbei. Doch die Dakar ist unberechenbar, was Coma bereits 2010 mit einem 15. Platz feststellen musste. 2013 konnte er gar nicht erst starten. Eine Sieggarantie gibt es also nicht.

Olivier Pain ist für Yamaha zum Aushängeschild geworden, Foto: DPPI/ASO
Olivier Pain ist für Yamaha zum Aushängeschild geworden, Foto: DPPI/ASO

Wer kann ihm gefährlich werden? Sein eigener Teamkollege Jordi Viladoms will aus dem Schatten Comas austreten. Jahrelang als Wasserträger unterwegs, fuhr er 2014 mit dem zweiten Platz sein bestes Dakar-Resultat ein. Von dort gibt es nur noch ein Ziel, und das ist der Sieg. Mit zehn Dakar-Teilnahmen verfügt er über ausreichend Erfahrung. Trotzdem braucht es eine ganze Menge, um Coma gefährlich zu werden. Auch mit Chancen auf den Sieg ausgestattet ist David Casteu: Nach einem Intermezzo bei Yamaha wechselte er 2014 zu KTM zurück, verletzte sich aber an der Schulter und biss sich auf Rang zehn durch. Seit 2009 hatte er keine problemlos Dakar mehr, nachdem er 2007 schon einmal Zweiter gewesen war.

Erfolgt 2015 der KTM-Sturz?

Außerhalb des KTM-Lagers drängen Honda und Yamaha darauf, die österreichische Dominanz endlich zu brechen. 2014 war Olivier Pain auf Yamaha als Dritter beste Nicht-KTM. Der Franzose steigerte sich über die vergangenen Jahre kontinuierlich und stand 2014 zum ersten Mal auf dem Podium, wenn auch mit zwei Stunden Rückstand. Ob das ausreicht, um einen Angriff auf den Gesamtsieg zu starten, wird sich zeigen. Ausreichend Erfahrung bringt Honda-Pilot Helder Rodrigues mit. Nach zwei dritten Plätzen 2010 und 2011 kam er aber nicht mehr aufs Podest, zuletzt wurde er zweimal Fünfter. In seiner zehnten Dakar sieht er sich perfekt vorbereitet, doch nicht nur Coma, sondern auch sein eigener Teamkollege könnte ihm im Weg stehen.

Kann Joan Barreda Bort den ersten Honda-Sieg seit 1989 einfahren?, Foto: Speedbrain
Kann Joan Barreda Bort den ersten Honda-Sieg seit 1989 einfahren?, Foto: Speedbrain

Denn derjenige, dem am ehesten zuzutrauen ist, dass er Marc Coma vom Thron stoßen wird, heißt Joan Barreda Bort. Der Spanier strebt in seiner erst fünften Dakar den doppelten Generationswechsel an: Er will sich nach Nani Roma 2004 als erster Pilot, der nicht Cyril Despres oder Marc Coma heißt, in die Siegesliste eintragen und gleichzeitig die seit 13 Jahren andauernde KTM-Ära beenden. HRC hat einiges nachzuholen: Zuletzt siegten die Japaner 1989 durch Gilles Lalay. Im Vorjahr zeigte Barreda Bort an den ersten Tagen, wozu er in der Lage ist, bevor er durch einen Defekt zurückfiel. Wenn er das Niveau über die kompletten zwei Wochen halten kann, könnte er zur ernsten Gefahr für Coma werden.

Es gibt also einige Herausforderer, doch Marc Coma ist der unumstrittene Herrscher, den es zu stürzen gilt. "Ich habe letztes Jahr gezeigt, dass ich noch immer dieselbe Motivation besitze, zu gewinnen", sagte er gegenüber der offiziellen Dakar-Homepage. "Diese Motivation ist mein Prinzip. Der Schlüssel ist, die Etappen konzentriert zu fahren. Es gibt vier oder fünf Siegkandidaten, doch der gefährlichste Gegner ist immer man selbst." Die Jagd auf den König wird am 4. Januar beginnen.